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Ernst Rappold ist Kandidat der Grünen


Autor: Christian Bauriedel

Erlangen, Freitag, 28. Sept. 2012

Bei der Wahl des Grünen-Kandidaten für die Bundestagswahl im nächsten Jahr gab es eine Kampfkandidatur zwischen Ernst Rappold und Sina Doughan. Der in Weisendorf lebende Rappold setzte sich gegen die Sprecherin der Grünen Jugend mit der absoluten Mehrheit durch.
Ernst Rappold konnte sich bei der Kampfkandidatur durchsetzen. Foto: Christian Bauriedel


Ernst Rappold, 57 Jahre, ist studierter Architeckt und arbeitet als Produktdesigner. Geboren ist er in Johannesburg in Südafrika, wo er die ersten neun Jahre seines Lebens verbrachte. 1967 zog seine Familie nach Ochsenfurt in Unterfranken. Seit 1992 wohnt Rappold in Weisendorf. Nach der Nominierungsveranstaltung bot sich die Gelegenheit, dem Kandidaten der Grünen im Wahlkreis Erlangen-Höchstadt ein paar Fragen zu stellen.

FT: Herr Rappold, wie sehr nervt Claudia Roth? Es gab da ja mal so eine Kampagne Ihrer Partei.
Ernst Rappold: (lacht) Also, auf persönlicher Ebene mag ich sie sehr gern. Ich weiß, dass sie, wenn sie im Fernsehen auftritt, manchmal sehr polarisieren kann. Aber sie ist wirklich eine kompetente Politikerin. Übrigens ist Claudia Roth einer der Gründe, warum ich überhaupt zu den Grünen gekommen bin. Das war vor Jahren auf einer antifaschistischen Veranstaltung in Gräfenberg. Dort habe ich sie persönlich kennen gelernt und ich habe gemerkt, dass sie wirklich eine kompetente und starke Person ist.

Sie sind jetzt Grünen-Kandidat für den Wahlkreis Erlangen-Höchstadt. Wann beginnt für Sie der Wahlkampf?
Morgen. Ich muss Ihnen aber sagen, dass ich das Wort Wahlkampf nicht besonders mag, das klingt sehr martialisch, was ich eigentlich eher nicht bin. Nennen wir es besser Wahlwerbung.

Welche Schwerpunkte wollen Sie in Ihrer Wahlwerbung setzen?
Meine Ideen drehen sich um die generellen Positionen der Grünen.

Wir müssen darstellen, was Grünsein eigentlich wirklich bedeutet. Ich möchte mehr in Bildern und Aktionen mit den Menschen in Kontakt treten.

Wie sollen diese Aktionen genau aussehen?
Ich finde den üblichen Wahlkampf ein bisschen angestaubt. Plakate und Veranstaltungen wird es eh geben, ganz klar. Aber ich möchte noch ein bisschen mehr bieten. Hier schwebt mir etwa vor, ein Drei-Tage-Camp mitten in der Stadt zu veranstalten, in dem Tag und Nacht etwas los ist. Die Menschen die gerade auf der Straße unterwegs sind, können dann mit uns in Kontakt treten und diskutieren. Schön wäre es natürlich einen kompletten Straßenzug drei Tage lang grün zu beleuchten.
Ein grüner Wunschbaum ist eine weitere Idee. Der steht dann an einem zentralen Punkt und die Bürger können mit Nachrichten an unsere Partei ausdrücken, was sie sich von uns politisch-inhaltlich wünschen. Ich möchte mit solchen außergewöhnlichen Ideen die Menschen erreichen.

Und welche Themen werden Sie persönlich vor allem ansprechen?
Für mich ist Bildung der Schlüssel zu fast allen Bereichen gesellschaftlichen Lebens. Durch mein Leben in Südafrika habe ich erfahren, dass nur echte Chancengleichheit beim Bildungszugang einen guten Einstieg in die Gesellschaft bietet.
Andere Themen sind die Energiewende, die Rente, Niedriglöhne und alles, was mit prekärer Beschäftigung zusammen hängt. Eigentlich liegen die Themen geradezu auf der Straße.

