Erlanger Freimaurer öffnen ihre Pforten zum Jubiläum
Autor: Johanna Blum
Erlangen, Donnerstag, 18. Juni 2015
Die Freimaurer sehen sich nicht als Geheimbund, sondern als eine Gesinnungsgemeinschaft. Der Erlanger Meister vom Stuhl Wilhelm Glökler kommt aus Adelsdorf. Er erklärt im Gespräch unter anderem, was den Bund von einer Kirche oder Sekte unterscheidet.
Am kommenden Wochenende feiert die Vereinigte Freimaurerloge "Libanon zu den 3 Cedern" von Erlangen ein großes Jubiläum: 125 Jahre Logenhaus Erlangen. Der derzeitige Meister vom Stuhl, der Adelsdorfer Wilhelm Glökler, verrät, was bei den Freimaurern tatsächlich geheim ist und warum man ihn nicht einfach den Vorsitzenden der Loge nennt.
Wie kamen Sie denn zu den Freimaurern?
Wilhelm Glökler: Als Mitarbeiter einer großen Erlanger Firma war ich 2000 für Zypern zuständig und im dortigen Büro saß der Zypriote Panos Ioannou, der jetzige Großmeister der zypriotischen Freimaurer. Wir verstanden uns auf Anhieb, er stellte für mich den Kontakt zu den Erlanger Freimaurern her, und 2003 wurde ich als Lehrling aufgenommen.
Wie sieht die Laufbahn eines Freimaurers aus?
Als Lehrling fange ich an und verinnerliche den Grundsatz "Schau in dich!" Nach einem Jahr werde ich Geselle, und hier heißt der Grundsatz "Schau um dich!" Wiederum nach einem Jahr werde ich Meister, und hier werde ich gemahnt: "Schau über dich!"
Sie sind nun seit knapp sechs Jahren Meister vom Stuhl und werden in Kürze Ihr Amt weitergeben. Was ist die Aufgabe des Meisters vom Stuhl?
Der Meister vom Stuhl ist für die Abläufe und die geistige Ausrichtung der Loge verantwortlich und vereinsrechtlich der Vorsitzende. Alle Logen sind eigenständige eingetragene Vereine, und jeder Verein braucht einen Vorstand und eine Satzung. Früher hatte der Meister das Privileg, den Schlussstein beim Dombau zu setzen, und nur er durfte sich in den Stuhl setzen. Heute hat der Meister vom Stuhl eher organisatorische Arbeiten zu erledigen. Er leitet die Loge und er ist verantwortlich für die "Vereinsgeschichten", aber er hat auch seine Pflichten gegenüber der Großloge zu erfüllen Sein Stellvertreter ist der zugeordnete Meister vom Stuhl, und dann haben wir den Schatzmeister. Diese drei Brüder - wir nennen uns alle Brüder - bilden den Vorstand. Daneben gibt es noch den Beamtenrat, der aus elf Brüdern besteht. Nur der Meister vom Stuhl muss geheim gewählt werden.
Es gibt also eine Logenhierarchie in Deutschland?
Jede Loge ist Mitglied einer deutschen Großloge. Wir sind Mitglieder der AFuAM, der Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland. Sie ist mit ihren fast 10 000 Mitgliedern die bedeutendste deutsche Großloge mit dem Großmeister Stephan Roth-Kleyer in Berlin an der Spitze. Alle Mitglieder stehen in der Tradition des Humanismus und der Aufklärung und bekennen sich zu Würde, Freiheit und Selbstbestimmung des Menschen und sind religiös neutral. Die AFuAM ist eine der fünf Großlogen in Deutschland. Unsere Erlanger Loge hat die Matrikelnummer 34 und ist mit ihren derzeit 59 Mitgliedern eine der ältesten Logen in Deutschland.
Der Dachverband der fünf Großlogen, die Vereinigten Großlogen von Deutschland mit dem Großmeister Rüdiger Templin, vertritt die Freimaurer Deutschlands international. Bundesweit gibt es ca. 400 Logen mit etwa 14 000 Brüdern.
Wie sieht die Aufnahme in eine Loge aus?
Es gibt ein feierliches Aufnahmeritual, und der neue Bruder muss ein Gelöbnis unterschreiben, dass er die Loge zeitlich unterstützt und möglichst regelmäßig zu den wöchentlichen Treffen kommt. Beruf und Familie haben jedoch Vorrang. Unsere Rituale sind generell nicht öffentlich, haben aber einen feststehenden Ablauf. Kerzen, Musik und Wechselgespräche zwischen dem Meister und den Beamten, die in einem Ritualbuch vorgeschrieben sind, gehören immer dazu. Licht und Sonne sind wichtige Symbole der Freimaurer: Wir suchen das Licht - die Wahrheit.
Was bedeuten die Symbole Winkelmaß, Zirkel, Lot und Wasserwaage heute?
Das Winkelmaß ist ein Symbol für die gerade Ausrichtung, die Gerechtigkeit, der Zirkel steht für die Nächstenliebe, da er in seinem Kreis alles vereint, die Wasserwaage symbolisiert die Gleichheit aller Menschen und das Lot das unablässige Forschen nach Wahrheit.
Noch einmal zum "Geheimen" in der Freimaurerei. Es soll ja nichts nach außen dringen?
Bei uns gibt es kein festes Dogma. Wir müssen uns in Gesprächen immer wieder zusammenraufen. Wir denken laut unter Freunden und alles bleibt in den vier Wänden. Alles, was unter "Maurerwort" gesprochen wurde, dringt nicht nach draußen.
Es gibt viele berühmte Freimaurer wie Lessing, Goethe, Voltaire, George Washington, John Wayne und auch W. A. Mozart. Was sagen Sie zu der Freimaureroper "Die Zauberflöte"?
Mozarts letzte Oper, die Zauberflöte, enthält eine Symbolsprache und Bezüge zum eingeweihten Wissen. Sie wird als Verherrlichung unserer Ideale angesehen und sie enthält viel freimaurerisches Gedankengut. Tamino und Pamina müssen auf ihrem Weg zum Licht die Feuer- und Wasserprobe bestehen. Der Hohe Priester Sarastro singt: "In diesen heil'gen Hallen kennt man die Rache nicht" - ein moralischer Wegweiser für alle Tempelarbeiten in den Logen.
Sind die Freimaurer ein Kirchenersatz bzw. eine Sekte?
Nein, denn es fehlen hierzu viele Merkmale. Es werden bei uns keine Verhaltensregeln vorgeschrieben. Unsere Ziele sind nicht auf die Zukunft oder das Jenseits ausgerichtet, sondern auf das Hier und Jetzt. Freimaurerei ist ein Lebensstil. Wir sind eine Gesinnungsgemeinschaft, ein Verein, in dem sich Männer mit gleichen Idealen treffen, um zu diskutieren und sich gegenseitig zu helfen, eine Lebenskunst im Sinne der Humanität zu entwickeln. Die Loge ist ein stiller Ort des Nachdenkens, des menschlichen Handelns und der Toleranz.