Herzogenauracher Kunstraum öffnet wieder seine Pforten
Autor: Richard Sänger
Herzogenaurach, Montag, 06. Juli 2020
Das kurdische Künstlerehepaar Lana Karim und Shaho Penjwen stellt seine Werke im Kunstraum aus.
"Der Weg zum Anfang": Unter diesem Motto und als Beispiel einer gelungenen Integration wurde der Herzogenauracher Kunstraum an der Langenzenner Straße nach dem Lockdown mit einer Vernissage wieder geöffnet. Das Künstlerehepaar Lana Karim und Shaho Penjwen stammt aus dem kurdischen Teil des Nordiraks und kam im Jahr 2015 zusammen mit seinen Kindern Diya und Sizan nach Herzogenaurach. Die beiden zeigten bereits im August 2016 bei einer Werkausstellung die Vielfalt ihres Schaffens sowie ihre unterschiedlichen Malerei-Stile und wurden auch Mitglied des Kunst- und Kulturvereins.
Im Innenhof vor dem Kunstraum, unter Beachtung der Abstandsregeln sowie nach der Aufnahme der Daten begrüßte Vorsitzender Manfred Braun über 100 Kunstfreunde und Interessierte. "Endlich geht es wieder nach vorne, und wir haben uns getraut", freute sich der Vorsitzende.
Fünfjährige Ausbildung
Mit einer Laudatio würdigte Walter Scheinkönig das Künstlerpaar, das bis zu seiner Flucht in der kurdischen Millionenstadt Sulaimaniya lebte. Beide endeckten bereits in ihrer Jugend die Begabung zur Malerei. Unabhängig voneinander entschieden sich beide für eine Laufbahn in der Kunstszene und fanden somit den Weg zum Institut für Fine Art in Sulaimaniya, vom Anspruch gleichzusetzen mit einer Kunstakademie in Deutschland. In der fünfjährigen Ausbildung lernten sie alle Facetten und Techniken der Malerei kennen und fanden ihren eigenen Stil, Karin im Abstrakten und Penjwen im Realismus.
"Es war wohl auch der Magie dieses Ortes zu verdanken, dass sie sich über die gemeinsame Sprache der Malerei kennen- und dann auch, ja, lieben lernten und ein Paar wurden", berichtete Scheinkönig. Da es im Irak aber ungleich schwerer war als zum Beispiel in Deutschland, mit Kunst eine Familie zu ernähren, arbeitete Penjwen als Grafikdesigner und seine Frau als Kunstlehrerin. Mit dem Krieg veränderte sich nicht nur ihr Leben in der Region, sondern das gesamte Land.
So blieb dem Paar mit seinen beiden Kindern nur die Flucht, sie mussten Familie und Freunde ebenso zurücklassen wie ihre Bilder. Über die Türkei und Griechenland kamen sie über einige Zwischenstationen Mitte 2015 nach Herzogenaurach und wurden im Dezember zusammen mit weiteren Flüchtlingen zur Weihnachtsausstellung des Vereins eingeladen.
Die Blockade ist überwunden
Beginnend mit der Ankunft in Herzogenaurach arbeitete das Paar intensiv an seiner Integration. Karim und Penjwen lernten die deutsche Sprache und fanden Wohnung und Arbeit. Nach einer durch ihre Flucht bedingten längeren Phase der künstlerischen Blockade haben sie im vergangenen Jahr Pinsel und Leinwand wieder in die Hand genommen und stellen nun ihre neu entstandenen Bilder vor.
Lana Karim möchte mit dem Pinsel in der Hand in ihren abstrakten Bildern ihre eigenen Träume mit Energie, Begeisterung und Fantasie zum Leben erwecken und die Welt ein Stück schöner, fröhlicher und glücklicher machen. Dagegen ist Shaho Pnejwens Perfektionismus, gepaart mit Begabung und Leidenschaft, ganz das künstlerische Pendant zu seiner Partnerin, stark am Realismus orientiert. Er möchte seine aktuell entstandenen Gemälde nach dem Ankommen in neuer Freiheit, wie er sagt, als einen Neustart seiner Fantasie, seiner Gefühle und seiner Bewegungen mit dem Pinsel verstanden wissen. Was dem Künstlerpaar fehlt ist ein bezahlbares Atelier. Das könnte eine ehemalige Werkstatt ebenso sein wie eine kleine Halle mit großen Fenstern, um künstlerisch arbeiten zu können.