In Ihrer Rede an die Parteimitglieder heute Abend haben Sie auf die Frage, wie chancenreich Sie einen Platz auf der Grünen-Landesliste einschätzen geantwortet, dass Sie vermutlich über zu wenig Seilschaften verfügen. Also eher wenig Chance sehen, auf einen der vorderen Plätze zu rücken. Was genau haben Sie mit den "Seilschaften" gemeint?
Soweit ich es gerade im Kopf habe, hat die Liste 49 Plätze. Die ersten zwölf sind die aussichtsreichen. Wenn Sie auf die Landesdelegiertenversammlung gehen, und auf einen Platz in den vorderen Reihen spekulieren, dann brauchen Sie eine Menge an Menschen hinter sich. Natürlich sind da die großen Kreisverbände wie etwa München oder Nürnberg eher im Vorteil, als die kleineren. Und natürlich werden viele Plätze zunächst an die prominentesten Mitglieder verteilt, was ja aber auch normale Praxis ist. Ja, es ist eng da vorne. (lacht)

Kommen wir kurz zu einem lokalpolitischen Thema. Morgen, am Donnerstag, wird im Stadtrat Erlangen eine wegweisende Entscheidung getroffen. Es geht um die Zukunft des Projekts Stadtumlandbahn. Was denken Sie, wird die Stub kommen?
Die Stub ist unverzichtbar für einen wirklich modernen Nahverkehr in der Region. Wissen Sie, was ich vermisse, das ist bei der Stub eine stärkere Kooperation von Stadt und Land. Die beiden Akteure sind sich da nicht ganz einig. Ich finde auch, es muss eine Antwort gegeben werden, welche äußeren Orte die Kerne der Stub bilden sollen. Das gehört, finde ich, zu einer Kooperation auch dazu.

Kann es sein, dass bei der Stub das Prinzip gilt, je länger diskutiert wird, desto unwahrscheinlicher wird die Realisierung?
Nein. Das glaube ich nicht. Wir befinden uns ja noch mitten in der Planungsphase. Und es geht um eine Menge Geld. Da ist es nur normal, dass diskutiert wird. Natürlich muss am Ende aber eine Entscheidung dafür stehen. Viele Pendler werden in der Zukunft froh darum sein.

Stromtrassen durch Schutzgebiete, Gas und Kohle zur Überbrückung beim Atomausstieg: Lassen sich Klimaschutz und der klassische Naturschutz, der in Ihrer Partei ja auch eine große Gruppe ausmacht, überhaupt vereinen?
Diese Diskussion habe ich schon öfter geführt. Das ist das gleiche bei der Windkraft, die ich sehr befürworte. Ich denke, wir müssen Kompromisse eingehen. Nehmen wir die Stub. Die Trasse soll dann vielleicht durch den Wiesengrund verlaufen. Auch beim Netzausbau, über den in den Medien so viel diskutiert wird, muss es Kompromisse geben. Aber, ich sage auch, dass es nicht immer nur einen Weg für eine Trasse gibt. Es gibt natürlich immer den wirtschaftlichsten, aber ich glaube keine Lösung ist alternativlos. Ich denke, das muss im Einzelfall zwischen wirtschaftlicher Vernunft und aus Gesichtspunkten des Naturschutzes abgewogen werden. Geld ist genauso wenig unendlich vorhanden wie die Natur.

Grüne Politikinhalte scheinen in anderen Parteiprogrammen angekommen zu sein. Sehen Sie für Ihre Partei die Felle davon schwimmen beziehungsweise wo liegt die grüne Kernkompetenz?
Also zunächst muss ich sagen, dass ich schwer daran zweifle, dass diese Regierung den beschlossenen Atomausstieg und die Energiewende auch wirklich durchzieht. Das ist noch nicht gegessen.Grün bedeutet einfach auf vielen Gebieten ein ganz anderes Politikmodell. Wir fangen beim Schwachen an. Sei es in der Sozialpolitik oder bei der Umwelt. Die Natur ist das schwächste Glied, da sie sich nicht wehren kann. Der echte Grüne geht tiefer. Nehmen Sie zum Beispiel die Euro-Diskussion. Ich denke zunächst an die spanischen Jugendlichen, die keine Arbeit finden, als an eine Kasse die gefüllt werden muss. Nein, es gibt immer noch riesigen Bedarf für grüne Politikinhalte.

