Kriegs-Zufluchtsorte bieten Lebensraum für Tiere

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Wasserhahnenfuß Foto: Pauline Lindner
Wasserhahnenfuß Foto: Pauline Lindner
Moorbildende MooseFoto: Pauline Lindner
Moorbildende MooseFoto: Pauline Lindner
 
SonnentauFoto: Pauline Lindner
SonnentauFoto: Pauline Lindner
 
Charakteristisch für den Bürgerwald sind die verlandenden Moorweiher.Foto: Pauline Lindner
Charakteristisch für den Bürgerwald sind die verlandenden Moorweiher.Foto: Pauline Lindner
 
AmeisenjungferFoto: Pauline Lindner
AmeisenjungferFoto: Pauline Lindner
 
Johannes Marabini, Heinrich Dietsch und Karin KleinschmittFoto: Pauline Lindner
Johannes Marabini, Heinrich Dietsch und Karin KleinschmittFoto: Pauline Lindner
 

Aus der Zufluchtsstätte im 30-Jährigen Krieg wurden Fischgewässer. Die verlandenden Teiche in Höchstadt bieten heute einen Lebensraum für Pflanzen und Tiere, die mit dem sauren Wasser und den nährstoffarmen Böden zurecht kommen.

380 Jahre ist es her, da belagerte, eroberte und brandschatzte das schwedische Heer Höchstadt. "In der Zeit haben sich etliche Bürger in den Wäldern südlich der Stadt versteckt", weiß der Biologe Johannes Marabini aus alten Chroniken.

In dem teilweise sumpfigen Gelände, das heute den Namen Bürgerwald trägt, überlebten sie unter einfachsten Bedingungen die schwere Zeit.

Damals gab es die Wald- und Moorweiher zwischen Höchstadt, Poppenwind und Krausenbechhofen noch nicht. Sie sind etwa vor 100 Jahren zum ersten Mal angelegt worden, als für die Waldbesitzer die Karpfenzucht rentabel war. Bis vor wenigen Jahren waren die meisten der künstlichen Gewässer wieder verschwunden. Der Föhrenwald hatte die Weiherbecken zurückerobert.


Stalldüngung

Nur die Dämme und - aktuell bei den hohen Wasserständen - flache Pfützen unter den Bäumen verraten, wo überall einst Fischzucht betrieben wurde. Unter erschwerten Bedingungen.

Die Teichwirte fuhren im Winter, wenn die Weiher zugefroren waren, Mist und auch Jauche auf die Eisflächen. Mit dem Tauwetter im Frühjahr sanken die nährstoffreichen Materialien ins Wasser und die Kleinstlebewesen konnten sich vermehren. Dadurch stieg der pH-Wert des Wassers auf Werte, die Karpfen vertragen.

Ohne diese Stalldüngung hätten sie einen pH-Wert von etwa vier. Das entspricht dem des sauren Regens oder dem des Suds für den Karpfen blau. Das ist ein Wert, den nur eine ganz bestimmte Tier- und Pflanzenlebensgemeinschaft verträgt.

Ihr bieten die Moorweiher heute einen Lebensraum. Dank der Pflege durch den Landschaftspflegeverband. Im Zusammenwirken mit den Fachleuten von der Unteren Naturschutzbehörde versuchen Auftragslandwirte wie Heinrich Dietsch mit schonenden Eingriffen die Weiherflächen und ihren unmittelbaren Umgriff von den jungen Bäumchen freizuhalten.

Ameisenjungfer

Dagegen greifen sie nicht in den Gewässerzustand ein. Verlandungszonen bis hin zur Niedermoorbildung sind durchaus erwünscht. Damit haben die Höchstadter ein wirklich interessantes Biotop unmittelbar vor der Haustür.

Marabini führte für den Förderverein des Botanischen Gartens Erlangen durch den Bürgerwald - eine gar nicht kleine Gruppe. Und trotzdem entdeckten die Teilnehmer nicht-alltägliche Tiere: Eine junge Ringelnatter sonnte sich ungeniert auf der Wasseroberfläche.

Die Ameisenjungfer ist eine Libelle. Ihre Larve ist der Ameisenlöwe. Seine trichterförmigen Fangfallen im Sand waren zu sehen, aber auch ein frisch aus der Puppe geschlüpftes Insekt. Es saß allerdings zwangsweise an einem Halm fest. Seine Chitinflügel waren noch nicht ausgehärtet.

Mit ein paar Insider-Witzen von wegen "Madla, pass fei auf" wurden zwei "fleischfressende" Pflanzen herumgereicht: Sonnentau und Wasserschlauch.

Der erstere "arbeitet" mit einem verlockenden, klebrigen Saft und einer Klappfalle. Der Wasserschlauch dagegen "arbeitet" mit Unterdruck. Die wurzellose Schwimmpflanze erzeugt ihn in winzigen Bläschen an ihren Zweigen und saugt so Kleinstlebewesen ein.

Mit dieser tierischen Zukost umgehen die Pflanzen die Nährstoffarmut ihres Lebensraum. Wie die im 30-Jährigen Krieg in den Wald geflüchteten Höchstadter ihren kargen Speiseplan aufbesserten, ist nicht näher überliefert.