"Es ist nicht wie im Film": So laufen Notarzt-Einsätze wirklich ab
Autor: Karina Brock
Höchstadt a. d. Aisch, Mittwoch, 17. Juli 2019
Wer hat mehr Verantwortung als ein Notarzt im Einsatz? Manchmal geht es dabei um Leben und Tod. Aber auch Patienten haben eine Verantwortung.
Wie im Fernsehen dürfe man sich das nicht vorstellen, betont Julian Zeilner. Aber spannend und interessant sei dieser Aspekt seines Berufes allemal.
Zeilner ist Facharzt für Allgemeinmedizin und als Leiter der Zentralen Notaufnahme am Kreiskrankenhaus St. Anna in Höchstadt angestellt. Außerdem ist er Notarzt. Zweimal pro Woche hat er Notarztdienst, neben seinen Aufgaben in der Klinik. Die müssen bei einem Einsatz dann eben mal liegen bleiben. "Man holt natürlich keinen Chirurgen oder Anästhesisten aus einer Operation", meint er schmunzelnd. Aber eine Visite könne auch verschoben werden, wenn der Piepser geht.
Keine Zeit verlieren
Und dann heißt es schnell sein. "Man weiß ja nie so genau, mit was man es zu tun hat." Die Leitstelle würde im Zweifel immer vom Schlimmsten ausgehen, beispielsweise bei der Angabe "nicht mehr ansprechbar" von einem Herzinfarkt oder Schlaganfall. "Auch wenn sich das am Ende nicht immer bewahrheitet, will man ja im Fall der Fälle nicht zu spät kommen", so der Arzt.
Zeilner fährt seit Sommer 2018 Notarztdienste in Höchstadt. Zuvor hat er mehrere Stationen in Praxen und anderen Krankenhäusern absolviert, war in der Unfallchirurgie und Inneren Medizin tätig und hat natürlich seine Notarztausbildung gemacht. Außerdem ist er diplomierter Alpinmediziner. All das und sein technisches Interesse, wie er betont, befähigt ihn zum Notarzt.
Widrige Umstände
"Allgemeinmedizin und Notarztdienst haben viel gemeinsam", erklärt der 38-Jährige. Immer habe man es mit einem "unausgelesenen Patientenkollektiv" zu tun. Auf Deutsch: Es kommt alles mögliche an Krankheitsbildern auf einen zu, ohne "Vorsortierung". Mit der Alpinmedizin hätten die Einsätze in Sachen widriger Umstände große Ähnlichkeit. Man arbeitet nicht in einem ordentlichen Raum oder an einem sauberen OP-Tisch. "Das Umfeld kann eine Privatwohnung sein oder die Straße. Es kann kalt, nass, dunkel sein." Das erfordere ein hohes Maß an Flexibilität und Kreativität.
Keine Zeit für Emotionen
Trotz, oder besser gesagt wegen all dieser Umstände arbeitet Zeilner gerne als Notarzt. "Das macht es interessant und spannend." Adjektive, die ein Laie nicht unbedingt gleich mit Unfällen, Verletzungen oder lebensbedrohlichen Krankheiten verbindet. Beängstigend oder belastend würde einem da vielleicht eher einfallen. "Da hilft uns die professionelle Distanz", erläutert der 38-Jährige. "Der Patient hat ein Problem. Ich bin dazu ausgebildet, dieses Problem zu lösen." Man habe im Einsatz überhaupt keine Zeit, über die emotionale Dimension nachzudenken. Das komme, wenn überhaupt, erst hinterher. Als traumatisch werde schließlich oft die Hilflosigkeit einer Situation gegenüber empfunden. "Ich bin ja aber nicht hilflos. Ich bin qualifiziert, zu helfen."
Belastend sei eher der Stress, wenn eine Sachlage unübersichtlich sei, wie bei den meisten Unfällen. Hier habe man oft nicht nur einen Patienten, sondern mehrere Verletzte. Dabei komme eine der größten Verantwortungen des Notarztes ins Spiel: "Wir müssen die einzelnen Fälle bewerten." Sprich: Wer muss zuerst behandelt werden? Wer hat nur leichtere Blessuren?