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Flüchtlinge bekommen ein Fahrradtraining


Autor: Evi Seeger

Pommersfelden, Freitag, 18. März 2016

Bei einem Training im Schulhof lernten die in Pommersfelden lebenden Flüchtlinge, dass in Deutschland andere Verkehrsregeln als in Syrien gelten.
Beim Abbiegen immer Zeichen geben, scheint Ernst-Johann Sirch (r.) zu erklären. Foto: Evi Seeger


Ernst-Johann Sirch streckt den linken Arm weit von sich und fährt in die Kurve. Das Zeichen ist eindeutig - auch für Abdullah, Mohamad und Rosh. "Du musst nach rückwärts schauen, bevor du abbiegst", sagt Irene Beck zu einem der jungen Männer. Als der sie nur verständnislos anschaut, fasst sie ihn am Kopf und dreht ihn vorsichtig nach hinten. Es ist ein Fahrradtraining der besonderen Art, aber es funktioniert.
Auf dem weiträumigen Hof der Schule in Pommersfelden übt der Helferkreis mit den Asylbewerbern Radfahren. Vor allem, um zu testen, was sie bereits können und wie sicher sie sind. Denn Radfahren hierzulande ist nicht zu vergleichen mit Radfahren beispielsweise in Syrien. Dort sind die meisten der in Pommersfelden lebenden Flüchtlinge zu Hause.


Gesten gelten weltweit

Drei Personen "on a bicycle", sagt einer der jungen Männer lachend.
Mit der weltweit verstandenen Bewegung des Aneinaderreibens von Daumen und Zeigefinger macht Irene Beck deutlich: "Das kostet hier jede Menge Money!" Die Burschen lachen und mit ihnen auch ihre Betreuer, die sich um den Integrationsbeauftragten Sirch scharen. Ernst-Johann Sirch hat für sich übrigens ein eigenes Zeichen gefunden, um seine Schützlinge zusammenzurufen: Er pfeift kräftig zwischen den Fingern.


Ausleihe gegen Pfand

35 Asylsuchende, die meisten von ihnen Kurden aus Syrien und dem Irak, leben derzeit in Pommersfelden und werden von dem sehr aktiven Helferkreis betreut. Mehr als 20 Fahrräder wurden aus der Bevölkerung gespendet. Günter Kirsch aus Höchstadt bringt die Räder auf Vordermann. Ehrenamtlich, versteht sich. "Wir können ja nichts herausgeben, was nicht hundertprozentig verkehrssicher ist", sagt Irene Beck. Beim Training kommen zudem die schuleigenen Räder zum Einsatz.
Wenn sie ein Fahrrad bekommen, müssen die Flüchtlinge übrigens ein Pfand hinterlegen. Damit soll sicher gestellt werden, dass das Rad auch wieder in einem ordentlichen Zustand zurückkommt.
Die Theorie der Verkehrsregeln und -zeichen habe man den Flüchtlingen bereits vermittelt, erzählen Sigrid Behnke-Dewath und Gunter Kirsch vom Helferkreis. Dafür gebe es sogar Unterrichtsmaterial auf Arabisch. Koordinator Sirch hat von seinem ARCD (Auto- und Reiseclub Deutschland) noch orangefarbene Warnwesten besorgt. Die Fahrradsaison kann jetzt auch in Pommersfelden beginnen. Übrigens schauten sich auch zwei junge Frauen beim Training um. Um aufs Fahrrad zu steigen, fühlten sie sich aber offensichtlich noch nicht sicher genug.