Gustl ist Mexikaner und Musikant in Adelsdorf
Autor: Johanna Blum
Adelsdorf, Dienstag, 06. August 2013
Eigentlich heißt er Gustavo, der 17-Jährige aus Mexiko, der ein Jahr in Deutschland verbringt. Er schwärmt vom Kellerbesuch und von den Adelsdorfer Musikanten, bei denen er Saxophon spielt. Fahrradfahren muss er noch ein wenig üben, denn seit einem Sturz hat er einen Gipsarm.
Der 17-jährige Mexikaner Gustavo Avila ist seit Januar 2013 zu Gast in Adelsdorf, und er fühlt sich hier sehr wohl im Kreis seiner momentanen Gastfamilie, den Völlners in der Kurt-Schumacher-Straße.
Gustavo,oder Gustl, wie er bei seinen Freunden genannt wird, erzählte ein bisschen aus seinem Leben und auch, wie er zu seinem Gipsarm gekommen ist. Der junge Mexikaner ist in Toluca in Mexiko geboren und aufgewachsen. Schon in der Grundschulzeit wechselte er auf eine Privatschule, kurz IPEFH genannt. "Dort bleibe ich die ganze Schulzeit über, und wenn ich die abgeschlossen habe, kann ich studieren - ohne Abitur. Ich muss nur einen Studienplatz bekommen - darüber entscheidet ein Auswahltest. Auf 200 Studienplätze bewerben sich 600 Schulabgänger", berichtet Gustavo in einwandfreiem Deutsch.
"Wir haben zwei Uniformen: eine Formaluniform für den Schulunterricht und eine Sportuniform.
Nach Adelsdorf ist er gekommen, weil sein älterer Bruder Gonzalo vor drei Jahren auch schon hier war. "Er hat so von Deutschland geschwärmt, dass ich dieses Land unbedingt kennenlernen wollte - und er hat Recht gehabt", schwärmt nun auch Gustavo. Er kam im Januar nach Adelsdorf in die Neuhauser Gastfamilie Gundelwein, zu der sein Bruder Gonzago seit seinem Aufenthalt beste Beziehungen hat. "Ich konnte damals so gut wie kein Deutsch", gibt er freimütig zu. Alles ging erst einmal in Englisch. Gustl besuchte das Gymnasium in Höchstadt - und als er im März mit einer Adelsdorfer Reisegruppe für ein Wochenende in der italienischen Partnergemeinde Uggiate-Trevano dabei war, platzte der Knoten. "Ich lernte ein paar Adelsdorfer Musikanten kennen, und als die erfuhren, dass ich Saxophon spiele, luden sie mich zu den Proben ein. Es war toll. So eine nette Truppe." Sein Deutsch verbessserte sich seither schlagartig und von da an war er nur noch der Gustl.
Niemand hat sich um ihn gekümmert
"Ich habe viele Freunde gefunden und die sind alle so nett", findet der junge Mexikaner. Auch in der Songgruppe des MGV (Musik- und Gesangverein) singt er seitdem ab und zu mit. Der Schulbesuch fiel ihm anfangs schon recht schwer, solange er niemanden kannte. "Am ersten Schultag hab ich hallo gesagt, aber am Anfang hat sich keiner so recht um mich gekümmert", erinnert er sich. Aber ohne die richtige Sprache ist es nun einmal schwer zu kommunizieren!
In Mexiko sind die Ferien fast gleich wie in Deutschland: sechs Wochen Sommerferien, je zwei Wochen Osterferien und Weihnachtsferien. "Unser Schultag sieht so aus: Nach den ersten vier Stunden gibt's eine halbe Stunde Pause, dann zwei Unterrichtsstunden, eine Pause von 20 Minuten, dann erneut drei Stunden Unterricht und danach geht's nach Hause", erzählt er. "Danach könnte man noch Wahlfächer wie Sport und Musik besuchen."
Heimweh hat der junge Mann schon, aber mit Telefonieren, SMS-Schreiben und mit E-Mails kriegt er das ganz gut in den Griff. Am meisten vermisst er seine Tortillas. "Aber ein Kellerbesuch mit einer Brotzeitpause ist auch okay", meint er und schmunzelt. "Das Leben in einer deutschen Familie ist super, weil ich da die deutsche Kultur und Traditionen hautnah erleben kann", sagt er. Deutsche Familien könne man aber nicht mit mexikanischen Familien vergleichen. "Alleine schon, dass man ständig seine Straßenschuhe ausziehen muss und Hausschuhe anziehen. Außerdem essen die Deutschen viel Brot, das bin ich nicht gewohnt."
Ein richtiger Adelsdorfer Musikant
Gustavo war schon in Hamburg, Berlin, Stuttgart, Bamberg, Erlangen, Nürnberg, in der Fränkischen Schweiz und zwei Mal in Uggiate-Trevano. In Hamburg und in Uggiate-Trevano hat es ihm am besten gefallen. Gustl ist seit März ein richtiger Adelsdorfer Musikant. "Ich bin sehr stolz, dass ich beim Wertungsspiel neulich sogar ein kleines Solo spielen durfte." Er ist den Wertungsrichtern sehr positiv aufgefallen", erklärt seine Gastmutter Heidi Völlner, die Vorsitzende der Musikanten.
Gustl hat seit ein paar Tagen einen Gipsarm. "Ich war auch im Schulorchester am Gymnasium und durfte beim Musical mitspielen. Am Donnerstag sauste ich mit Instrument und Noten auf dem Fahrrad zur Bushaltestelle am Marktplatz, um zur zweiten Aufführung nach Höchstadt zu kommen - und irgendwie bekam ich eine Kurve nicht richtig, und da bin ich beim Eier Maier in den Gartenzaun gefahren", schildert er.
Er wurde sogar operiert, bekam eine Platte ins Handgelenk eingesetzt. Aber Gustavo ist tapfer. "Ich muss echt besser Radfahren lernen", meint er. Ende August geht er noch bis kurz vor Weihnachten nach Herzogenaurach in eine neue Gastfamilie. "Ich möchte gerne eine andere Stadt und noch mehr neue Menschen kennen lernen", sagt er. Am meisten wird er seine deutschen Familien vermissen, das gute Essen, die fränkische Landschaft, die Häuser, die ganz anders aussehen als die mexikanischen, das ruhige Dorfleben. "In Mexiko wohne ich in einer Stadt. Da geht es viel hektischer zu."
Auch das Musizieren und die Gemeinschaft mit den Adelsdorfer Musikanten wird ihm sehr abgehen. "Unser Gustl ist echt liebenswert. So einen Austauschschüler kann man sich nur wünschen", schwärmt Gastmutter Heidi. Die ganze Familie ist traurig, wenn Gustl bald umzieht.