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Heldenfriedhof Höchstadt: Sollte er umbenannt werden?


Autor: Christian Bauriedel

Höchstadt a. d. Aisch, Freitag, 11. Mai 2018

Auf dem Heldenfriedhof in Höchstadt wird der Gefallenen der Weltkriege gedacht. Der Begriff "Held" sei hier fehl am Platz, findet der Höchstadter Klaus Strienz und wünscht sich eine andere Erinnerungskultur.
Der Höchstadter Klaus Strienz wünscht sich eine  Debatte über die Form der Erinnerung an die Kriegstoten auf dem  "Heldenfriedhof". Er findet den Begriff des "Helden" unpassend. Foto: Christian Bauriedel


Der Heldenfriedhof in Höchstadt ist ein ruhiger Ort. Er liegt mitten in der Stadt, aber dennoch etwas abseits. Draußen rauschen die Autos über die Spitalstraße. Nur selten, wenn nicht gerade Volkstrauertag ist, sieht man Menschen, die den Gedenkort für die Opfer der beiden Weltkriege besuchen.

"Es liegt mir fern, Familien und deren Angehörige, die sie im Krieg verloren haben, in Misskredit zu bringen", sagt Klaus Strienz. Aber schon seit langem störe ihn etwas. Es geht um den Begriff des "Helden". Der sei, so Strienz, an diesem Ort, doch fehl am Platz.

Der bald 70-Jährige, den viele noch als Gymnasiallehrer aber auch von seinem Engagement für die russische Partnerstadt Krasnogorsk kennen, verfasste einen Brief. Dieser ging vor ein paar Tagen an den Bürgermeister und seine Stellvertreter, an die Fraktionssprecher im Stadtrat, an die Pfarrer und andere Funktionsträger im Stadtleben.

Er wolle "Impulse" zu dem Begriff Heldenfriedhof geben. Ja, auch er habe ihn "als lediglich geografischen Begriff" immer verwendet. Aber je mehr er sich mit dem Schicksal ehemaliger deutscher und russischer Soldaten beschäftige, "umso nachdenklicher" mache es ihn. "Was sollen unsere Fremdenführer den ausländischen Gästen sagen, wenn sie an dem Friedhof vorbeigehen?", fragt Strienz.

"Heldenfriedhof", so steht es auf dem Metallschild am Eingangsportal. Im Inneren der Kapelle findet man das Wort auf einer steinernen Tafel wieder. Helden seien die damaligen Soldaten für ihn nicht , sagt Strienz. Die wohl allermeisten von ihnen seien ohne glühende Begeisterung, viel mehr gegen ihren Willen, auf Geheiß von oben aus ihrem zivilen Leben an die Front geschickt worden.


Es waren Opfer, keine Helden

Ob Kaiserreich oder Hitlers "Drittes Reich": Es sei das bemitleidenswerte Fußvolk gewesen, von Gewehrkugeln zerfetzt, von Panzern zermalmt, vom Giftgas zerfressen - angeblich für einen höheren Sinn. Von Militär und Politik zu Helden stilisiert. Dazu komme, spitzt Strienz zu, die Frage: "War der Überfall auf Polen 1939 eine Heldentat?"

Er wünsche sich eine Form der Erinnerung, wie andere Orte mit ihren Kriegerdenkmälern umgehen. In Zentbechhofen etwa steht der Spruch: "Den Toten zum Gedenken, den Lebenden zur Mahnung." In Pommersfelden distanziert man sich mit einer Steintafel von der Gestaltung des Denkmals. Diese trage den "steigernden, aggressiven Geist während des Nationalsozialismus in sich". Die Inschrift der drei Kreuze "lernt glauben - lernt kämpfen - lernt sterben" erscheine "vor dem Hintergrund eines Weges hin zum Weltkrieg heute als bedenklich."

Eine solche Einordnung und Kommentierung fehle ihm in Höchstadt, sagt Strienz. Hier liest man auf der Kapelle: "Seid eingedenk der Taten eurer Väter!" Für Strienz ist das zu wenig, zu abstrakt, vielleicht gar doppeldeutig.

Er hofft nun auf eine Debatte im Stadtrat. Doch: Ist dieser überhaupt zuständig? Denn als es jüngst
um die Sanierung der maroden Kapelle ging, war nicht feststellbar, wer eigentlich Eigentümer des Areals ist, Kirche oder Stadt. Hierzu laufen gerade Recherchen beim Erzbistum.

Die Pflege übernahm in den vergangenen Jahrzehnten die Stadt. Das berichtet Bürgermeister Gerald Brehm (JL). Die Sache mit dem "Heldenfriedhof" sehe er anders als Strienz. "Es ist historisch nun einmal der Heldenfriedhof. Ich sehe keine Veranlassung, nach fast 100 Jahren daran etwas zu ändern." Natürlich denke niemand an eine Glorifizierung. "Die Vergangenheit mahnt zum Frieden", betont Brehm. Doch er sei "kein Freund davon", alles gleich in Frage zu stellen.


Was sagt der Dekan dazu?

Und da es auch sein kann, dass die Kirche zuständig ist: Was sagt Dekan Kilian Kemmer zur "Helden-Debatte"? Er wäre wohl nicht als erster darauf gekommen, das zu ändern. Dann müsse man ja auch die vielen "Ehrenmale" andernorts, umbenennen. Er könne auch weiterhin mit dem "Heldenfriedhof" leben, wolle sich einer Diskussion aber nicht verschließen.

Es sei auch denkbar, das Areal um eine Ecke des Friedens zu erweitern. Kemmer kommen zum Beispiel ein "Friedensmemorial", ein Hinweis auf die Friedenserklärung zur Tausendjahrfeier der Stadt oder auf die Städtepartnerschaften in den Sinn.

Im Falle einer Umbenennung würde er aber immer darunter schreiben "ehemals Heldenfriedhof der Stadt Höchstadt", so Kemmer. Schließlich sei auch dieser Name ein historischer Fakt. Nun müsse aber zunächst geklärt werden, wer denn nun rein rechtlich zuständig ist. Auch wegen der dringend nötigen Sanierung der Kapelle. Denn Heldentum hin oder her, der bauliche und optische Zustand ist alles andere als heldenhaft.

Geschichte des Heldenfriedhofs Höchstadt:

Der Heldenfriedhof ist 1922/23 entstanden. Zuvor befand sich dort der Stadtfriedhof, der 1876 aufgelassen wurde. Es liegen keine Gebeine auf dem Friedhof. 79 Gedenksteine erinnern an die Gefallenen und Vermissten des 1. Weltkriegs. Es wird zudem den Gefallenen der Kriege 1866 und 1870 sowie der Opfer des Dreißigjährigen Kriegs gedacht. Seit 1961 wird in Form einer Engelsfigur und auf drei Tafeln mit 227 Namen den Gefallenen und Vermissten des 2. Weltkriegs gedacht.

Quelle: Aus der Geschichte der Stadt Höchstadt