Druckartikel: Herzogenauracher machten ihr Glück in Amerika aus

Herzogenauracher machten ihr Glück in Amerika aus


Autor: red

Herzogenaurach, Montag, 19. Januar 2015

Es gab zahlreiche Herzogenauracher Auswanderer im 19. Jahrhundert. Teilweise halfen Städte wie Herzogenaurach auch nach, weil die Auswanderer sonst die Armenkasse belastet hätten.
Mit dem letzten Blick auf das Festland verabschiedeten sich die Auswanderer zumeist für immer von der alten Welt. Dann bestiegen sie das Segelschiff, das sie über den Ozean bringen sollte. Gemälde von Antonie Volkmar, 1860.  Repro: Deutsches Historisches Museum Berlin, Archiv


Täglich erreichen uns neue Meldungen von Asyl suchenden Flüchtlingen aus Afrika oder dem Nahen Osten. Im Landkreis Erlangen Höchstadt werden laufend neue Unterkünfte für jene geschaffen, die in Deutschland ein neues Leben beginnen möchten. Aber gab es nicht auch Auwanderungswellen aus der "Alten Welt", sprich aus Europa in Richtung Westen in das "Land der unbegrenzten Möglichkeiten", wie die USA im 19. Jahrhundert genannt wurden?

Zwischen 1831 und 1840 wanderten 33 Millionen Europäer nach Nordamerika aus. Neben Iren und Italienern (jeweils rund 4,5 Millionen) waren es auch ähnlich viele Deutsche, die ihr Glück auf der anderen Seite des Ozeans suchten.


Goldrausch lockte

Aus Herzogenaurach wanderten zwischen 1850 und 1870 über 100 Menschen in die USA aus. Das waren immerhin rund sechs bis sieben Prozent der Bevölkerung.

Sie hofften, jenseits des großen Teichs ihr Glück zu machen und es durch ihrer Hände Fleiß zu Wohlstand zu bringen. Und dieser Wunsch wurde noch stärker, als sich ab 1848 die Nachricht von großen Goldfunden in Kalifornien verbreitete.
Was waren die wesentlichen Ursachen für diese Auswanderungen? Außer einer gewissen Abenteuerlust waren es vor allem wirtschaftliche Not und politische Unfreiheit, die dazu führten, das Frankenland zu verlassen. Die zunehmende Industrialisierung hatte gerade in dem monostrukturierten Aurach-Städtchen die Arbeitslosenzahlen in die Höhe schnellen lassen.

Es waren in erster Linie Tuchmacher, Leinenweber oder Zeugmacher (sie verarbeiteten feingesponnene Wolle zu hochwertigen Produkten), aber auch Lehrlinge und Gesellen sowie Tagelöhner, Knechte und Mägde, die sich in der Landwirtschaft verdingen mussten, um überleben zu können. Bisweilen wollte man auch dem Militärdienst entfliehen oder sich wegen zunehmender Schulden aus dem Staub machen.
Hinzu kamen enge politische und soziale Bindungen und Auflagen: von freier politischer Meinungsäußerung war man noch meilenweit entfernt. Ledige Frauen mit Kindern hatten keine Chancen, gesellschaftlich integriert zu werden; Tagelöhnern und Dienstboten war es unmöglich dem Teufelskreis der Armut zu entrinnen, da sie keinen Grundbesitz hatten. Es bedurfte des Nachweises einer eigenen Bleibe sowie der Genehmigung des Dienstherrn, des Bürgermeisters und Pfarrers zur Heirat.


Jeder Zehnte ging fort

Aus dem Obermainkreis (Oberfranken - zu dem Herzogenaurach damals gehörte) sind 3343 Menschen zwischen 1833 und 1900 ausgewandert; das entsprach einem Bevölkerungsanteil von 12,5 Prozent. Ein Auswanderer schrieb an seine Verwandten in der Heimat: "Hier sind die Reichen und die Armen nicht so weit voneinander entfernt wie in Europa (...) Wer durch die ländlichen Gebiete reist, (...) sieht kein stolzes Herrenhaus in Kontrast mit armseligen Lehmhütten, wo Menschen und Vieh einander wärmen müssen." Ein kleiner Teil der Auswanderungswilligen wurde in Herzogenaurach von der Verwaltung mit sanfter Gewalt abgeschoben. Gerade bei den Tuchmachern und Webern fiel mit jedem Auswanderer ein unliebsamer Konkurrent weg.

Herzogenaurachs Stadtväter waren daher recht freigebig, was einen "Reisezuschuss" betraf. Bis zur Hälfte der Überfahrt, das waren 50 bis 55 Gulden, zahlte die Gemeindekasse, um Bedürftige loszuwerden, weil sie sonst der Armenkasse noch wesentlich mehr Kosten verursacht hätten.

Einen Teil des Geldes kassierte freilich ein Erlanger "Vermittler" (das Wort "Schleuser" war damals noch nicht bekannt), der die Überfahrt ab Hamburg, Bremen oder Le Havre organisierte.

Von den zahlreichen Auswanderern soll hier die Geschichte von Franz Krämer genannt werden.

Der ledige Zeugmachergeselle war 1849 mit Unterstützung der Stadt ausgewandert. Im Juni 1852 kehrte er mit 440 Gulden an die Aurach zurück; außerdem besaß er eine goldene und eine silberne Uhr sowie vier "Vorstecknadeln" (Broschen, Anstecknadeln). Im September 1852 schiffte er sich wieder ein, kehrte aber ein Jahr später erneut aus Philadelphia zurück und hielt sich vier bis fünf Monate bei Verwandten auf.

1856 traf er wieder ein "mit drei Koffern mit ansehnlichem Inhalt": mit mit einem Beutel voll Gold und Silber. Wie er betonte, habe er in Philadelphia einen "Ausläufer" gemacht (so viel wie Laufbursche) und daneben mit "Seidenzeug, Sacktüchern und Halstüchern gehandelt".

Offenbar war er dann in seiner Heimatstadt angeschwärzt worden. "Franz Krämer ist zu bedeuten, dass er einer geregelten Beschäftigung sich zu widmen habe, widrigenfalls als Vagant und Landstreicher mit ihm verfahren werden müsste, indem nicht gestattet werden kann, dass Krämer bei seinen verschiedenen Besuchsreisen ohne alle Beschäftigung sich dahier aufhalte", teilte ihm das Gericht mit. Im November 1856 trat Krämer die Rückreise in die Staaten an.

Was aus ihm geworden ist, weiß man nicht.