Flüchtlinge nehmen ihre neue Heimat in den Fokus
Autor: Johanna Blum
Höchstadt a. d. Aisch, Sonntag, 14. Februar 2016
Flüchtlinge werden in Höchstadt zu Gästeführern für ihre Landsleute ausgebildet. Initiatoren fordern zur Nachahmung im Landkreis auf.
Mit dem Song "Amen" von Kid Rock, der von Armut, Krieg, Beziehungen zwischen den Rassen und mehr erzählt, begrüßte die Band Trouble X unter Leitung von Wolfgang Köberlein musikalisch die vielen Anwesenden aus Syrien, Äthiopien und dem Irak, sowie die frisch ausgebildeten Gästeführer, die zur Premiere der "FREItagsführungen" ins Kommunbrauhaus gekommen waren. "Meine Heimat - Deine Heimat" in Höchstadt lautet das Motto der Führungen. Schirmherr der ersten war Bürgermeister Gerald Brehm (JL).
Citymanagerin Sandra Hammer freute sich, dass so viele Gäste der Einladung gefolgt waren und gratulierte noch einmal allen neuen Gästeführern. Der Name "FREItagsführungen" wurde nicht von ungefähr gewählt. "Freitag" habe hier eine doppelte Bedeutung: im Tagesnamen stehe das Wort "frei" und das sei das Symbol für Freiheit.
"Mit diesen Führungen wollen wir zeigen, dass alle bei uns willkommen sind und dass wir ihnen statt Ablehnung und Vorurteilen Respekt und Unterstützung entgegen bringen. Dass sie akzeptiert und integriert werden", sagte Hammer. Dies sei ein Pilotprojekt und suche Nachahmer. "Traut euch in der Region, im Landkreis und in ganz Deutschland, auch so etwas zu starten", ermutigte sie die Zaungäste aus Herzogenaurach.
Gegenseitiger Respekt
Die deutschen Lehrgangsteilnehmer seien im Laufe der Zeit mit den teilnehmenden Asylbewerbern zusammengewachsen, kamen einander näher und lernten, sich gegenseitig zu respektieren, sagte Hammer.Heinz Schuster aus Nürnberg erzählte noch etwas über die Grundidee des Projektes und wie es in Nürnberg läuft. "Heute sind aber die Gästeführer im Mittelpunkt und wir setzen ein Zeichen gegen Rassismus und Fremdenhass, indem wir diese kostenlosen FREItagsführungen anbieten."
Die neuen arabisch sprechenden Gästeführer Shadi Assad (Syrien), Hussam Abdulkareem und Bashar Hatim Ali (Irak) stellten sich kurz in ihrer Muttersprache und in Englisch vor. Sie werden nun jeden ersten Freitag im Monat allen Flüchtlingen und Asylbewerbern, die aus den unterschiedlichsten Gründen ihre Heimat verlassen mussten, eine kostenlose Stadtführung anbieten.
Anschließend übernahm jeder der drei Gästeführer eine Gruppe und los ging es. Shadi Assad führte die syrischen Gäste in arabischer Sprache. Interessiert folgten sie Shadi, der sie vom Kommunbrauhaus zum Postamt, dem Brunnen auf dem Marktplatz, zum Schloss, auf die alte steinerne Brücke mit dem Neptun, zum Stadtturm und zur Georgskirche geleitete. Shadi war bereits in seiner Heimat Gästeführer und das merkte man ihm an. Äußerst versiert erklärte er alles und die Gäste lauschten gebannt seinen Erzählungen.
Ebrahim Alghrawy bestaunte die Reste der Höchstadter Stadtmauer. "Bei uns in Syrien gibt es auch Stadtmauern, die sind aber drei Mal so dick", wusste er zu berichten. Vom Heiligen Georg mit dem Drachen über dem Hauptportal der Kirche erfuhren die Gäste. "Der Drachen ist das Symbol für den Teufel", erklärte Shadi. Auch in Syrien gäbe es viele Heilige, wie z.B. die Heilige Barbara und den Heiligen Georg. Das weiß der Gästeführer, weil er in Syrien eine christliche Schule besucht hat.
"Die Führung hat sich gelohnt", schwärmt am Ende Maha Almustafa aus Adelsdorf. "Ich habe viel erfahren", fährt sie fort, "schade, dass es so etwas noch nicht in Adelsdorf gibt."
Die nächsten FREItagsführungen sind am 4. März, 1. April, 6. Mai und das ganze Jahr 2016 an jedem ersten Freitag im Monat um jeweils 16 Uhr. Weitere Termine sind möglich.