Druckartikel: Figur-Test beunruhigt Lehrer im Landkreis nicht

Figur-Test beunruhigt Lehrer im Landkreis nicht


Autor: Petra Malbrich

, Freitag, 08. Januar 2016

In der Januar-Ausgabe der Zeitschrift "medizini" können junge Leser ihre Körpermaße bewerten. Pädagogen im Landkreis befürchten allerdings nicht, dass die Ergebnisse zu mehr magersüchtigen Mädchen führen.
Mädchen im Teenager-Alter, die mit dem Figur-Test angesprochen werden sollen, gehören üblicherweise gar nicht mehr zur Leserschaft des Heftchens "medizini". Foto: Matthias Hoch


Noch liegt die Zeitschrift "medizini" bei den Apotheken im Landkreis aus. Und das, obwohl die Januar-Ausgabe des Hefts deutschlandweit für Aufregung gesorgt hat, weil darin junge Leser ihre Körpermaße bewerten können. Der Test soll eigentlich vor einer Magersucht bewahren, das Gegenteil könne bewirkt werden, ist der Tenor.
"Wir werden das mit unserer Chefin besprechen", sagt Edeltraud Neumann von der Stadt-Apotheke in Baiersdorf. "Es ist an kleine Mädchen gerichtet, die ohnehin verunsichert sind, wenn es um ihr Gewicht geht. Mädchen mit normalem Gewicht könnten denken, sie sehen nicht gut aus", empört sich Neumann, die selbst Mutter ist.
Sie findet die Fragestellungen unangebracht. "Alle in deiner Klasse tragen superenge Hosen. Bei dir sitzen sie viel zu knapp und sehen nicht gut aus. Was tust du?", heißt eine Frage in dem Test.

Mögliche Antworten sind: "Egal, ich zwänge mich in die Hose hinein", "Der Schnitt passt nicht zu meiner Figur", "Blöd, aber nicht weiter wichtig" oder "Ich bin viel zu dick! Ich mache eine Diät, bis die Hosen an mir gut aussehen". Daneben ist ein Kind zu sehen, das sich kritisch im Spiegel betrachtet.
Was tun Kinder, wenn sie sich verunsichert fühlen? Sie sprechen mit Gleichaltrigen darüber, und das kann zum Lauffeuer werden. Und damit zu unnötigen und schädlichen Diäten führen. Als Tipp wird aber schon genannt, man solle nicht zu streng mit sich selbst sein, da andere nicht nur die Figur sehen würden. Oder für die Mädchen und Jungen, die "egal" antworteten, lautet der Tipp, trotzdem auf die Figur zu achten, damit man nicht zu dick werde, ohne es zu bemerken.


Falsche Reaktionen sind möglich

Junge Leute im Alter von zwölf Jahren, vor allem Mädchen, an die der Test altersgemäß gerichtet sei, lesen "medizini" nicht. Die Altersgruppe für dieses Heftchen endet meist mit neun Jahren. "Ob Achtjährige das verstehen?", fragt Edeltraud Neumann, deren Sorge es ist, dass die Mädchen Test und Auswertung in den falschen Hals bekommen könnten.
Denn wie junge Menschen reagieren, hänge nicht alleine von den Eltern ab, sondern auch vom Freundeskreis. Sind diese derselben Meinung, wird begonnen mit den Diäten und dem Kalorienzählen und im Internet nach wenig hilfreichen Methoden zu suchen, wie man Gewicht schnell reduzieren könne. "Übergewichtige gehören zum Arzt", sagt die Apothekerin. Denn es gehe um eine Verhaltensänderung und wie man das Kind dazu bringe, sich anders zu ernähren.
Die meisten Apotheker sehen in dem Test allerdings keinen Grund, "medizini" zu boykottieren. Wegen eines Artikels, der einem nicht zusagt, würde man auch nicht eine ganze Zeitung boykottieren, ist die durchschnittliche Meinung. Eine Gefahr, dass junge Leute nach dem Test magersüchtig werden, erkennt Rainer Reck von der Kapuziner-Apotheke in Höchstadt nicht. Aber er betont, dass natürlich jeder auf sein Gewicht achten und Sport treiben sollte.
Das wird in den Schulen ohnehin gemacht, ob im Sportunterricht oder im Fach Hauswirtschaft. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich ein Test negativ auswirkt", meint Michael Ulbrich, Rektor der Ritter-von-Spix-Schule in Höchstadt. Nicht nur die jungen Leute seien heute figur- und sportbewusster als noch vor zehn Jahren. Dieses Bewusstsein werde auch im Unterricht gefördert. Alles mit Maß und Ziel jedoch. "Eine Achtsamkeit auf den eigenen Körper ist etwas anderes als Magersucht", betont der Pädagoge. Die Ursachen für krankhafte Essstörungen würden in anderen Bereichen liegen.
"Ich und mein Körper" lautet deshalb auch ein Projekt zum Thema Gesundheit und Körperbewusstsein der Herzogenauracher Grundschule. Deren Rektor Markus Hahn erläutert, dass die Einzigartigkeit des Menschen damit herausgestellt und das als normal betrachtet werden soll. Nicht nur unterschiedliche Hautfarben oder Religion. Es gebe auch Brillenträger, Kinder mit unterschiedlich langen Beinen oder mit einer Zahnspange im Mund.
"Der Stellenwert des Aussehens nimmt zu", sagt Hahn, denn in der vierten Klasse beginnen sich die Mädchen zu schminken und hinterfragen auch, wie sie auf andere wirken. "Dass die Kinder die Figur in den Mittelpunkt stellen, habe ich hier in der Grundschule noch nicht erlebt", sagt der Schulrektor, der solche Tests noch aus seiner Jugendzeit kennt. Es sei eher eine Motivation für die Kinder, den Test zu machen. Die Aussagekraft erachtet er als gering. Seine sechsjährige Tochter hat das "medizini". "Es ist mir egal", meinte sie als Antwort auf die Frage in dem Heft, dessen Anziehungskraft eher in den Informationen zu Tieren und den Postern besteht.