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Freie Wähler sind für eine S-Bahn und gegen den Rathausneubau


Autor: Bernhard Panzer

Herzogenaurach, Dienstag, 04. Februar 2020

Gemeinschaftlich hat, wie betont wird, eine bunt gemischte Kandidatenliste der Freien Wähler ihre Positionen für die Stadtratswahl festgezurrt. In wesentlichen Punkten gehen sie deutlich auf Distanz zum Bürgermeister und zur Gestaltungsmehrheit.
Die Freien Wähler gehen auf Konfrontation mit der Stadtspitze. Im Pressegespräch erläuterten mehrere Kandidaten das Wahlprogramm (von links): Dieter Hahn, Julia Groß, Inge Weiß, Birgit Süß, Manfred Welker, Wolfgang Schoepe und Manfred Horn.  Foto: Bernhard Panzer


Die Freien Wähler, die einst zur Allianz des vor zwölf Jahren neu gewählten Bürgermeisters German Hacker gehörten, entfernen sich immer mehr. In ihrem Programm zur Kommunalwahl geht die Liste in mehreren Punkten deutlich auf Konfrontation. Die "Gutsherrenmanier" des Stadtoberhaupts stößt manch einem der 24 Kandidaten auf.

Es ist eine bunt zusammengestellte Truppe, die sich auf der Liste der Freien Wähler für die Stadtratswahl findet. Die einzelnen Themenbereiche seien mit Experten besetzt, sagt Stadtrat Manfred Welker, der auch als Bürgermeisterkandidat antritt. Er legte im Pressegespräch besonderen Wert auf die Feststellung, dass das Wahlprogramm gemeinsam erarbeitet worden sei, man lege Wert auf das Miteinander. Stadtratskandidat Dieter Hahn formulierte es so: "Wir haben nicht nur einen Bürgermeisterkandidaten, sondern das ganze Kabinett dazu."

In fünf Schwerpunkte sind die Themen gegliedert, und wenigstens in dreien geht man deutlich auf Abstand zum Bürgermeister und seiner SPD, aber auch zu den Grünen. Stichwort Verkehr: Hier befürwortet die Liste anstelle einer Stadt-Umland-Bahn die Reaktivierung der Aurachtalbahn. Und lehnt gleichzeitig die geplante große Ausführung der Südumgehung ab. Stichwort Stadtverwaltung: Was den Neubau des Rathauses angeht, lehnen die Freien Wähler eisern ab. Auch jetzt noch, zu einem fortgeschrittenen Zeitpunkt, halten sie einen Baustopp für möglich. Es gebe genügend Alternativen. Stichwort Innenstadt: Eine größere Fußgängerzone wird abgelehnt, die Stadt brauche Parkplätze.

Manfred Horn ist der Experte für den Bereich Verkehr bei den Freien Wählern von Herzogenaurach. Er widmet sich seit langem der Aurachtalbahn. Bis jetzt habe es noch keine Untersuchung gegeben, ob sie denn eine Chance haben könnte. Deshalb fordert die Liste jetzt eine eigenständige, objektive Bewertung der Trasse als S-Bahn. "Überall werden Bahnstrecken reaktiviert", sagt er. "Nur bei uns ist es ein Tabuthema."

Listenkollege Dieter Hahn kritisiert die Stadt-Umland-Bahn, die als Panoramabahn kreuz und quer außen herum fahren soll und für die Schaeffler-Mitarbeiter rein gar nichts bringe. An der alten Bahnlinie nach Bruck lägen aber, den Siemens-Campus mal einberechnet, 45 000 Arbeitsplätze, ergänzte Peter Schaufler.

Auch sollte die Bahn Vorrang vor der Straße erhalten. Die Südumgehung wolle man jedenfalls nur in Form einer Vacher Spange mittragen. Alles andere wäre Naturvernichtung.

Apropos Natur: Auch der Bereich Umwelt wird im Programm aufgegriffen. Hier würde man sich mehr Geothermie statt Erdgas wünschen und die Idee einer Bürgeranleihe aufgreifen.

Parkplätze sind wichtig

Stichwort Soziales: Hier bringt Karlheinz Schneider als langjähriger VdK-Fachmann und ebenso erfahrener FW-ler sein Wissen ein. Bezahlbare Pflegeplätze, eine erlebbare Innenstadt und mehr Aktionen im Weihersbach zählen ebenso dazu wie die Forderung nach einer Bürgerstiftung. Das ist das Steckenpferd von Manfred Welker, der dazu gern die Seelhausstiftung umwidmen möchte. Auch den Beitritt zur Gewobau Land könne man sich vorstellen, ergänzte Wolfgang Schoepe.

Stichwort Innenstadt: Hier gibt es deutliche Kritik an der Stadt. In den vergangenen zwölf Jahren habe sich da nichts verbessert, sagte Birgit Süß. "Die Politiker haben die Stadt doch erst zur leeren Zone werden lassen." Die Geschäftsfrau kommt gemeinsam mit Inge Weiß aus der Stadtmitte und lehnt eine erweiterte Fußgängerzone ab, wie sie von den Grünen gefordert wird. Stattdessen brauche man Parkplätze, im Zentrum ebenso wie auf Parkdecks am Rand, ergänzte Manfred Welker.

Die unzähligen sinnlosen Fahrradständer brauche niemand, stellte Dieter Hahn fest, ebenso wenig die vom Design her längst überholten Blumenkästen in der Hauptstraße, wie Inge Weiß ergänzte. Stattdessen müsse es Stellplätze für Autos geben, am besten schräg angeordnet, verbunden mit einer Einbahnregelung. Und noch etwas wurmt die Freien Wähler: Für die Jugend werde viel zu wenig getan. "Es ist langweilig in der Innenstadt", behauptet die Studentin Julia Groß. Manches habe man fünfmal, wie Brillen oder Hörgeräte. Anderes fehle aber komplett. Vor allem wünscht sich die junge Frau ein "schönes Café".

Und dann ist da ja noch das größte Projekt der Stadt, der Rathausneubau. Die Freien Wähler haben da eine eindeutige Position: "Die Baumaßnahmen einstellen und sinnvolle Alternativen prüfen", lautet die Forderung. Auch jetzt noch, obwohl die Maßnahme schon fortgeschritten ist, könne man den Bau stoppen. "Das Loch", wie es der Niederndorfer Peter Schaufler bezeichnete, könnte man doch immer noch sinnvoll nutzen. Es würde doch ein Keller genügen, und "Deckel drüber".

Was etwas abenteuerlich klingen mag, wird mit konkreten Vorschlägen unterfüttert. So könnte man, was Abteilungen des Rathauses angeht, doch das Areal des Vereinshauses nützen und bebauen. Jedenfalls sollten bei solchen größeren Vorhaben die Bürger einbezogen werden. Zurzeit sei es so, dass der Bürgermeister allein herrschend entscheiden könne, weil die genannte Gestaltungsmehrheit "wie ein Betonblock abstimmt", wie Manfred Horn feststellte. Er würde sich im Stadtrat "mal wieder eine andere politische Kultur" wünschen und "offen und ohne Tabus reden".