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Frischer Wind für die Kommunalpolitik


Autor: Johanna Blum

, Freitag, 27. März 2015

Christopher Warter, Bernd Herberger und Johannes Funke wurden im vergangenen Jahr erstmals in einen Gemeinderat gewählt. Wir fragen die Neulinge nach ihren Erfahrungen. Ihr Fazit fällt durchweg positiv aus.
Johannes Funke, Christopher Warter und Bernd Herberger (v. l.) im Gespräch Foto: Johanna Blum


Vor genau einem Jahr fanden die Kommunalwahlen in Bayern statt und unter den neu gewählten Räten im Kreis Erlangen-Höchstadt befanden sich auch einige junge Leute. Der FT traf sich mit drei der frisch gebackenen Gemeinderäte aus dem Höchstadter Umkreis, fragte sie nach ihren Gründen, für das Amt zu kandidieren, sowie nach ihrem politischen Engagement im Vorfeld und ob ihre Vorstellungen sich bewahrheitet haben.

Christopher Warter ist 27 Jahre alt, kommt aus Röttenbach und sitzt für die FW im Gemeinderat. "Politik hat in meiner Familie schon immer eine wichtige Rolle gespielt. Für eine bestimmte politische Richtung konnte ich mich aber nie entscheiden, da mich Ideologie und Fraktionszwang der etablierten Parteien abgeschreckt haben. Daher war es die logische Konsequenz für mich, bei den Freien Wählern eine politische Heimat zu finden", so Christopher Warter.

Er ist seit fast zehn Jahren Mitglied im Ortsverband der FW. Einige Zeit war er stellvertretender Vorsitzender der JFW Röttenbach und seit 2014 ist er deren erster Vorsitzender. "Wir haben mittlerweile 35 Mitglieder bei den ,Jungen' und sind damit einer der größten Nachwuchsortsverbände in unserem Landkreis", verrät er stolz.

Als er sich auf die Liste stellen ließ, hat er sich schon viele Gedanken gemacht, ob er die Wahl annehmen solle, falls er genügend Stimmen bekäme. "Es ist schon etwas Besonderes, für eine Kandidatur vorgeschlagen zu werden, deswegen habe ich gar nicht allzu lange überlegt und schließlich zugesagt", erinnert er sich. "Ich hätte nie damit gerechnet, gewählt zu werden, da auf unserer Liste und auf den Listen der anderen Parteien viele tolle Persönlichkeiten standen. Dass es dennoch geklappt hat, hat mich natürlich sehr gefreut", strahlt er. Über seinen Freund und Gemeinde- und Kreisrat Patrick Prell wusste er schon viel über Ablauf und die Funktionsweise des Gemeinderats und ihm war klar, was da auf ihn zukommen würde.

Bürgermeister nimmt sich Zeit

Viele Gemeinderäte kennt er schon seit Jahren, vor allem die aus der eigenen Fraktion. Aber auch die Reaktion von den anderen Gemeinderäten war durchwegs wohlwollend. Bei seiner Vereidigung begrüßte ihn ein älterer Gemeinderat aus einer anderen Fraktion mit den Worten: "Da kommt endlich mal frischer Wind in den Gemeinderat". Im Röttenbacher Rat herrsche ohnehin ein sehr respektvoller Umgang, auch wenn es fachlich mal unterschiedliche Meinungen gibt. Es dauere schon eine gewisse Zeit, bis man mit allen Details vertraut ist. "Aber unser Bürgermeister Ludwig Wahl nimmt sich in den Fraktionssitzungen und Vorbesprechungen viel Zeit, uns neue Gemeinderäte in die fachlichen Problemstellungen einzuweisen."

Christopher ist im beschließenden Sozial-, Sport- und Kulturausschuss engagiert. Dabei geht es vor allem um die Förderung und die politische Weichenstellungen zur Erhaltung des vielfältigen örtlichen Vereinslebens, aber auch z. B. um die erfolgreiche Integration von Flüchtlingen in Röttenbach, was bereits gut läuft. "Da unser Bürgermeister und die anderen Gemeinderäte eigentlich immer ein offenes Ohr für neue Ideen haben, kann man bei uns auch als einzelner schon etwas bewirken. Aber in der Politik geht es natürlich letztendlich um Kompromisse und Mehrheiten und man kann nicht immer seine eigene Meinung durchsetzen", findet er. Christophers Erfahrungen im Gemeinderat sind fast ausschließlich positiv. "Ich habe meine Kandidatur zu keiner Zeit bereut", gesteht er und er würde diesen Schritt jederzeit wieder wagen - auch wenn man schon viel Freizeit opfern muss. Trotzdem kommt der studierte Elektrotechniker, der seit 2013 bei Siemens arbeitet, noch zu seinen Hobbys wie mit Freunden weg gehen, Sport, Lesen und die Imkerei.

Bernd Herberger ist 24 Jahre alt und gehört seit Mai 2014 dem CSU-Stadtrat von Höchstadt an.
"Der Fraktionssprecher der CSU Höchstadt, Michael Schwägerl, hat mich im August 2013 angesprochen, ob ich nicht für die CSU auf der Stadtratsliste kandidieren würde", erklärt der junge Mann. "Ich war zwar bis dahin am tagespolitischen Geschehen interessiert, aber es gab kein parteipolitisches Engagement in irgendeine Richtung, da bin ich Neueinsteiger", verrät er. "Nie hätte ich gedacht, dass ich mich für die Stadtratswahl aufstellen lassen würde!", erklärt er lachend. Vor August 2013 war er in keiner politischen Gruppierung zu finden. Aber er war bei der Neugründung der JU in Höchstadt im Januar 2015 dann dabei.

