Druckartikel: Meerrettich-Anbau: scharfe Stangen unter Preisdruck

Meerrettich-Anbau: scharfe Stangen unter Preisdruck


Autor: Christian Bauriedel

Baiersdorf, Dienstag, 14. März 2017

Die Krenbauern sind verunsichert. Es kursieren beängstigende Zahlen eines Preisverfalls. Die Firma Schamel beteuert, es werde kein Preisdumping geben.
Matthias Schamel, Assistent der Geschäftsführung (l.) und Andreas Schöppl, kaufmännischer Leiter beim Baiersdorfer Traditionsunternehmen Schamel, wollen am starken regionalen Kren-Anbau festhalten.  Foto: Christian Bauriedel


Erst die Schärfe auf der Zunge, eine Träne im Auge, danach ein leichtes Grummeln im Bauch: Es wirkt, als hätten sich die fränkischen Krenbauern an ihrem Produkt orientiert. Denn es rumort in der regionalen Meerrettich-Branche. Die Erzeuger bangen um ihre Erträge.

Von einseitigem Preisdumping ist die Rede. Es gibt Gerüchte über einen horrenden Preissturz in den neuen Verträgen. Ein Drittel weniger als im Vorjahr solle gezahlt werden. Die Verarbeiter der Rohware würden versuchen, den Preis auf ungarisches Niveau zu drücken.

Im osteuropäischen Niedriglohnland wird Kren für 750 Euro pro Tonne produziert. Bei uns liegt der Preis derzeit bei 1600 Euro pro Tonne - auch wegen des Mindestlohns von 8,84 Euro. In Ungarn seien es nur zwei Euro in der Stunde.

"Da können nicht mal die Polen mithalten", sagt ein Meerrettich-Erzeuger aus der Region. Krenbauern scheinen eine verschwiegene Gemeinschaft zu sein. Denn die Angesprochenen wollen nur hinter vorgehaltener Hand mit der Zeitung reden.


Protest von der Verbandsspitze

Einer, der vergangene Woche etwas sagte, ist Wilfried Funke. Er ließ die Neuwahl für den Vorstand beim Erzeugerverband Franken-Meerrettich in Lonnerstadt platzen. 15 Jahre war Funke Erster Vorsitzender. Überraschend trat er nicht mehr an. Er könne die aktuelle Vertragsgestaltung nicht mittragen. Namentlich die Firma Schamel habe einseitig den Preis für die Rohware gesenkt.

Was ist da los? Muss man sich Sorgen machen um den regional verwurzelten Scharfwurzel-Anbau? Matthias Schamel, Assistent der Geschäftsführung im Baiersdorfer Traditionsbetrieb, verneint, fügt aber an: "Die Schere zwischen bayerischem und nichtbayerischem Kren klafft weit auseinander." Man habe daher tatsächlich in den neuen Verträgen den Preis für die Rohware nicht halten können.

Horrorzahlen von einem Drittel weniger seien jedoch falsch. Man zahle immerhin noch doppelt so viel, wie in Ungarn, sagt Andreas Schöppl, seit zwei Jahren kaufmännischer Leiter bei Schamel. Die aktuelle Preissenkung gelte zudem nur für wenige Landwirte. Nämlich für all jene, die sich für einen Jahresvertrag mit Schamel entschieden haben. Dies seien von den 87 im Verband organisierten Erzeugern ganze sieben Bauern. Alle anderen hätten sich vergangenes Jahr für die üblichen Dreijahresverträge entschieden. Hier gilt der höhere Preis weiter.
So kommt es, dass aktuell die Mehrheit der Krenbauern für das Kilo mehr bekommt, als die sieben mit dem Jahresvertrag. Funke, der den Vorsitzenden nicht mehr machen will, ist einer dieser sieben.

Nun befürchten jedoch viele mit dem besseren Preis, dass in zwei Jahren, wenn ihre Verträge neu ausgehandelt werden, die Konditionen schlechter werden. Niedrigpreise, sagt einer der kleineren Krenbauern, wären für ihn ein Grund aufzuhören. Welche Preise in ein oder zwei Jahren gelten, könne man nicht vorhersagen, sagt Schamel. Die Marktpreise seien seit Jahrzehnten gestiegen. Letztes Jahr sei eine gute Ernte gewesen. Man müsse abwarten, wie sich der Markt entwickelt.


Ist Bayern-Kren konkurrenzfähig?

Fakt sei: Sein Unternehmen sei hochgradig interessiert an einem starken regionalen Anbau. Bayerischer Meerrettich ist eine geschützte geografische Marke, ähnlich wie etwa Nürnberger Bratwürste. Schamel ist einer der wenigen Betriebe, der Produkte mit dem zertifizierten Bayern-Kren-Siegel verkauft. Es garantiert: Was im Glas ist, stammt aus Bayern. Qualitätsversprechen und Kontrolle der Ware kosten dementsprechend mehr, müssten allerdings wettbewerbsfähig sein, so Schamel.

Der Betrieb ist Hauptabnehmer für die Bauern. Schamel kauft 95 Prozent des hiesigen Krens. Gerüchte, man wolle Rohware nur noch von einer Handvoll Bauern beziehen, hätten sich schon bei der Verbandssitzung in Luft aufgelöst, sagt Schöppl. Die Fülle an Betrieben werde es zwar wegen des Strukturwandels bei den Kleinbauern irgendwann nicht mehr geben, sagt Schamel. Man wolle aber, alleine um das Risiko von Ernteausfällen abzufangen, an der Vielzahl von Zulieferern festhalten, fügt Schöppl hinzu. "Uns liegt jeder einzelne Landwirt am Herzen."