Herzogenauracher Protestanten ehren Hugo Distler
Autor: Manfred Welker
Herzogenaurach, Donnerstag, 01. November 2012
Das Reformationsfest in Herzogenaurach stand ganz im Zeichen der Musik von Hugo Distler, der vor 70 Jahren verstorben ist. Distler ist einer der bedeutendsten Vertreter der Erneuerungsbewegung in der evangelischen Kirchenmusik nach 1920.
Damit beschreiten die Verantwortlichen in der Herzogenauracher evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde einen neuen Weg. Am Reformationsfest sollen Personen im Mittelpunkt stehen, die für ein protestantisches Profil stehen.
Vorbilder für diese Überlegungen gibt es auch anderswo in Deutschland. So wurde in Leipzig der Dirigent Helmut Rilling mit der Martin-Luther-Medaille gewürdigt. Er hatte mit seiner Gächinger Kantorei und dem Bach-Collegium Stuttgart wesentlich zur Verbreitung protestantischer Glaubensinhalte beigetragen.
In Herzogenaurach beleuchtete Pfarrer Oliver Schürrle anhand der Biographie von Hugo Distler sein Wirken.
Hugo Distler wurde am 24. Juni 1908 in Nürnberg geboren und verstarb am 1. November 1942 in Berlin. Er wuchs bei seinen Großeltern auf und besuchte das Nürnberger Realgymnasium. Daneben erhielt er Klavierunterricht bei Carl Dupont. In Nürnberg wurde ihm ein Stipendium am Konservatorium wegen "mangelnder Begabung" verwehrt. Nach dem Abitur bekam Hugo Distler im Jahr 1927 einen Studienplatz für Musik am dortigen Landeskonservatorium und bestand die Aufnahmeprüfung mit Auszeichnung. Dort studiert er unter anderem im Fach Orgel bei Günther Ramin. In Leipzig lernte er auch Arthur Honnegger kennen.
Durch Vermittlung von Günther Ramin trat Distler am 1. Januar 1931 eine Organistenstelle an der Lübecker St. Jakobikirche an. Während des Dritten Reiches kam Distler aber in Konflikt mit den NS-Machthabern, die seine Musik ablehnten.
Als er im Jahr 1938 mit der Esslinger Singakademie Johann Sebastian Bachs Johannespassion in Esslingen aufführte, hatte das deren Auflösung zur Folge. Seit Beginn des Zweiten Weltkriegs fürchtete Distler, zum Kriegsdienst eingezogen zu werden. Einzig in Berlin sah er die Möglichkeit, sich "unabkömmlich" zu machen. Dort wirkte er ab August 1940 an der Hochschule für Musik als Professor für Chorleitung, Tonsatz, Komposition und Orgelspiel. Schwierigkeiten mit den Nationalsozialisten und wiederholte Einberufungsbefehle zermürbten ihn so sehr, dass der seinem Leben am 1. November 1942 ein Ende setzte.
Distler war verheiratete und hinterließ drei Kinder. Barbara Distler-Harth, die zweitälteste Tochter, lebt noch in München und wurde nur aus gesundheitlichen Gründen daran gehindert, zur Veranstaltung nach Herzogenaurach zu kommen. Sie verfasste eine Biographie über ihren Vater, die im Jahr 2008 mit dem Titel: Hugo Distler, Lebensweg eines Frühvollendeten erschien.
Pfarrerin Carola Schürrle verlas ihr Grußwort, in dem sie an ihren Vater erinnerte. "Sie werden es ganz gewiss besser haben, als wir!" lautete eine Textpassage von Hugo Distler über seine Kinder.
Für Dr. Gerald Fink ist es wichtig, "diesen ernsthaften Menschen mehr in den Blickpunkt zu rücken." Er charakterisiert seine Musik als ganz unromantisch, fast schon schroff, die aber höchsten Wert auf Textverständlichkeit legt.
Während seine Musik in den 1950er Jahren sehr beliebt war, muss sie jetzt neu entdeckt werden, obwohl sie nicht ganz leicht zu singen sei. Es gelte, Distler als Erneuerer der evangelischen Kirchenmusik und als protestantische Persönlichkeit zu beleuchten, resümierte Fink über seinen Musikstil.
Die Kantorei unter der Leitung von Dr. Gerald Fink trug bekannte und weniger bekannte Werke des Komponisten zum Programm bei. Cornelia Götz, Sopran, wurde bei ihrem Liedbeitrag von Dr. Gerald Fink an der Orgel begleitet. Fink spielte außerdem Orgelstücke von Distler für die Kleinorgel.
Das Konzert wurde am 1. November im Stockfleth-Haus in Lagensendelbach wiederholt, wo Barbara Hertel-Ruf wirkt, die als Pfarrerin in Herzogenaurach war.