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Erlangen: Neue Regel in Kaufland-Parkhaus erzürnt Kunden - "dreist abgezockt"


Autor: Daniel Krüger

Erlangen, Donnerstag, 27. April 2023

In Erlangen sorgt ein neues Bezahlsystem in einem Kaufland-Parkhaus bei Kunden für Empörung. Die zuständige Firma wehrt sich gegen Vorwürfe der Intransparenz.
In Erlangen wurde im Kaufland-Parkhaus an der Westlichen Stadtmauerstraße ein schrankenloses Bezahlsystem eingeführt. Das führt bei vielen Kunden zum Frust - und zu teuren Strafen.


  • Erlangen: Neues Bezahlsystem in Kaufland-Parkhaus verärgert Kunden
  • "Dreist abgezockt": Mutter erhält plötzlich teuren Brief
  • Viele Autofahrer berichten Ähnliches - "ist uns auch passiert"
  • "Ausreichende Beschilderung": Parkunternehmen wehrt sich gegen Vorwürfe

Das Kaufland-Parkhaus in Erlangen an der Westlichen Stadtmauerstraße ist nicht nur bei der Kundschaft des Supermarkts beliebt, sondern auch bei Besuchern und Besucherinnen der Innenstadt, sowie von Veranstaltungen, wie sie etwa regelmäßig im nahe gelegenen E-Werk stattfinden. Auch Eva Stemper, die im Stadtteil Bruck wohnt, nutzt das Parkhaus immer mal wieder, wie sie gegenüber inFranken.de erzählt. "Gerade, wenn ich meine nicht mehr so mobile Mutter dabei habe, bin ich aufs Auto angewiesen." Doch beim letzten Besuch habe sie eine böse Überraschung erlebt. Und sie ist kein Einzelfall. 

Böse Überraschung: Erlangerin soll nach Verlassen von umgerüstetem Parkhaus plötzlich zahlen

"20 Jahre lang konnte man dort kostenlos parken, wenn das Kaufland nicht mehr geöffnet hatte, dann stand die Schranke offen", so Stemper. "Wir waren dann neulich am Sonntag mit meiner Mutter und meiner Tochter im E-Werk. Beim Reinfahren ins Parkhaus habe ich gesehen, dass es dort gar keine Schranken mehr gibt - habe mir aber keine großen Gedanken gemacht. Ein Schild, das darauf hinweist, dass man zahlen muss, war für mich auch nicht wirklich ersichtlich", erläutert die 34-Jährige. 

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Kurz darauf sei "ein Überraschungsbrief ins Haus geflattert", sagt sie. "Dort hieß es, ich hätte die Höchstparkdauer von 90 Minuten überschritten und müsste jetzt eine Vertragsstrafe zahlen. Offenbar gibt es dort ein neues System, bei dem das Kennzeichen von einer Kamera erkannt wird und vor dem Rausfahren muss man zum Automaten gehen, das Kennzeichen eingeben und dann mit Karte bezahlen."

Die Erlangerin hätte "kein Problem damit gehabt, Parkgebühren zu zahlen", sagt sie. Doch in diesem Fall fühle sie sich "dreist abgezockt". Was sie besonders störe: "Man hat nur vier Tage Zeit, um die Rechnung zu begleichen. Wenn man da im Urlaub ist, hat man gleich zusätzliche Mahngebühren", bemängelt sie. "Das ist kein feiner Schachzug der Parkhausbetreiber. Wenn ich mir Bewertungen und Online-Reaktionen so anschaue, dann hat sicher die Hälfte der Besucher nicht damit gerechnet und so ein Schreiben bekommen. Wenn man das so ausrechnet, machen die mit dem System sicher einiges an Geld", so ihr Vorwurf. 

Schrankenloses Bezahlsystem im Kaufland-Parkhaus sorgt für Unmut - "absolute Frechheit"

Tatsächlich finden sich in den Google-Bewertungen des Kaufland-Parkhauses zahlreiche Beschwerden. "Nicht klar bei Einfahrt ersichtlich, wie bzw. ob Parkgebühr erhoben wird. Eine absolute Frechheit, werde ich künftig meiden!", heißt es hier zum Beispiel. Oder: "Ohne Vorankündigung und ausreichende Beschilderung werden nun 24/7 Parkgebühren verlangt", schreibt ein anderer Nutzer. "Ist uns auch passiert", schreibt ein Erlanger in einer lokalen Facebook-Gruppe zu dem Thema. Hinter dem schrankenlosen Bezahlsystem in Erlangen steckt die "Park & Control PAC GmbH" aus Stuttgart, deren Geschäftsmodell nach eigenen Angaben "maßgeschneiderte Bewirtschaftungskonzepte" für private Parkplätze sind. 

