Druckartikel: Herzogenaurach war die Stadt der Tuchmacher

Herzogenaurach war die Stadt der Tuchmacher


Autor: Manfred Welker

Herzogenaurach, Freitag, 07. Juni 2013

Bevor Herzogenaurach durch seine Schuhfabriken bekannt wurde, bestimmten Tuchmacher das Bild. Noch heute gibt es Einrichtungen aus dieser Zeit, die während einer Fahrradtour besichtigt werden.
Ein Webstuhl im Stadtmuseum Herzogenaurach  Foto: Manfred Welker


Johann Baptist Roppelt schrieb 1801 zu Herzogenaurach: "Die Einwohner haben unter andern einen großen Verdienst durch Wollenspinnen, sowohl für dasige, als auch für die Erlanger, Fürther und Nürnberger Fabriken, und man zählt 30 Tuchmacher und Zeugmacher ..."
In dem Gefüge von Meister, Geselle und Lehrling war es nötig, dass die jungen Gesellen in die Welt hinauswanderten, um Land und Leute kennen zu lernen und ihre Kenntnisse in ihrem Handwerk zu verbessern. Die Wanderjahre waren außerdem Grundvoraussetzung für den Erwerb des Meisterrechts. Von dem Herzogenauracher Tuchmachergesellen Jakob Luhmayer (Lohmayer) hat sich das am 17. Juli 1820 ausgestellte Wanderbuch erhalten, das über sein halbes Leben Auskunft gibt.
Jakob Luhmayer (Lohmayer) wurde 1798 in Herzogenaurach geboren und erhielt sein Wanderbuch nach der allerhöchsten Verordnung des 16. März 1808. Diese sah ein strenges Reglement vor. Ohne Erlaubnis durfte er das bayerische Gebiet nicht verlassen. Er musste halbjährlich die Verwaltung seiner Geburtsstadt über seinen Aufenthalt Nachricht geben und nach Ablauf der bewilligten Wanderzeit in seine Heimat zurückkehren. Das Wanderbuch wurde am 16. August 1820 in Herzogenaurach abgestempelt, wo Luhmayer vier Jahre beim Meister Jakob Welker in Arbeit gestanden und sich stets sehr gut betragen hatte. Über Nürnberg erreichte er am 18. August Amberg, über Regensburg am 26. August Passau, wo er Wien als Reiseziel angab. Der Weg führte ihn am 27. August über Engelhardszellen nach Linz, wo er zehn Monate bei Meister Jakob Miller in Lohn und Brot stand.
Sein nächstes Ziel war der Marktflecken Stockerau, der durch seine Decken- und Tuchmachererzeugnisse bekannt war. Dort war Luhmayer bis zum 22. März 1822 beim Kötzenfabrikant Johann Schaumann "ehrlich, fleißig, ruhig und treu" in Arbeit. Im Frühjahr zog es ihn zurück in die Heimat, der Weg ging über Horn, Pilsen, Klatau und Cham nach Herzogenaurach, wo er am 5. April 1822 ankam. Dort arbeitete er bis zum 12. Juni 1822 bei Tuchmachermeister Thomas Dickas. Danach zog es ihn wieder in die Welt hinaus.
Noch viele Ziele und Dienststätten Luhmayers sind dokumentiert. Am 15. April 1852 erschien er vor der königlich bayerischen Gesandtschaft in Wien, mit der Angabe, nach Herzogenaurach zurück zu wollen. Die Reiseroute ging über Salzburg, München, Augsburg, Donauwörth, Monheim, Weißenburg, Pleinfeld, Schwabach und Nürnberg. In Herzogenaurach kam er Ende Juni 1852 an.
Trotz seiner langen Wanderwege hatte ihn der Weg in seinen alten Tagen wieder in sein Vaterhaus geführt. Mit seinen 54 Jahren hatte Luhmayer 32 Jahre auf Wanderschaft verbracht.