Nach der Anfrage von Schwägerl hatte erst abgesagt, "obwohl mich die Kandidatur gereizt hat". Doch ein paar Tage später sagte er dann doch zu. Aber als damals 23-jähriger Student hatte er eigentlich eh nicht erwartet, in den Stadtrat gewählt zu werden. Seit August 2013 besuchte er bereits jede Fraktionssitzung der CSU und auch mehrere Stadtratssitzungen. Als er dann ab Mai als jüngstes Mitglied seiner Partei im Stadtrat saß, wurde er von den meisten Kollegen recht gut aufgenommen. Allerdings fühlte er sich von dem ein oder anderen (leider) aufgrund des Alters und der ersten Amtsperiode noch nicht immer für voll genommen. Bernd sitzt im Verkehrsausschuss und im Rechnungsprüfungsausschusss.

30 bis 35 Stunden pro Monat

Es sei nicht einfach, die anderen Räte von seinen Ideen zu überzeugen, wenn man in der Opposition sitzt, aber es entstehe ein schönes Gefühl, wenn man bei schwierigen Entscheidungen über Fraktionsgrenzen einig werde.
"30 bis 35 Stunden Freizeit pro Monat gehen drauf", rechnet der junge Stadtrat durch. Fußball und Feuerwehr müssen nur ab und zu mal zurückstecken. Aber dies würde ihn nicht abschrecken, den Schritt noch einmal zu wagen. "Ich habe es nicht bereut und würde mir wünschen, dass sich mehr junge Leute für die Kommunalpolitik interessieren!"

Johannes Funke ist 29 Jahre alt und von Beruf Agraringenieur. Er wurde vor zwei Jahren von Jutta Köhler, der Zweiten Bürgermeisterin in Adelsdorf gefragt, ob er eventuell kandidieren würde und hat daraufhin den Schritt gewagt. In seiner Familie werden schon immer Themen aus der Politik diskutiert, aber bis jetzt war noch niemand politisch aktiv. Auch vor seiner Kandidatur war er selbst weder Parteimitglied oder Mitglied in einer Jugendorganisation. Johannes hat sich im Vorfeld sehr viele Gedanken über eine mögliche Kandidatur gemacht. "Dazu habe ich auch einige Gemeinderäte verschiedener anderer Gemeinden befragt, wobei mir wichtig war, zu erfahren, was genau auf mich zukommt, welche Entscheidungen im Rat getroffen werden müssen, wie das Gesprächsklima in den Gremien ist und natürlich auch wie hoch der zeitliche Aufwand sei", erklärt er.
Gleich zu Beginn fand er sich vom gesamten Gremium sehr freundlich aufgenommen. "Mit meinen Fragen kann ich auch heute noch zu jedem kommen und werde geduldig über die Hintergründe und Sachverhalte, welche oft vor meiner Gemeinderatszeit liegen, informiert." Es gab für ihn keine Eingewöhnungszeit. "Von Anfang an fanden Abstimmungen statt, bei denen ich wie jedes andere Gemeinderatsmitglied meine Stimme dazu abgeben musste. Ich finde, es ist einfach ein ständiger Lernprozess."

Johannes Funke ist Mitglied des Bauausschusses. Als Gemeinderat habe man immer die Möglichkeit, Ideen und Meinungen im Gremium einzubringen. Aber diese Ideen müssten natürlich auch die anderen Ratsmitgliedern überzeugen.

Meist geht es um die Sache

Im Rückblick auf das erste Jahr meint er, dass im Gemeinderat Entscheidungen sehr oft parteiunabhängig von den verschiedenen Mitgliedern getroffen werden. "Das zeigt mir, dass es in der Gemeinde meist um die Sache selbst geht und nicht um eine reine Profilierung wie es in der ,großen Politik' oft den Anschein hat." Natürlich gebe es deshalb manchmal dann auch sehr hitzige Diskussionen. "Aber gerade das finde ich sehr positiv für die Meinungsbildung und Entscheidung."

Wie es mit seiner Freizeit aussieht, verrät der junge Gemeinderat noch gerne: "Gemeinderatsitzung, Bauausschusssitzung, Fraktionssitzung einmal pro Monat, die dazugehörige Vorbereitung und Meinungsbildung nehmen schon einige Zeit in Anspruch. Für einen berufstätigen Menschen, der in mehreren Vereinen aktiv ist, ist es nicht ganz einfach, alles unter einen Hut zu bekommen. Da bleibt schon manchmal Privates auf der Strecke", findet er. Aber für den Posaunenchor und seine Adelsdorfer Musikanten findet er schon noch Zeit.

Ob er den Schritt noch einmal wagen würde, kann er nach einem knappen Jahr noch nicht wirklich sagen. "Die Arbeit im Gemeinderat ist auf jeden Fall hoch interessant und macht Spaß!"

Die drei Bürgermeister von Höchstadt, Röttenbach und Adelsdorf empfinden die jungen Gemeinderäte als eine echte Bereicherung. "Es sollten noch mehr junge Leute den Schritt wagen!", so Karsten Fischkal (FW) Bürgermeister von Adelsdorf.