Druckartikel: Im Cotton Club brannte die Luft

Im Cotton Club brannte die Luft


Autor: Sylvia Hubele

Höchstadt a. d. Aisch, Sonntag, 21. Februar 2016

In der Kulturfabrik lebten dank Julia Kempken und ihren Jazz Rebels die Goldenen Zwanziger wieder auf.
Die "Night at the Cotton Club" bot den Besuchern allerlei Freuden für Auge und Ohr. Fotos: Sylvia Hubele


Frauen in Charlestonkleidern, mit schmalen Stirnbändern, geschmückt mit Blume, Feder oder wippenden Blättchen aus Metallfolie, und Herren in schmalen Streifenhemden, mit Hosenträgern oder in Westen - schon auf den ersten Blick war zu sehen: Es handelt sich hier um eine Zeitreise in die rauschenden 20er und 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, eine Zeit, in der Alkohol in Amerika verboten war - und doch so viel getrunken wurde, wie zu fast keiner anderen Zeit.


Lauter als jedes Handy

In dieser Zeit wurde eine solch fantastische Musik komponiert, gespielt und dazu getanzt, dass sie allein fast schon ausreichte, die so überschwängliche Lebensfreude der damaligen Zeit wiederzubeleben. Das ist Julia Kempken alias Julia Kempinsky mit ihrer Show "A Night at the Cotton Club" großartig gelungen.
Nur der Rauch hat gefehlt, der Rauch, der sich zu dieser Zeit aus den Zigarillos, Zigarren und Zigaretten an der Decke jedes Etablissements gesammelt hätte, um dieses zu einer wahrhaft verruchten Lasterhöhle zu machen, in der alles in dichten Nebelrauchschwaden versinkt.
Sowohl die Polizei, als auch das Verbrechersyndikat tagte in solch verräucherten Räumen, in denen die Schwaden so dicht über den Köpfen waberten und bereits durch ihren Anblick einen unstillbaren Hustenreiz auslösten. Limonade mit Hopfen- oder Hefegeschmack, Traubensaft in vielerlei Variationen: Selbstverständlich wurden in Höchstadt an diesem Abend keine alkoholischen Getränke ausgeschenkt. Die Gäste nahmen es mit einem Schmunzeln und tranken die sprudelnde Hopfenkaltschale aus Flaschen und die Traubenlimonade aus pfiffig beklebten Plastikbechern. "Sie können Ihr Handy heute ruhig anlassen", versicherte Reinhard Grasse, der in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Kultur Höchstadt Julia Kempken und ihre Jazz Rebels der Roten Bühne Nürnberg für den Auftritt in der Kulturfabrik engagiert hatte, der für diesen Abend zum Cotton Club mutierte: "Es wird so laut, dass Sie es ohnehin nicht hören!"
Er empfahl im Fall einer Razzia, sämtliche Getränke schnell auszutrinken und eine unschuldige Miene aufzusetzen. Mit "Puttin on the Ritz" von Irving Berlin aus dem Jahr 1927 startete der Abend und begeisterte von Anfang an die Zuschauer. Das frivole Spiel von Julia Kempinski und ihrer exotischen Tänzerinnen mit ihren Reizen, das witzig-virtuose Spiel der Musiker und die charmanten Erzählungen der Chefin über die dubiose Herkunft ihrer Truppe ließen keine Langeweile aufkommen.
Die hinreißende Musik von Duke Ellington, Fats Waller und anderen Komponisten dieser Zeit tat ein Übriges. Alle vergnügten sich sichtlich, wähnten sich "on the sunny side oft the street", als Sirenen und quietschende Reifen in der Ferne das sich nahende Unheil in Form einer Razzia ankündigten.


Großzügiger Beifall

Drei Polizisten stürmten in voller Montur das Lokal, konfiszierten Rauschgift, Alkohol und Waffen und wollten dem schändlichen Treiben ein Ende bereiten. Doch die charmante Chefin führte die verdutzten Polizisten gemeinsam mit ihren frivolen Mädels hinter die Bühne, und wirkte offenbar so überzeugend, dass die Show einfach weitergehen konnte. Die Gäste vergnügten sich, spendeten großzügigen Beifall und applaudierten bei gelungenen Solodarbietungen.