Landkreis Erlangen-Höchstadt hilft Sex-Opfern
Autor: Andreas Dorsch
, Montag, 19. November 2018
ERH unterstützt den Notruf für Opfer sexueller Gewalt mit 30 500 Euro. Anruferinnen sind Mädchen, die vergewaltigt wurden, aber auch 85-jährige Damen.
Eine junge Frau meldet sich beim Frauennotruf in Erlangen und berichtet, sie sei gerade bei ihrer Freundin. Die habe sie gedrängt, anzurufen. Der Grund: Die Anruferin ist bei einer Feier am vergangenen Wochenende von einem Bekannten vergewaltigt worden.
Entgegengenommen hat diesen Anruf Claudia Siegritz in der Beratungsstelle Frauennotruf in Erlangen. Bei dieser Stelle können sich Mädchen und Frauen, die Opfer sexueller Gewalt wurden, jederzeit melden. Und sie tun es auch. Im Schnitt erfasst die Beratungsstelle rund 600 Kontakte im Jahr. 180 bis 220 kommen davon auch aus dem Landkreis Erlangen-Höchstadt.
Der Kreis unterstützt die Beratungsstelle jedes Jahr mit einem freiwilligen Zuschuss. Seit 2006 wurde diese jährliche Förderung von 7700 auf 30 500 Euro aufgestockt. Für 2019 hatte die Beratungsstelle Frauennotruf auch wieder 30 500 Euro beantragt. Die Kreisverwaltung hatte dem Ausschuss für Soziales aber nur 25 500 Euro vorgeschlagen. Doch die Kreisräte legten in ihrer jüngsten Sitzung wie schon im vergangenen Jahr 5000 Euro drauf und sprachen dem Notruf den gewünschten Zuschuss zu. Astrid Marschall (Grüne) hatte in der Sitzung die 5000 Euro zusätzlich beantragt. "Das Problem hat nicht abgenommen", stellte Doris Wüstner (CSU) fest und stimmte ebenso für den höheren Zuschuss wie Landrat Alexander Tritthart (CSU).
Der Staat ist gefordert
Dem Landrat bereiteten die 30 500 Euro freiwilliger Zuschuss aber auch Bauchschmerzen. Er stelle sich die Frage, ob diese Beratungen nicht eine staatliche Aufgabe seien und nicht eine höhere staatliche Unterstützung nötig wäre.
Aktuell sind beim Frauennotruf Erlangen zwei hauptamtliche Mitarbeiterinnen mit je 35 Stunden in der Woche beschäftigt. Dazu kommt eine Teilzeitstelle, die von bisher 10 im kommenden Jahr auf 20 Stunden in der Woche aufgestockt wird. Darüber hinaus engagieren sich auch einige ehrenamtliche Mitarbeiterinnen.
Seit 30 Jahren hauptamtlich in der Beratungsstelle tätig ist Claudia Siegritz, Diplom-Sozialpädagogin und Fachberaterin für Psychotraumatologie. Das eingangs erwähnte, junge Vergewaltigungsopfer klärt Siegritz beim ersten Besuch in der Beratungsstelle über Kostenfreiheit und Schweigepflicht auf. Die Klientin berichtet von der Feier, schildert den Verlauf des Abends und alles, was ihr widerfahren ist. Beraterin Siegritz hilft dem Opfer zu verstehen, was passiert ist, und wieder die Kontrolle "über ihr Selbst zu erleben".
Auch die Schuldfrage ist in der Beratung Thema. Es wird besprochen, ob Anzeige erstattet werden soll und was dann bei der Polizei und im Ermittlungsverfahren auf die Klientin zukommt - auch an Befragungen, Anwaltsterminen und Gerichtsverhandlung.