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Höchstadter Kleiderkammer schließt - Sabine Grasses Tür bleibt offen


Autor: Karina Brock

Höchstadt a. d. Aisch, Dienstag, 16. April 2019

Kommenden Mittwoch hat die Kleiderkammer in der Kellerstraße zum letzten Mal geöffnet. Wie immer von 14 bis etwa 17.30 Uhr. Danach wird der Laden geräumt.
Auch wenn die Kleiderkammer geschlossen hat, wird Sabine Grasse weiter eine "Helfende Hand" bleiben. Fotos: Franziska Rieger


Fünf Jahre ist es her, dass Sabine Grasse gemeinsam mit anderen Helfern die Kleiderkammer in Höchstadt aus dem Boden stampfte. Und von Anfang an war sie viel mehr, als bloße Kleider-Ausgabe-Stelle für Asylsuchende. Neben Dingen des täglichen Bedarfs gab es vor allem auch den menschlichen Kontakt. "Um Menschen integrieren zu können, muss man erst einmal Beziehungen aufbauen", sagt die 73-Jährige, die in den Jahren ihres Engagements zur inoffiziellen Chefin der Helfenden Hände Höchstadt wurde. Die Beziehungen bleiben, die Kleiderkammer jedoch schließt zum 24. April. Der nächste Mittwoch ist der letzte Abgabetag in der Kellerstraße 34. Dann ist Schluss.

Gesundheitliche Probleme

Die Gründe dafür sind vielfältig. Einer ist, dass Grasse mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hat. "Ich war immer viel unterwegs, es ist sehr zeitaufwändig und auch körperlich anstrengend. Das kann ich nicht mehr leisten." Zwar hatte sie immer - und hat auch heute noch - treue Helfer, die ihr zur Seite stehen. Aber wenn es darum ging, irgendwo Schränke abzuholen, Waschmaschinen zu organisieren oder Anzeigen aufzugeben, rannte vor allem sie selbst. "Es war bei allen Schwierigkeiten eine schöne Zeit, die ich sicher auch vermissen werde", meint die Seniorin.

Nachfrage nicht mehr so groß

Sie hat über ihr Engagement viele Menschen kennen gelernt, vielen geholfen, bei uns Fuß zu fassen, eine neue Heimat zu finden. Dadurch, dass die meisten - auch in der Gemeinschaftsunterkunft - inzwischen über drei Jahre hier sind, sei die Nachfrage nach Gebrauchsgütern nicht mehr so groß. "Die Leute sind weitestgehend mit allem versorgt." Für Kleidung gehen viele ins Sozialkaufhaus, tauschen sich unter einander aus oder schauen, wo sie modernere Sachen günstig herbekommen. Schließlich handele es sich vor allem um junge Leute, die sich von den Deutschen nicht mehr abheben wollen, als nötig. "Sie wollen nicht ausgegrenzt werden."

Auf jeden Fall gehen Nachfrage und Angebot seit einiger Zeit immer weiter auseinander, so dass sich Grasse dachte, die Wohnung könnte durchaus besser genutzt werden, als nur einen Nachmittag pro Woche. "Die anderen beiden Wohnungen in dem Haus sind bereits vermietet. Bei der derzeitigen Lage auf dem Wohnungsmarkt wäre das sinnvoller." Eine funktionierende Küche sei vorhanden, ein Spielplatz hinter dem Haus darf mitgenutzt werden. Der Helferkreis hat in dieser Sache auch schon Kontakt mit der Stadt aufgenommen.

Aber auch wenn der "Umsonstladen" in der Kellerstraße bald zu hat - Sabine Grasses Tür bleibt offen. "Bei Fragen und Problemen können sich weiterhin alle an mich wenden", betont die 73-Jährige. Auch Menschen, die künftig Kleider oder andere Gegenstände spenden möchten, können sie gerne anrufen. "Ich habe Stellen, an die ich das weiterleiten kann, die sich für Flüchtlinge oder für Obdachlose einsetzen."

Natürlich ist zudem das Sozialkaufhaus eine Adresse für Kleidung, Kinderausstattung oder Küchenutensilien. "Wenn etwas Bestimmtes gesucht wird, werde ich auch künftig Anzeigen ins Amtsblatt setzen und Sachen nach Bedarf annehmen." Schließlich spiele nicht nur das Helfen eine Rolle, sondern auch der Umweltschutzgedanke.

"Es ist mir wichtig, dass die Sachen weiter gebraucht werden. Damit nicht alles in Medbach landet!"

Für den letzten Öffnungstag erwartet Grasse nochmal einen größeren Ansturm - auch wenn schon viele Kisten für den Auszug gepackt sind. "Bis zum 30. April ist der Laden leer", sagt sie - vorfreudig oder wehmütig? Man kann es nur erahnen. "Vielen Dank auf jeden Fall an all die zuverlässigen Mitarbeiter und an alle, die auf unsere Aufrufe reagiert und gespendet haben."

Positive und negative Erinnerungen von Sabine Grasse Soll

"Manche haben ausgenutzt, dass alles kostenlos war und immer wieder Töpfe oder Handtücher geholt. Oder zwei Bügeleisen. Wie viele davon braucht ein Mensch? Da kann ich richtig sauer werden!"

"Wenn die Leute die Schränke und Regale durchsucht und Unordnung hinterlassen haben, habe ich mich auch immer geärgert. Gerade die Männer hatten da oft kein Gespür dafür."

"Es gibt immer Leute, die schmutzige oder kaputte Sachen abgeben. Das zeugt nicht gerade von Wertschätzung den Menschen gegenüber, die das vielleicht noch anziehen wollen. Ganz zu schweigen von den Helfern, die alles aussortieren oder am Ende sogar waschen müssen."

Haben

"Der Kontakt, die Unterhaltungen - vor allem über Persönliches - waren immer schön."

"Über Gespräche und Hinweise konnte ich die Menschen mit unseren Gepflogenheiten vertraut machen. Wenn man in einem fremden Land ist, ist es schon wichtig, das eine oder andere zu wissen und zu übernehmen."

"Ich konnte auf das Zusammenleben in der Gemeinschaftsunterkunft ein bisschen positiv einwirken."

"Es ist schön zu sehen, dass sich die Leute inzwischen trauen, Kontakt aufzunehmen. Dass man sich richtig mit ihnen unterhalten kann."

"Entwicklungen von Schule über Ausbildung bis hin zu Arbeit und Integration in Vereinen mitzubekommen, ist unbezahlbar." lkb