Landrat Irlinger will über Sekte sprechen
Autor: Sebastian Martin
Lonnerstadt, Montag, 29. Oktober 2012
Eberhard Irlinger kündigt an, die aktuellen Fragen zu den Sektenkindern am Mittwoch zu beantworten. Derweil organisiert sich eine neue Mahnwache in Lonnerstadt.
Der Fall der Lonnerstadter Sektenkinder bewegt weiterhin den ganzen Landkreis. Nach Bekanntwerden der ärmlichen Verhältnisse, in denen die drei minderjährigen Kinder Radha, Michael und Johannes leben, häufen sich die Fragen, die sich besorgte Menschen stellen. "Was kann ich tun? Wie kann ich helfen? Wo kann ich mich hinwenden? Wer hilft mir weiter?", schreibt eine besorgte Frau an die Höchstadter FT-Redaktion. "Ich kann hier nicht einfach tatenlos die Artikel lesen und nichts dazu beitragen. Sicherlich bin ich nicht die einzige mit diesen Fragen. Bitte teilen Sie mit, ob Sie wissen, was jeder einzelne tun kann."
Weitere Mahnwache am Sonntag
Einige Menschen haben sich bereits entschieden, was sie tun wollen. Schon am vergangenen Freitag hat sich spontan eine Mahnwache vor dem Kleebauernhaus in Lonnerstadt gebildet. Über die Facebook-Seite "Mahnwache für die Sektenkinder von Lonnerstadt" haben sich die Menschen organisiert. Christina Plank, die die Facebook-Seite gegründet hat, berichtet, dass ihr Telefon seitdem nicht mehr stillsteht.
Die 25-Jährige aus Uehlfeld ist auch an der Facebook-Seite "Rettet die Sektenkinder von Lonnerstadt" beteiligt. Seit letzter Woche hat die Seite über 800 "Gefällt mir"-Angaben erreicht. Und nun ist auch schon die nächste Mahnwache angemeldet.
"Wer hätte denn Lust, uns Plakate aus Pappe zu basteln für die Mahnwache am Sonntag?", fragen die Organisatoren. Die Mahnwache soll am kommenden Sonntag ab 13 Uhr stattfinden. "Bereits 60 bis 70 haben sich angemeldet", sagt Christina Plank. Sie wollen vor dem Haus der Familie, die unter dem Einfluss des Gurus aus Ailsbach steht, friedlich demonstrieren. Laut Christina Plank sei keinesfalls in erster Linie das Ziel, die Kinder von den Eltern zu trennen. "Das Beste für die Kinder ist, dass sie bei ihren Eltern aufwachsen." Aber das Jugendamt solle hier genauer hinschauen, wenn es nicht anders gehe, müsse das Amt eben einschreiten.
Pressekonferenz am Mittwoch
Das Landratsamt hat sich bisher bedeckt gehalten. Bis auf die schriftliche Stellungnahme des Landrats am vergangenen Freitag waren dem Amt keine weiteren Aussagen zu entlocken. Doch nun kommt Bewegung in die Sache. Landrat Eberhard Irlinger (SPD) hat am Montag mitteilen lassen, alle aktuellen Fragen in einem Pressegespräch am Mittwoch beantworten zu wollen.
Damit gibt Irlinger dem öffentlichen Druck nach der seit der Veröffentlichung des WDR-Dokumentarfilms "Sektenkinder" über die Lonnerstadter Familie entstanden war. In dem Film wird gezeigt, wie die Kinder mit Schlafmangel, wenig Essen und ohne Krankenversicherung leben müssen. Spielen ist nach der Darstellung des Films für die Kinder nicht erlaubt. Medizinische Versorgung lehnen die "Weltdiener", wie die Sekte heißt, ab.
Das hatte in der Vergangenheit bereits fatale Folgen für die Kinder der Lebensgefährtin des Sekten-Gurus. Die inzwischen erwachsenen Kinder leiden noch heute sowohl körperlich als auch seelisch unter ihrem früheren Leben in der Sekte.