Im Juni 2022 hat das Unternehmen laut einer Pressemitteilung den Standort in der Westlichen Stadtmauerstraße "mit 474 Stellplätzen" umgerüstet. "Für Kund:innen der angrenzenden Geschäfte ist das Parken 90 Minuten lang kostenlos, danach ist eine Gebühr fällig. Um diese zu begleichen, brauchen die Nutzer:innen nur an einem der beiden Kassenautomaten ihr Kennzeichen einzugeben", erklärt das Unternehmen.  Dieses erfasse "eine hochauflösende Kamera bei der Ein- und Ausfahrt mittels optischer Zeichenerkennung".

"Eine entsprechende Textdatei wird mit Datum und Ankunftszeit sicher an das System übermittelt, das den Parkvorgang startet und beendet. Dadurch sind auf dem Parkplatz weder Tickets noch Schranken nötig", heißt es weiter. "Beim Ausfahren scannt die Kamera das Fahrzeug ein zweites Mal. Erneut wird ein Übersichtsbild erstellt und zusammen mit dem Kennzeichen an das Backend geschickt." Wer nicht zahle, dessen Fall werde "via Secure File Transfer Protocol (SFTP) an einen Inkassopartner übergeben", heißt es. Wenn kein Verstoß vorliege, würden die Bilder "unmittelbar nach der Ausfahrt gelöscht und der Kennzeichentext unwiederbringlich anonymisiert".    

Darf Erlanger Parkhaus-Betreiber "Vertragsstrafe" verlangen? So ist die rechtliche Situation 

 "Um die neuen vertraglichen Nutzungsregelungen zu kommunizieren, haben wir mit einer ausreichenden Beschilderung an der Ein- und Ausfahrt sowie auf dem Parkplatz gearbeitet", erklärt die Pressestelle von "Park & Control" schriftlich gegenüber inFranken.de. "Zudem haben unsere Mitarbeiter:innen in der Anfangszeit Flyer an Kund:innen als Information verteilt", heißt es. Dass entsprechende Hinweise kaum ersichtlich seien, weist man hier zurück. "Die Bedingungen der jeweiligen Parkhausnutzung sind ausreichend in unseren bewirtschafteten Parkhäusern ausgeschildert. An der Ausfahrt hängt beispielsweise auch ein Schild, welches die Parkplatznutzer:innen an die Parkgebühr erinnert", so das Unternehmen. Die AGBs seien "gut sichtbar an den Einfahrten angebracht und sagen, dass sich die Nutzer:innen durch das Befahren des Grundstücks mit den AGB einverstanden erklären."

Hierbei halte man sich "an das bestehende Urteil des BGH". Der Bundesgerichtshof hatte 2019 in einem Fall entschieden, dass "zwischen dem Betreiber eines privaten Parkplatzes und dem Fahrzeugführer (...) ein Nutzungsvertrag" zustande komme, "indem der Fahrzeugführer das in der Bereitstellung des Parkplatzes liegende Angebot durch das Abstellen des Fahrzeugs annimmt". Durch Hinweisschilder sei auch ein "erhöhtes Parkentgelt" als "Vertragsstrafe" in den AGBs rechtens. Bei einer kostenlosen Höchstparkdauer kann laut BGH "nicht die Errichtung technischer Anlagen (etwa eines Schrankensystems) gefordert werden", so das Urteil.

Nach eigenen Angaben beträgt die Vertragsstrafe in dem Erlanger Parkhaus 30 Euro, heißt es von "Park & Control". Eine derartige Höhe ist aus Sicht des BGH "nicht unangemessen". Der ADAC weist darauf hin, dass Gerichte an "die Sichtbarkeit der Beschilderung" meist "keine großen Anforderungen" stellen und rät dazu, entsprechende Schilder bewusst auf dem Parkplatz zu suchen. Rein rechtlich scheint das neue Bezahlsystem im Erlanger Kaufland-Parkhaus trotz aller Verärgerung also auf sicheren Füßen zu stehen. Eva Stemper zumindest hofft, dass durch ihren Gang an die Öffentlichkeit so mancher "vor dieser unschönen Überraschung in ohnehin finanziell sehr angespannten Zeiten bewahrt" wird.