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Freistaat schiebt Stub mit 76 Millionen Euro an


Autor: Nikolas Pelke

Erlangen, Montag, 13. Oktober 2014

Seit einem Vierteljahrhundert redet man sich im Raum Erlangen über eine Straßenbahn die Köpfe heiß. Nun will der Freistaat dafür mehr Geld locker machen. Ob das genügt, ist allerdings weiter unklar.
Finanzminister Söder und Innenminister Herrmann bei der Pressekonferenz Foto: Nikolas Pelke


Spötter behaupten, die Stadt-Umland-Bahn (Stub) hat bei der Geburt einfach den falschen Spitznamen bekommen. "Stub" klingt zu sehr nach Stopp, meinen sie. "Ich finde den Namen auch nicht sexy. Mir gefällt Metropolbahn besser", sagt Finanzminister Markus Söder (CSU). Ohne Ironie kann man sich den jahrelangen Stillstand um die "Stub" tatsächlich kaum erklären.

Vor fast 25 Jahren wurde in Erlangen und dem Landkreis Erlangen-Höchstadt der Traum geboren, Menschen aus dem nahen Umland auf Schienen in die Hugenottenstadt zu transportieren. Ein romantischer Bummelzug sollte alle Verkehrsprobleme der boomenden Stadt auf einen Schlag lösen. Die Stub wurde zum Symbol einer besseren Welt: Pendeln aus dem Umland ja, aber das alles ohne Auto. Aus der schillernden Vision wurde allerdings nichts. Die Blechlawine wuchs direkt proportional zu den steigenden Mietpreisen. Je teurer das Stadtleben, desto länger wurde die Karawane der motorisierten Landeier.

Förderquote: 30 Prozent
Bis die Idee jüngst wieder häufiger aus der Schublade gezaubert wurde, um der täglichen Rushhour zwischen Siemens, Adidas, Puma, Flughafen, Unis und Schaeffler auf Dauer Herr zu werden.




Mehr Geld vom Freistaat versprach nun Markus Söder am Montag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Innenminister Joachim Herrmann (beide CSU) für die geplante Straßenbahn zwischen Herzogenaurach, Erlangen und Nürnberg. "Mit der Aufstockung unserer staatlichen Förderung um weitere zehn Prozent auf dann 30 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten können wir jetzt insgesamt rund 76 Millionen Euro an Fördermittel in Aussicht stellen", verkündeten die Minister.

Was die Minister allerdings so laut nicht sagten: Der Bund bezahlt trotz der erhöhten Förderung aus Bayern mit 60 Prozent den Löwenanteil. Das Problem dabei ist: Der entsprechende Fördertopf aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) ist laut Martin Burkert (SPD) beinahe leer.

Außerdem könne derzeit niemand sagen, ob und wie es mit dem Bundesförderprogramm nach dem Jahr 2019 weitergeht.

"Ich fordere deshalb Markus Söder auf, beim Bundesfinanzminister für die Weiterführung des Gemeindefinanzierungsgesetzes ab 2019 in geeigneter Höhe zu werben. Wenn vom Bund nichts kommt, dann haben wir mit Zitronen gehandelt", sagt der Nürnberger Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Verkehrsausschusses.
Markus Söder spielt freilich den Ball zurück ins Feld der Kommunen. Die müssten die "historische Chance" endlich nutzen, um langfristig den Anschluss nicht zu verlieren. "Viel mehr als 90 Prozent an Förderung geht nicht."

Sache der Kommunen
Jetzt sei die Zeit, die Infrastruktur voranzubringen. Das fränkische Kirchturmdenken müsse endlich aufhören. Schließlich plane man keinen Transrapid, sondern eine Straßenbahn. Gesucht würde keine Wunsch-, sondern eine Vernunftstrasse. In der Gesamtschau würde die gesamte Region von diesem Verkehrsprojekt profitieren, auch wenn jede Kommune nicht über jedes Detail glücklich sein werde. Die Städte und Landkreise seien wirtschaftlich eng verbunden, hinken aber verkehrstechnisch meilenweit hinterher.

Man müsse aufpassen, so Söder weiter, langfristig den Anschluss an München nicht ganz zu verlieren. Die Details, zu denen beispielsweise die Planung der Trasse gehörte, so stellte Innenminister Herrmann klar, sei allein die Sache der Kommunen. Die müssten auch die Bürger bei der Planung mitnehmen. Genau hier könnte das größte Problem liegen.

Auch wenn der Freistaat nun rund 25 Millionen zusätzlich besteuern will, müssen die Kommunen noch einen erheblichen Teil der Kosten selber tragen. Den Eigenanteil der beiden Städte und des Landkreises für Bau und Planung summieren sich nach bisheriger Rechnung auf rund 162 Millionen, rechnete Innenminister Herrmann jetzt vor.

Den Finanzminister ficht das nicht an. Jetzt seien die Kommunen am Zug. In Nürnberg, so Söder, setze man große Hoffnung in das Projekt. In Erlangen und im Landkreis sei man von der Stub dagegen noch nicht gänzlich überzeugt, wunderte sich der Minister. Vielleicht können sie im Raum das Wörtchen "Stub" auch einfach nicht mehr hören.

"Antiquierte Vorschrift"
Es gibt noch einen weiteren Pferdefuß: Straßenbahnen können bislang nur dann gefördert werden, wenn die Schienen nicht auf der Straße verlaufen. Soll die Stadtumlandbahn kommen, müsse diese "antiquierte Vorschrift" gestrichen werden, fordert der Nürnberger Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD). Eine entsprechende Änderung der Förderrichtlinien könnte den Kommunen nochmal knapp 60 Millionen Euro einbringen.

Und dann gibt es da noch die Freien Wähler im Kreistag Erlangen-Höchstadt. Für sie ist die vom Kreistag beschlossene Voraussetzung, nur dann in das Projekt einzusteigen, wenn es 90 Prozent Zuschuss auf die Gesamtkosten gibt, noch lange nicht erfüllt. Überhaupt möchten die Freien Wähler zur Stub die Bürger befragen.