Höchstadter aus England über den Brexit: "Was genau passiert, weiß niemand"
Autor: Franziska Rieger
Höchstadt a. d. Aisch, Mittwoch, 06. Februar 2019
Das Hin und Her in den Debatten um den Austritt von Großbritannien aus der EU beschäftigt auch die Engländer, die im Landkreis Erlangen-Höchstadt leben. Einen Höchstadter ärgert vor allem, wie über die Briten berichtet wird.
Mit Spannung, wohl eher mit Anspannung, warten die Engländer, die im Landkreis Erlangen-Höchstadt leben, auf den 29. März. Dann erlischt Grossbritanniens Mitgliedschaft in der EU. Wie es nach diesem Datum weitergeht, das weiß keiner so genau. Vor allem Engländer, die nur den britischem Pass besitzen, müssen zittern. 369 Bürger sind das im Landkreis Erlangen-Höchstadt, heißt es von der Pressestelle des Landratsamtes.
Dazu kommen die Engländer, die mittlerweile beide Staatsbürgerschaften haben. Einer davon ist Michael Gibson. Der Engländer lebt seit über 40 Jahren in Höchstadt. Geboren ist er im Südwesten Englands, in der Grafschaft Somerset. Mit zehn Jahren emigrierte er mit seiner Familie nach Australien. Dort kam er über die Sprache erstmals in Kontakt mit der deutschen Kultur. 1968 kehrten er und seine Frau mit dem Schiff zurück nach London, wo er sechs Jahre arbeitete.
Seit 1974 lebt Gibson in Deutschland, seit 1977 in Höchstadt. Als sich ein Referendum zum Brexit abzeichnete, beantragte Gibson die deutsche Staatsbürgerschaft. Denn: Er ist gekommen, um zu bleiben. Im Interview erzählt Gibson, welche Folgen der Brexit für ihn hätte, was ihn am Brexit-Referendum stört und was ihn vor über 40 Jahren nach Deutschland gezogen hat.
Sie haben uns geschrieben, dass Sie beunruhigt sind, wie die britischen und deutschen Medien über den Brexit berichten. Was stört Sie an der Berichterstattung?
Michael Gibson: Ich bin beunruhigt über die britischen und internationalen Medien sowie über Politiker, die ständig behaupten, dass eine Mehrheit der britischen Bevölkerung für den Austritt aus der Europäischen Union gestimmt hat. Eine Mehrzahl der Briten, das ist einfach nicht wahr.
Es ist natürlich richtig zu behaupten, dass eine Mehrheit der Personen, die an dem Referendum teilgenommen haben, für den Brexit stimmten. Viele der Briten, die im Ausland wohnen, wurden von der Abstimmung ausgeschlossen. Und 27,8 Prozent der Stimmberechtigten haben nicht abgestimmt.
Deshalb gibt es keine Rechtfertigung dafür, dass Medien und Politiker behaupten, dass die Mehrheit der Briten für den Brexit stimmte. Das habe ich auch dem deutschen Presserat und der Independent Press Standards Organisation (IPSO), der britischen Organisation für Presseaufsicht, geschrieben.