Erste Hilfe gegen Armut

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Hanno, Matthias Ewelt und Joyce Holzheimer vor der Bahnhofsmission in ErlangenPetra Malbrich
Hanno, Matthias Ewelt und Joyce Holzheimer vor der Bahnhofsmission in ErlangenPetra Malbrich

Waren früher viele Alkohol- und Drogenabhängige zu Gast in der Bahnhofsmission, sind es nun viele ältere Leute mit kleinen Renten und Alleinerziehende.

Hanno war ganz unten. Der klassische Weg von der Krankheit in die Arbeitslosigkeit führte ihn dorthin. Am Schluss blieb zu viel Monat übrig, um sich Essen kaufen zu können. "Es war ein richtiger Abstieg", sagt Hanno. Aber es waren vor allem die Sozialkontakte, die ihm fehlten. Gespräche mit anderen Menschen, die er während seiner Arbeit als Krankenpfleger immer hatte. Schließlich führte ihn sein Schicksal zur Bahnhofsmission.

"Hier gibt es immer eine Suppe, einen Kaffee oder ein Stück Kuchen", sagt Joyce Holzheimer. Die 65-Jährige arbeitete 23 Jahre lang in der Bahnhofsmission, mehr als zehn Jahre als deren Leiterin. Am 19. Dezember ist ihr letzter Arbeitstag. "Es hat sich viel geändert hier in den letzten Jahren", findet Joyce Holzhammer. Der Putz ist von den Wänden gefallen. Es habe richtig dreckig ausgesehen. Doch es wurde viel aufgebaut. "Diese Leute haben das im Herzen", sagt Holzheimer über die Diakonie, die diese Bahnhofsmission leitet.

Im Herzen hat das auch Joyce Holzheimer. Als sie damals von Kanada nach Deutschland kam, wollte sie sich einbringen, helfen und das Gute, das sie in ihrem Leben erhalten hatte zurück geben. Holzheimer landete ebenfalls bei der Bahnhofsmission. Damals hatte sie kaum Deutsch gesprochen. Im Herzen hat auch Hanno das Bedürfnis zu helfen, als er den ersten Kontakt zur Bahnhofsmission suchte. "Ich dachte, hierher kommen Menschen, die dasselbe erlebt haben wie ich selbst", sagt Hanno.


"Hier wird man auch als Mensch anerkannt"

Solche Menschen traf er hier und trifft sie noch immer. Viele Jahre lang kam er fast täglich in die Bahnhofsmission. Heute kommt er noch immer mindestens einmal wöchentlich und macht den anderen Menschen in ähnlicher Notlage Mut. "Es gibt kein Ende, nur einen Anfang", sagt Hanno und fasst damit auch seine inneren Erfahrungen zusammen. "Hier wird man auch als Mensch anerkannt. Als Arbeitsloser wird man nicht in die Schublade der Trinker oder Obdachlosen gesteckt", erklärt Hanno.

Er selbst war drei Tage lang obdachlos, bis der Umzug in die neue Wohnung vom Staat klappte. Den klassischen Obdachlosen gebe es nicht. Die Menschen, die unter den Brücken schlafen, seien selbstgewählte Schicksale. Vielmehr sei der geförderte Wohnungsbau lange nicht vorangetrieben werden. "Wir geben Hilfe, damit sie auf dem Wohnungsmarkt bestehen können", sagt Ewelt. Alles Gründe, die Menschen an den Rand bringen. "Hier ist Hanno aus dem Loch gekommen", bestätigt Holzheimer.

Die Gespräche haben ihm geholfen. Gespräche, die er nun mit Menschen führt, die in ähnlicher Lage sind. Der Glaube an Gott und das Herz bei den Menschen am richtigen Fleck, das sieht Joyce Holzheimer in letzter Zeit öfter hier. "Sie kommen und spenden", freut sich Holzheimer.


Auch die Hilfesuchenden ändern sich

Das ist aber nicht die einzige Veränderung zu den vergangenen Jahren. Auch die Hilfesuchenden haben sich geändert. "Anfangs waren es viele Alkohol- und Drogenabhängige", sagt Matthias Ewelt. Er ist der Vorstandssprecher der Diakonie Erlangen. Heute sind es auch ältere Menschen, die nur eine kleine Rente haben, auch Alleinerziehende. Die Bahnhofsmission ist ein niederschwelliges Angebot. Die sozialen Brennpunkte liegen heute anders. "In vielen Bereichen, wo wir beratend unterstützen, schlägt das Thema Armut immer mehr auf", sagt Ewelt. Von den wenigen Armen in der eher reichen Stadt Erlangen, weiß man nicht viel. Kinder würden sich krank melden, anstatt bei der Klassenfahrt mitzufahren. Aus Scham, weil das Geld fehle. Hanno und Joyce wissen, würde man die Bahnhofsmission aus dem Programm streichen, würde etwas aus dem Herzen gerissen werden.

Täglich kommen zwischen 20 und 25 Besucher in die kleinen Räume der Bahnhofsmission. 7882 Essen wurden ausgegeben, 268 Hilfen am Gleis geleistet. Indem man Behinderten Menschen oder Blinden half oder bei den Kinderwagen unterstützte.


Eine Krippe als Dankeschön

Mit der Weihnachtsspendenaktion "Erste Hilfe gegen Armut", will die Diakonie wieder helfen, wo es am dringendsten gebraucht wird. Denn auch in den anderen Bereichen der Diakonie wird immer mehr deutlich, dass die Armut Themen wie Sucht und psychische Störungen überlagert. "Wir sind keine Mediziner, doch es scheint einen Zusammenhang zwischen Armut und den Belastungen zu geben", sagt Ewelt. Ein kleines Dankeschön für die Spenden gibt es auch, mit der 3D Weihnachtskrippe in der Größe eines Flyers. Das Bild darauf hat Hanno gezeichnet. Ebenso wie er sich in der Kirche engagiert. "Ich kann nicht viel schenken. Ich schenke mich", sagt Hanno. Seine Zeit, sein Ohr, seinen Glauben und sein Herz.

Spendenkonto:
Diakonie Erlangen
IBAN: DE46 7635 0000 0060 0258 74
BIC: BYLADEM1ERH
Sparkasse Erlangen, Stichwort: Armut