Schwarz-grüne, ampelfarbene und Jamaika-Koalitionen sind des öfteren im Gespräch. Was halten Sie von solchen Farbenspielen?
Als 54-Jähriger hat man gelernt, dass das Leben aus Kompromissen besteht. Aber ehrlich gesagt ist die FDP so kapitalgesteuert und 180 Grad gegen jede grüne Idee. Mit der CDU könnte es vielleicht sein, noch eher gemeinsame Standpunkte zu finden. Aber die Konservativen sind sehr kopfgesteuert. Da kommt es immer darauf an, wer gerade das Sagen hat. Und bei Frau Merkel habe ich da schon meine Zweifel.

Was halten Sie vom neuen "Shootingstar" Peter Altmaier?
Der muss sich erst beweisen. Es ist ja noch nichts passiert. Wissen Sie, aus dieser Regierung steigt ab und zu mal ein Luftballon auf, der dann aber sehr schnell zerplatzt. Herr Altmaier wird es schwer haben, gegen die Energie-Lobby anzukommen. Außerdem hat er ja mit der FDP noch ein weiteres Problem am Hals.

Kommen wir zu Ihrer Partei. Wen wünschen Sie sich als Doppelspitze?
So wie ich das im Moment sehe gibt es leider nur drei Frauen. Eine davon wird es werden. Unter den Männern ist Trittin einfach der bekannteste.

Also halten Sie Trittin für einen Kandidaten?
Jürgen Trittin und Claudia Roth sind halt schon sehr lange im Geschäft. Ich denke, es könnte an der Basis langsam die Stimmung für einen Generationenwechsel geben. Ein paar neue Gesichter könnten nicht schaden. Die Urwahl sehe ich als große Chance hierfür.

Halten Sie die Piraten hier in Erlangen für eine große Konkurrenz zu den Grünen?
Das ist schwer zu sagen. Die Partei bildet noch keinen Körper aus. Vor allem Inhalte müssen noch kommen. Man darf nicht vergessen, dass es die Piraten mittlerweile ja auch schon ein paar Jahre gibt. Ja, es kann sein, dass die Piraten in grünen Gewässern fischen. Aber sie werden es schwer haben.

Sie haben die ersten neun Jahre Ihres Lebens in Johannesburg in Südafrika gelebt. Seit vielen Jahren verbringen Sie den Winter dort. Sie haben auch beide Staatsbürgerschaften. Falls Sie gewählt würden, wäre dieser Spagat zwischen den beiden Ländern nicht mehr möglich.
Natürlich müsste ich meine Reisen nach Afrika dann einschränken, keine Frage.

Welche Sprache sprechen Sie auf Ihren Reisen?
In Südafrika gibt es elf Amtssprachen. Ich spreche ein bisschen Afrikaans. Als Kind habe ich das gelernt. Es ist zwar ein bisschen eingerostet, aber ich verstehe die Menschen schon, wenn sie mich auf Afrikaans ansprechen. Die meisten Südafrikaner sprechen aber Englisch. Das ist auch mein Hauptkommunikationsmittel dort.

Angenommen Sie werden in den Bundestag gewählt, wie würden Sie Ihren Kollegen aus anderen Bundesländern die Mentalität der Menschen in Ihrem Wahlkreis beschreiben?
Ich bin in Südafrika mal einer Fränkin begegnet. Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden. Wir haben beide festgestellt, dass die Franken zwar vielleicht etwas verschlossen sind, aber wenn sie auftauen, sehr direkt sein können. Sagen wir ein bisschen "gradnaus".

Was hätten Sie heute Abend gemacht, wenn Sie nicht gerade zum Bundestagskandidaten aufgestellt worden wären?
Normalerweise spiele ich Mittwochabend immer Badminton. Das musste natürlich heute ausfallen. Dafür gehe ich am Freitag dorthin. Manchmal steht auch Bogenschießen auf dem Programm. Mittwoch ist eigentlich mein Sporttag.

Die Fragen stellte Christian Bauriedel.