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Höchstadter erzählt von seiner Pilgerreise auf dem Jakobsweg


Autor: Johanna Blum

Höchstadt a. d. Aisch, Donnerstag, 28. Mai 2015

Der 65-jährige Höchstadter Hermann Proksch hatte sich Ende März alleine auf den Jakobsweg gemacht und die 775 Kilometer lange Strecke bis nach Santiago de Compostela begleitet von Graupelschauern, Schnee, Sonne, Wind und Regen in 25 Tagen geschafft. Hier erzählt er seine Reiseerlebnisse.
Nach der Ankunft in Santiago de Compostela beschlich Hermann Proksch ein "erhebendes Gefühl". Foto: privat


Schon vor 20 Jahren war Proksch mit der Höchstadter St. Georgspfarrei nach Santiago gepilgert. "Der jetzige Dekan Kilian Kemmer hatte damals die geistliche Leitung und wir waren gesamt 35 Pilger", weiß der Wallfahrer noch genau. Die Erinnerungen an den damaligen Pilgerweg, den Einzug in die Kathedrale des Hl. Jakobus blieb ihm so im Gedächtnis haften, dass er sich nach 20 Jahren noch einmal auf den Weg machte. Diesmal ganz alleine, aber gut vorbereitet. "In meiner Apotheke bekam ich alle nötigen Medikamente, Blasenpflaster, Tapes und gute Ratschläge", erzählt er. Maria Theresa Kreuzer, eine gebürtige Spanierin, hatte ihm einen zusätzlichen Pilgerausweis von Pfarrer Stefan Pröckl (St. Jakobus, Etzelskirchen) ins Spanische übersetzt und so war ihm immer ein Quartier in einer kirchlichen Institution sicher, falls er keine Herberge fände.

Hape Kerkelings Buch hatte er bewusst nicht vorher gelesen. "Aber im Nachhinein nahm ich es zur Hand und da waren viele Geschichten für mich auf einmal nachvollziebar." Sein Motto lautete: Einfach losgehen! Mein Weg, mein Ziel!

Ohne ein Wort Englisch oder Spanisch zu können, nur mit dem Wörterbuch ausgestattet, machte er sich mit einem 13 Kilogramm schweren Rucksack - "drei Kilo hab ich bei der nächsten Gelegenheit wieder nach Hause geschickt" - auf den Weg.

Mit dem Flugzeug ging es nach Bilbao und von dort zum Treffpunkt in den Pyrenäen Saint-Jean-de Port, wo er im Meldebüro den ersten Stempel in den offiziellen Pilgerausweis bekam. Er hatte sich bewusst entschieden, den Weg alleine zu beschreiten. Nur ein einfaches Handy hatte er sich zugestanden und so ein bis zwei Mal meldete er sich zu Hause bei seiner Frau.

Proksch ist jeden Tag gelaufen, im Durchschnitt waren es etwa 30 bis 35 Kilometer. "Nur am Anfang ließ ich es etwas langsamer angehen.", erklärt er. Da quälte ihn nämlich wegen der niederen Temperaturen und der Nässe eine heftige Erkältung mit starkem Husten.

Die guten eingelaufenen Wanderschuhe drückten nach einer Weile und erst als er sich einfache Wandersocken zugelegt hatte, wurde es besser. Seine Wegweiser waren neben dem Pilger-Reiseführer und der Landkarte die Muschel und die gelben Pfeile am Wegrand. Drei Mal hatte er sich trotz allem verlaufen. "Auf einmal waren die Markierungen nicht mehr da", erinnert er sich. Aber da habe gleich ein Lastwagen gehalten und der Fahrer rief: "Camino dort!" Immer wenn Einheimische merken, dass ein Pilger vom Pilgerweg abgekommen ist, rufen sie "Camino" und zeigen auf den richtigen Weg.

"Vor 20 Jahren wurden wir natürlich intensiv vom Bayerischen Pilgerbüro betreut, was in vieler Hinsicht nicht schlecht war", meint er. Diesmal kämpfte er sich jedoch alleine erfolgreich durch. "Man findet immer wieder Leute, mit denen man ins Gespräch kommt", sagt er. Die Mitwanderer erkannten ihn an seinem Pilgerhut. Man hat sich getroffen, aus den Augen verloren und plötzlich lief man wieder aneinander vorbei. Viele Gedanken gingen ihm auf dem langen Pilgerweg, den man auch als Gebet mit den Füßen bezeichnen kann, durch den Kopf.

