Jetzt sind die Verteidiger Schuld
Autor: Michael Busch
Aurachtal, Dienstag, 13. November 2018
Die Angeklagte am Erlanger Amtsgericht griff ihre Pflichtverteidiger verbal an und forderte diese auf, endlich zu arbeiten.
Am Ende der Verhandlung ging es hoch her. Weniger in der Sache an sich, denn in den Vorwürfen, die eine der drei Angeklagten gegenüber ihren eigenen Pflichtverteidigern machte. "Die haben nicht einen Antrag gestellt", monierte die wortführende Angeklagte, Mutter der beiden Mitangeklagten. "Ich bin weder Ihr Sprachrohr noch Ihr Mikrofon", konterte einer der Pflichtverteidiger.
Was war passiert? Im Grunde zeichnete sich ab, dass der vierte Verhandlungstag eher ruhig werden würde. Die Aurachtaler Familie steht wegen mehrerer Delikte vor dem Schöffengericht am Erlanger Amtsgericht. Abkassierte Aufzüge, die nie installiert wurden, Rechnungen, die gestellt wurden, obwohl es keine Gegenleistung dazu gab. Das alles in mehreren Fällen. Am jetzigen Verhandlungstag ging es um ein weiteres Vergehen, der Inanspruchnahme eines Kredites, der nie gegeben worden wäre, hätten die Angeklagten der Bank die Wahrheit erzählt.
Bevor der Zeuge, der Mitarbeiter der Bank, der 2014 die Kreditanfrage bearbeitet hatte, Auskunft über den Vorgang geben konnte, überraschte der Rechtsvertreter der Tochter mit einem erneuten Befangenheitsantrag gegenüber dem Vorsitzenden Richter Wolfgang Gallasch. Bereits in der ersten Sitzung hatte es mehrere Anträge dieser Form gegeben, die durch die Bank abgelehnt worden waren.
Nun warf der Anwalt im Namen seiner Mandantin dem Richter vor, dass dieser mit rechtswidrigen Methoden einen Fall konstruiert habe, um die Schuld der Angeklagten zu beweisen. "Unter Gallaschs Regie", so der Anwalt, habe ein anderer Zeuge "einen weiteren Zeugen angestiftet, Anzeige gegen die Familie zu erstatten". Nach einer kurzen Sitzungsunterbrechung wurde das Begehr allerdings abgelehnt, da bereits bekannte Tatsachen, die schon lange vorlägen, zu der Anzeige geführt hätten. Es kam zur Vernehmung des Sparkassenmitarbeiters.
Zweckgebundener Kredit
Dieser erklärte, dass die Mutter und deren Tochter im Jahr 2014 bei ihm im Büro waren, um einen Kredit in Höhe von 273 000 Euro zu erhalten. Der sollte für einen geplanten Hausbau in Berching sein. Er selber habe bei der gewünschten Summe empfohlen, einen Teil des Geldes von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zu leihen. Hintergrund: Das geplante Haus sollte ein sogenanntes KW55-Haus sein und wäre damit förderungsfähig durch die KfW gewesen. Vorteil für den Kreditnehmer: Der Zinssatz ist durch die Förderung deutlich günstiger. Allerdings ist dieser Betrag dann zweckgebunden.
"Zum Glück hatten wir die KfW als Partner, sonst wäre das alles gar nicht aufgeflogen", erklärte der Banker. Denn die KfW wollte Nachweise über die Verwendung des Geldes. Doch trotz mehrfacher Aufforderung hätte es diese Belege nie gegeben. Bei den Recherchen der Bank und später der Polizei stellte sich dann heraus, dass die Kreditsumme an die Firma des Sohnes (der dritte Mitangeklagte) überwiesen worden sei. Ein Hausbau in Berching habe nie stattgefunden.
Die GmbH des Sohnes habe nach Auskunft des zuständigen Registeramtes die Geschäftstätigkeit aber bereits im Jahr 2007 aufgegeben, also sieben Jahre vor der Kreditaufnahme. Die Sparkasse macht heute - nachdem die Kredite gekündigt worden sind - 161 000 Euro gegenüber der Familie geltend.