Es wird eng bei den freien Pflegeplätzen
Autor: Andreas Dorsch
Höchstadt a. d. Aisch, Mittwoch, 11. Oktober 2017
Viele pflegebedürftige alte Menschen müssen auf einen Platz im Heim warten. Die Nachfrage übersteigt auch im Kreis Erlangen-Höchstadt das Angebot.
Wer pflegebedürftige Angehörige hat und einen Platz in einem Pflegeheim sucht, tut sich derzeit sehr schwer, einen solchen zu finden. Mit dem BRK-Heim in Etzelskirchen und dem Vitanas-Seniorenzentrum St. Anna in der Innenstadt gibt es in Höchstadt die zwei mit je knapp 160 Betten größten Einrichtungen im Landkreis Erlangen-Höchstadt. Beide Häuser sind voll belegt und führen Wartelisten.
"Wir könnten anbauen", sagt Vitanas-Chefin Johanna Auerbeck. Sie bekommt täglich Nachfragen nach Pflegeplätzen aus ganz Nordbayern. Von "verzweifelt suchenden Angehörigen" berichtet auch Jan Pyschny, Leiter der BRK-Einrichtung in Etzelskirchen. Er hat auch Anfragen aus dem Raum Herzogenaurach und dem östlichen Landkreis.
Nicht zutreffend sind in der Bevölkerung kursierende Gerüchte, in den Höchstadter Senioreneinrichtungen könnten Zimmer nicht belegt werden, weil es an Betreuungspersonal mangelt. "Wir sind noch in der glücklichen Lage, den Pflegestellenschlüssel erfüllen zu können", sagt Pyschny. Das kann auch seine Kollegin Auerbeck in St. Anna und profitiert dabei von "Glücksfällen", die ihr Fachpersonal ins Haus bringen.
Der Markt ist zu
Trotzdem suchen beide Einrichtungen auf ihren Internetseiten ständig nach Personal. "Der Markt für Fachkräfte ist zu", so Pyschny. Auf die Anzeigen bekommt er nur ein bis zwei Bewerbungen im Jahr. Nicht anders ist es bei Johanna Auerbeck. Weil auf dem freien Arbeitsmarkt nichts zu bekommen ist, setzen beide Häuser auf die eigene Ausbildung. Von den aktuell zwölf Altenpflege-Azubis im BRK-Heim und den acht in St. Anna braucht sich niemand Sorgen zu machen, später nicht übernommen zu werden. Etwas besser ist die Situation bei den Hilfskräften. Auf diese Stellen gibt es immer wieder Bewerbungen. Auerbeck: "Die Helfer-Landschaft ist noch gut bestückt."
Eine Veränderung des Pflegeschlüssels soll seit Januar in Bayern zu einer besseren Betreuung der Bewohner führen. Im BRK-Heim in Etzelskirchen konnten dadurch zwei Vollzeitstellen mehr geschaffen werden. Ist sein Haus voll, braucht Pyschny alle Planstellen besetzt. Wären im Haus zwei bis drei Vollzeitstellen vakant, müsste es die Belegung reduzieren.
Nicht jedermanns Sache
Warum gibt es zu wenig ausgebildete Altenpfleger? Der BRK-Heimleiter sieht hier verschiedene Gründe. So sei es nicht jedermanns Sache, sich in der Intimsphäre anderer Menschen zu bewegen. Auch müsse man damit umgehen können, Menschen auf ihrem letzten Lebensabschnitt zu begleiten. Das kann beispielsweise Nicole Stegmeyer seit 27 Jahren. Für die Pflegedienstleiterin ist der Beruf "das Beste, was mir jemals passieren konnte - die Erfüllung meines Lebens." Die Etzelskirchener Wohnbereichsleiterin Christina Heinstein folgte vor 15 Jahren ihrer Mutter, die auch schon Altenpflegerin war, und hat die Berufswahl ebenfalls nicht bereut: "Ich wollte immer was mit Menschen machen."
BRK-Heimleiter Jan Pyschny kann die momentane Fluktuation seines Fachpersonals durch die eigenen Auszubildenden noch ausgleichen. Seine gesamte Branche sieht er aber in den nächsten Jahren vor einer großen Herausforderung, weil immer mehr Pflegeplätze nachgefragt werden. Die Klientel ändere sich. Stationär gebe es in der Seniorenbetreuung bald nur noch Pflegeeinrichtungen, die Bewohner sind über 80 und immer pflegebedürftiger. Pyschny fordert alle Beteiligten auf, sich an einen Tisch zu setzen und Reformen zu überlegen. Der Beruf des Altenpflegers müsse attraktiver werden - und dann sind da die Kosten. "Wer kann es sich noch leisten?", fragt er.