Höchstadter Baby-Störche leben gefährlich
Autor: Christian Bauriedel
Höchstadt a. d. Aisch, Montag, 15. Juni 2015
Einen Namen hat der Baby-Storch in Höchstadts Kirchgasse noch nicht. Es ist ungewiss, ob das Kleine überlebt. Denn Gefahren drohen nicht nur durch Sturm, Kälte und Regen.
Neue Nachbarn rufen ja bei manchen zu allererst Skepsis hervor. Was sind das für Zeitgenossen? Handelt es sich um lärmende Quälgeister? Hoffentlich keine Dreckspatzen. Für Tünde Dudner waren die Neuen von nebenan allerdings gleich herzlich willkommen. Vor allem der Nachwuchs.
"Das ist einfach süß. Ich stehe oft hier am Fenster und beobachte sie", sagt die 44-Jährige und zeigt auf das gegenüberliegende Dach, wo gerade eine Storchenmutter einen skeptischen Blick auf den Fotoapparat des Reporters wirft. Aus den Ästen des Nests spitzt ein neugieriger Jungstorch hervor.
Drei neue Nester haben Störche in diesem Jahr in Höchstadt gebaut, neben den bestehenden auf dem alten Rathaus, der Mälzerei und dem Pfarrheim. Zum allerersten Mal brüten die Vögel auf dem ehemaligen Brauhaus Wölker, heute die Pizzeria in der Oberen Brauhausgasse. Auch auf dem Rathaus gibt es erstmals ein Nest. Gut zu sehen ist es nur von der Rückseite des Gebäudes. Und auch auf dem Haus in der Kirchgasse 4, gleich neben Dudners Dachwohnung ziehen die Störche zum allerersten Mal ihren Nachwuchs auf.
85 Jungstörche im Aischgrund
"Seit ich aktiv bin, habe ich an diesen Stellen noch nie welche gesehen", sagt Edmund Lenz, bekannt als der "Storchenvater". Zusammen mit dem Biologen Jens Heber, der für den oberen Aischgrund zuständig ist, habe er heuer insgesamt 85 Jungstörche beringt. Der seltene Vogel scheint also wieder häufiger zu werden. Insgesamt elf Jungstörche gibt es in Höchstadt. "Heuer ist ein hervorragendes Storchenjahr", sagt Lenz.
In der Kirchgasse gibt es einen einzelnen Jungstorch. Es seien noch zwei weitere Eier im Nest gewesen, die aber anscheinend nicht befruchtet waren und kein Tier geschlüpft ist. In den beiden anderen neuen Nestern auf dem Rathaus und dem alten Brauhaus habe es größere Verluste gegeben. Andere Störchehätten den Nachwuchs aus dem Nest geworfen, sagt Lenz. "Das ist eine Kampfzone. Da wird mit harten Bandagen gekämpft. Wie bei den Löwen." Die Tiere wollen die Konkurrenz ausschalten, damit ihr ihr eigenes Erbgut bessere Überlebenschancen hat.
Trotzdem gibt es in den alten Nestern viel Nachwuchs. Auf dem alten Rathaus etwa gibt es vier Jungstörche. Ende Juni wird der Storchenvater sie beringen. An den neuen Standorten haben die Tiere von Null an angefangen. Ohne menschliche Unterstützung, etwa durch eine Nisthilfe, wie sie im März 2014 auf dem Pfarrheim angebracht wurde. Der Nestbau könne sehr schnell gehen, sagt Lenz. Nachdem ein geeigneter Platz ausgemacht wurde, könne der Bau aus Ästen schon innerhalb einer Woche fertig sein.
Geruchsbelästigung ist möglich
Lenz weiß, dass ein neu gebautes Storchennest für die Anwohner nicht immer nur Freude und romantische Naturgefühle hervorruft. "Eine gewisse Geruchsbelästigung durch den Kot kann schon vorkommen." Direkt unter dem Nest in der Kirchgasse liegt ein Hinterhof. Teilweise überdacht ist dort am Boden die Sauerei nicht so groß. "Naja, ein bisschen schmutzig ist es schon. Aber ich finde die Störche gut", ruft ein Mann von seinem Balkon unterhalb des Nests.
Überlebenschance unsicher
Ob das Baby auf dem Dach durchkommt, sei noch nicht sicher, sagt der Storchenvater. Es sei noch sehr jung. Wenn es keine Angriffe anderer Störche gibt, müsse nur noch das Wetter stimmen, damit es überlebt. "Bei schlechterer Witterung könnte es Schwierigkeiten für den Jungstorch geben", sagt Lenz. Anwohnerin Tünde Dudner hofft natürlich, dass ihr kleiner gefiederter Nachbar groß und kräftig wird. Einen Namen hat er, genauso wie die anderen Storchenbabys noch nicht. Wie der Nachwuchs auf dem Rathausdach gerufen werden könnte, ist quasi naheliegend: "Schau' da fliegt der Beppo!"