Druckartikel: Felsiger Grund: Rotstift an der Fassade?

Felsiger Grund: Rotstift an der Fassade?


Autor: Andreas Dorsch

, Freitag, 04. April 2014

Die Mehrkosten für die Baugrube sollen aufgefangen werden. Die Kreisräte von Erlangen-Höchstadt debattierten drei Stunden über Zusatzausstattungen für das neue Landratsamt.
Eingerahmt von der Nägelsbach- und der Güterbahnhofstraße im Herzen Erlangens liegt das 6000 Quadratmeter große Grundstück für das neue Landratsamt. Foto: Andreas Dorsch


Das neue Landratsamt wird auf Fels gebaut. Weil das wesentlich teurer kommt als geplant und mit einem solchen Untergrund nicht kalkuliert worden war, muss an anderer Stelle eingespart werden, um im genehmigten Kostenrahmen von 36,9 Millionen Euro zu bleiben. "Wir können die Kosten einhalten, wenn wir bei der Fassade eine andere Lösung wählen", erklärte am Freitag Architekt Andreas Marth in der Sitzung des Kreistags.

Der Vertreter des Wiener Architekturbüros "Alles wird gut", das den Planungsauftrag für das neue Landratsamt bekommen hatte, machte den Kreisräten aber auch unmissverständlich klar, dass ihm eine einfachere Fassade "richtig weh" täte.

Andreas Marth treibt die Sorge, "dass dann das benachbarte Parkhaus der Arcaden höherwertiger wirken würde als das neue Landratsamt".

Landratsamt sollte Gesicht haben

Wegen des sehr schlechten Baugrunds - immerhin müssen zwei Tiefgaragengeschosse im Boden versenkt werden - sei die Baugrube nur mit einer Bohrpfahlwand zu realisieren, erklärte Marth. Allein dafür fallen 300 000 Euro zusätzlich an.

Der Architekt kann sich überhaupt nicht damit anfreunden, an der Fassade zu sparen. Das Landratsamt sei ein öffentliches Gebäude und ein solches sollte auch ein Gesicht haben, ist die Meinung des Österreichers. "Wir stecken viel Geld in die Erde und das müssen wir oben wegnehmen."

Statt der besonders dekorativen Lamellen-Fassade könnte das Gebäude eine einfache Bandfassade mit Fensterbändern bekommen. Dadurch könnten 1,88 Millionen Euro gespart werden. Für ein Standard-Bürogebäude sei eine solch einfache Fassade in Ordnung, aber nicht für ein öffentliches Gebäude, findet Architekt Marth.

Gute drei Stunden lang befasste sich der Kreistag mit den Plänen für das neue Landratsamt. Die Räte bekamen eine Fülle an Informationen und hatten ausgiebig Gelegenheit, Fragen zu stellen und zu diskutieren. Davon machten sie auch rege Gebrauch. Beschlüsse wurden aber noch keine gefasst.

Mit einer 103-seitigen Präsentation machten ihnen neben Architekt Marth auch Haustechnik-Planer Ludwig Baumer, Elektrotechnik-Planer Markus Preller und Landschaftsplanerin Elisabeth Lesche deutlich, dass die 36,9-Millionen-Euro-Version nur die Standard-Variante sei.

Auf fünf oberirdischen Geschossen wird eine Hauptnutzfläche von 8653 Quadratmetern untergebracht und Raum für 322 Arbeitsplätze geschaffen. Dazu kommen 220 Kfz-Stellplätze in der zweigeschossigen Tiefgarage.
Standard-Variante bedeutet, dass im Eingangsbereich, im Atrium, in den Sitzungs- und Büroräumen auf kostengünstigste Lösungen geachtet wurde. Beispielsweise könnte man aber auch im Atrium die massiven Brüstungen durch transparente Ausführungen ersetzen - die Mehrkosten dafür würden 250 000 Euro betragen. Statt dem Standard-Bodenbelag im Foyer könnte auch Bituterrazzo (56 000 Euro Mehrkosten) oder Granit (80 000 Euro mehr) verlegt werden.

Statt der kalkulierten konventionellen Leuchtmittel könnten die Büros mit LED-Leuchten ausgestattet werden, was 62 900 Euro mehr kosten würde. Der Aufpreis für eine spezielle Akzentbeleuchtung für Foyer und Sitzungssaal würde mit 111 000 Euro zu Buche schlagen. Im Sitzungssaal ist als Standard ein Mikrofon für zwei Personen vorgesehen. Sollte jeder Kreisrat eines bekommen, würde das 24 000 Euro mehr kosten.

Die Liste der möglichen Zusatzausstattungen für das neue Landratsamtsgebäude ist lang. FDP-Sprecherin Elke Weis verglich das Prozedere mit einem Autokauf. Sie forderte, wegen der Mehrkosten im Baugrund nicht die Fassade dran glauben zu lassen.

Eine Sparmöglichkeit sähe der Architekt darin, wenn auf das eventuell für eine Erweiterung angedachte Staffelgeschoss verzichtet und statt dessen die einzelnen "Finger" des Gebäudekomplexes etwas verlängert würden. Damit könnte man ebenfalls über 300 Quadratmeter Bürofläche dazugewinnen und die Mehrkosten für die schmuckere Fassade wieder hereinbekommen.

German Hacker (SPD) bestand auf hundert überdachten Fahrradabstellplätzen. Landrat Eberhard Irlinger (SPD) möchte aber nicht, "dass jeder Erlanger bei uns sein Fahrrad abstellt". Der Architekt versicherte, dass in der Tiefgarage genügend Platz für die Fahrräder sei.

Jetzt soll die komplette Vorplanung in den einzelnen Fraktionen beraten und in der letzten Sitzung des alten Kreistags am 30. April beschlossen werden. Hier erhob Hans Mitschke (FW) Einspruch. Seine Fraktion werde eine Vertagung beantragen, kündigte Mitschke an. Der neue Landrat und die neuen Kreisräte sollten eingebunden werden. Irlinger drängt allerdings darauf, nach jahrelangen Diskussionen Entscheidungen zu treffen.
Der künftige Landrat Alexander Tritthart (CSU) musste sich noch mit der Rolle des aufmerksamen Zuhörers begnügen.