"Zigtausende sind hier schon vor dir gelaufen." Der sportliche Aspekt des Unternehmens war für Proksch zweitrangig. "Für mich stand der religiös-meditative Aspekt an erster Stelle und ich habe mich auf meinem Weg mit der Natur und den Menschen intensiv auseinander gesetzt", erzählt er mit schwärmerischem Blick. "Du läufst, bleibst stehen, wenn es schön ist und genießt die wunderbare Landschaft. Das war mir wichtig.", erklärt er.

"In meinem Kopf lief oft ein kleiner Film ab, angefangen von meiner Kindheit bis heute. Außerdem konnte ich in Ruhe meine mir hoffentlich noch lange verbleibende Zeit überdenken. Man wird einfach ruhiger und ausgeglichener." Im Jahre 1999 war Hermann Proksch, ebenfalls mit der Georgspfarrei, im Heiligen Land und von der Jordanquelle brachte er damals drei Steine mit. "Den kleinsten Stein hatte ich nun mit auf den Camino genommen und am Kreuz "Cruz de Ferro", dem höchsten Punkt auf dem Pilgerweg, zu den vielen anderen Steinen gelegt." Dies war für ihn eines der markantesten Erlebnisse des Jakobswegs 2015.

"Als ich endlich am 18. April um 13 Uhr in der Kathedrale angekommen war und den Hl. Jakob umarmen konnte, war es schon ein erhebendes Gefühl, den Pilgerweg geschafft zu haben!", erklärt er. Aber die Empfindungen von 1995 waren nicht zu toppen!" Damals sind ihm die Tränen heruntergelaufen, als er endlich vor dem Grabmal des Heiligen stand.

Viel hatte sich jedoch in den letzten 20 Jahren geändert. Herbergen sind aus dem Boden geschossen, von ganz einfach bis nobelst, viele Souvenirläden säumen den Weg und Speiselokale findet man auch in Mengen. Viel mehr Frauen als Männer waren unterwegs, manche pilgerten alleine oder zu zweit, einige auch zu dritt.

In Santiago hielt es der Höchstadter Pilger nur zwei Tage aus. "Stadtbummel sind mir nicht wichtig", gesteht er. Wieder voller Energie machte er sich noch auf den Weg zum Kap Finisterre (Ende der Welt) an der galicischen Atlantikküste, bevor er sich sechs Kilo leichter und geistig gestärkt auf den Heimweg machte.

Tipps von Hermann Proksch

Gepäck
Hermann Proksch rät jedem, einmal den Jakobsweg zu gehen. Dazu brauche man nur Willen und Ausdauer. Man müsse auch kein Sportler sein, sollte sich jedoch den Weg nach eigenem Empfinden und Rhythmus einteilen. Nicht mehr als 10 Kilo Gepäck mitnehmen, denn alles, was man braucht, bekomme man unterwegs.

Zeit Zur Osterzeit solle man sich, genau wie in den Sommerferien, nicht auf den Weg machen. Ostern sind viele Spanier und Portugiesen unterwegs und im Sommer ist meist die Hölle los, so Proksch. Die beste Zeit sei die nach Ostern. Der Weg ist dann nicht überlaufen und die Natur entfaltet gerade ihre Schönheiten, meint er.

Stempel Wichtig sei nur der offizielle Pilgerausweis oder Pilgerpass. Die Stempel im Pilgerpass belegen die gelaufene beziehungsweise geradelte Strecke. Das ist Voraussetzung, um bei der Ankunft in Santiago die Urkunde, die sogenannte Compostela, zu erhalten, die die Pilgerreise bestätigt. Nachzuweisen ist, dass man die letzten 100 Kilometer vor Santiago gelaufen ist, beziehungsweise die letzten 200 Kilometer auf dem Fahrrad oder zu Pferd zurückgelegt hat. Auch wer mindestens 40 Seemeilen geschippert und ab Padrrón gelaufen ist, hat Anspruch auf die Compostela (deutsche-jakobus-gesellschaft.de).