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Hemhofen ist das zweite Obereidisch


Autor: Johanna Blum

Hemhofen, Dienstag, 23. Februar 2016

Siebenbürger Sachsen leben auf der ganzen Welt verstreut. In Mittelfranken laufen einige Fäden zusammen.
So sieht es heute in Obereidisch aus. Foto: privat


Die ehemaligen Einwohner von Obereidisch in Siebenbürgen (Rumänien) leben heute verstreut in alle Himmelsrichtungen, in Österreich, der Schweiz, Rumänien, Kanada, Amerika und auch in Hemhofen und Zeckern.
Die ersten Obereidischer kamen nach dem Krieg 1945/46 nach Hemhofen und siedelten sich dort an. Insgesamt waren es am Ende 40 Familien. Seit der Grenzöffnung sind die Kontakte in die alte Heimat intensiver geworden. Bis zur Vereinsgründung trafen sich die "Ehemaligen" eher informell zum Austausch. "Zum Verein schlossen wir uns zusammen, weil wir gemerkt haben, dass die Alten langsam wegsterben und so das Kulturgut - alte Tänze, das Brauchtum - langsam in Vergessenheit geraten könnte", erklärt Vorsitzender Wolfgang Emrich.

Auch die Ahnenforschung sei wichtig und sollte nicht untergehen.


Spenden für die Dorfkirche

Den Auftakt der offiziellen Kontakte zwischen den Gemeinden Hemhofen und Obereidisch bildete das Heimattreffen im Jahr 2004 in Obereidisch. Es folgten mehrere Studienreisen der Zeckerner in ihre alte Heimat unter Führung des damaligen Vorsitzenden Georg Emrich, und beim Besuch 2006 in Obereidisch stellte man fest, dass die Dorfkirche dort anfing zu zerfallen. Spontan entschloss sich damals der Verein zu helfen. 20 000 Euro an Spenden wurden in elf Monaten gesammelt. Die Einweihung der Kirche erfolgte im Jahr 2007 durch Pfarrer Laszlo Kezdi.
Zum Obereidischen Heimattreffen am 4. Juli 2009 kamen dann mehr als 200 Gäste aus aller Welt nach Hemhofen. An diesem Tag wurde die Partnerschaft zwischen den Gemeinden durch die Unterzeichnung der Partnerschaftsurkunde besiegelt. Das Motto hieß: "Was lange währt, wird endlich gut."


Hindernisse sind verschwunden

Bei seiner Festrede betonte der damalige Bürgermeister Joachim Wersal (FW): "Es ist der Kontakt der Enkelgeneration, denn in den 50er-Jahren, als etliche Familien aus Obereidisch auch in Mittelfranken eine neue Heimat fanden, waren die Aufgaben des sich beruflich wie familiären Einrichtens im Vordergrund gestanden." Zudem seien die Hindernisse durch die Spaltung Europas in Ost und West zu hoch gewesen, um Besuche zu erlauben.
Immer noch ist die Kirchensanierung das große Projekt des Vereins. Insgesamt 50 000 Euro wurden schon an Spenden rekrutiert, und zwar weltweit. Die Vereinsmitglieder sind alle ehemalige Obereidischer, die jetzt in der ganzen Welt verstreut leben. "Es ist inzwischen ein richtiges Netzwerk", freut sich der Vereinsvorsitzende Wolfgang Emrich. "Es ist sehr schön, dass unser neuer Bürgermeister Ludwig Nagel (CSU) und der Gemeinderat im kommenden September mit uns zur Kirchturmeinweihung nach Obereidisch kommen."
Der 80-jährige Georg Emrich, Vater des Vorsitzenden, ist in Obereidisch geboren. Er erzählt: "Im Jahr 1944 bin ich mit Mutter und meinen zwei Schwestern nach Oberösterreich geflohen. Sechs Wochen waren wir unterwegs. Wir lebten bis 1957 dort in Schwanenstadt. Da aber meine große Schwester schon in Zeckern lebte, machten wir uns auch auf ins schöne Frankenland.
Dort lernte ich dann meine Frau kennen. 1959 heirateten wir, und unsere zwei Kinder haben wir im Gedanken an unsere Heimat erzogen. Auch das Kulinarische - eine Küche nach Siebenbürger Art - war wichtig. Wir lieben Krautwickel und auch Polenta. Wir fühlten uns in Siebenbürgen immer als Deutsche. In Hemhofen fühle ich mich schon lange daheim. Ich bin Ehrenmitglied im Sportverein und 1985 war ich beim ersten Treffen der Obereidischer hier in Zeckern dabei. Da waren viele zugegen, die ich gekannt habe und die jetzt in USA oder Kanada leben. Es ist ein Wahnsinnsgefühl, sich nach so vielen Jahren wieder zu sehen.
Auch bei den zwei Studienreisen nach Obereidisch war ich damals dabei. Der Ort war mir nicht fremd. Ich fühlte mich, als wäre ich heimgekommen. Aber zurück möchte ich nicht mehr - zu Besuch jederzeit, aber jetzt ist hier meine Heimat. Im Moment leben noch 38 Deutschstämmige in meinem alten Dorf. Ich freue mich auf die Kirchturmeinweihung im September.
Mit vielen aus meinem Verein, aber auch Freunden der Obereidischer, bin ich Ende Januar zum Maria-Ball in die Geflügelzuchthalle gekommen. Es ist schön, dass wir wieder einen Ort gefunden haben, wo wir unseren Traditionsball abhalten können.
Der Name Maria-Ball ist leicht erklärt: In Siebenbürgen hießen viele Frauen und Mädchen Maria. Mariä Lichtmess war ein Bauernfeiertag, die Bauern hatten nicht so viel zu tun, und da traf man sich immer zum Tanzen. Wir haben den Ball schon öfter hier in Zeckern abgehalten, und er wird hoffentlich wieder zu einer Tradition."