Flüchtlinge: Zwischenstopp im Landratsamt Höchstadt
Autor: Sarah Seewald
, Donnerstag, 01. Oktober 2015
Mit ihrem Gepäck warteten im Sitzungssaal im Landratsamt am Donnerstag 20 Flüchtlinge darauf, in ein neues Zuhause im Landkreis gebracht zu werden. Pro Woche könnten im Raum Erlangen-Höchstadt je 50 neue Asylbewerber verteilt werden.
Während die Mitarbeiter vom Sozialamt mit Zetteln und Listen herumlaufen, sitzt ein kleines Mädchen unbeeindruckt von all dem Trubel in ihrer lila-karierten Jacke am Tisch und malt.
Ihre Füße baumeln ruhig hin und her. Der Mann neben ihr wirkt unruhiger, seine Füße hippelig. Auf und ab. Mal nur das linke Bein, dann wieder beide. Er ist mit dem kleinen Mädchen verwandt, vermutlich sogar ihr Vater. Der große Bruder sitzt gegenüber, daneben noch eine Tochter und dort eine Frau - wahrscheinlich die Mutter.
Sechs Finger zeigt der Mann im weißen Pullover dem Mitarbeiter immer wieder, der ihn ein Formular unterschreiben lässt. Der Flüchtling will wissen, dass seine Familie zusammen bleiben kann - zu sechst. So viel verrät zumindest der Blickkontakt und seine Zeichensprache.
Jede Woche 50 Personen
Denn keiner der 14 Flüchtlinge konnte Englisch sprechen. Mit Infozetteln, die auch in arabisch verfasst sind, und Bekannten, die übers Handy Übersetzungshilfen leisteten, ging es am Donnerstag aber voran.
Geflohen sind die Familien entweder aus dem Irak, aus Syrien oder aus der Ukraine. Aus Zirndorf beziehungsweise aus der Kaserne in Roth führte ihr Weg jetzt ins Aischtal.
Vom Landratsamt aus wurden sie in ihre neuen Unterkünfte gebracht. Zwei Familien wohnen künftig in Herzogenaurach, die dritte Familie konnte das Landratsamt in Weisendorf dezentral unterbringen. Dezentral bedeutet, dass die Familien in privaten Wohnungen oder Häusern untergebracht sind.
Sitzungssaal wird umfunktioniert
Im Laufe des Tages kamen nach Auskünften des Amtes noch sechs weitere Asylbewerber an. "Wir sind mit Prognosen sehr vorsichtig geworden", sagt Hannah Reuter, Sprecherin des Landratsamtes: "Das, was uns gesagt wurde, ist, dass generell 50 Flüchtlinge pro Woche ankommen könnten." Deshalb sei das Landratsamt immer noch händeringend auf der Suche nach weiteren Unterbringungen, dringend, betont Reuter.
Für die Dauer des Asylverfahrens werden die 20 Flüchtlinge jetzt wohl in ihren neu zugewiesenen Unterkünften bleiben können: "That's your new address", wird dem Familienvater erklärt. Solche Gespräche wird es in den nächsten Wochen im Sitzungssaal voraussichtlich immer wieder zu beobachten geben.
Neben dem Büro des Landrates im ersten Stock werden von nun an Woche für Woche Flüchtlinge auf die Fahrer warten, die sie mit ihrem Gepäck in die jeweiligen Unterkünfte bringen können. Dann geht es für die Flüchtlinge weiter auf ihrer unbestimmten Reise.
Das Mädchen legt ihren Malstift weg, schnappt sich ihr kleines Puppenbett mit Puppe - und was sie noch so tragen kann - und folgt ihren Eltern.