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Erlangen-Höchstadt will auf Sperrmüllkarte verzichten


Autor: Christian Bauriedel

, Dienstag, 27. Sept. 2016

Der Landkreis macht es bald wie Erlangen: Um seinen Abfall auf den Wertstoffhof zu bringen, braucht man ab nächstem Jahr keine Sperrmüllkarte mehr.
Auf den Wertstoffhöfen wie hier in Medbach braucht es vermutlich bald keine Sperrmüllkarte mehr.  Foto: Christian Bauriedel


Ab Januar können die Bürger des Landkreises Erlangen-Höchstadt ihren Sperrmüll zum Wertstoffhof bringen, ohne eine ihrer Sperrmüllkarten entwerten zu lassen. Bis zu fünf Kubikmeter Abfall sollen pro Anlieferung aus einem Privathaushalt gebracht werden können. Das wurde gestern im Ausschuss für Umweltfragen und Abfallwirtschaft beschlossen. Die Sperrmüllkarte soll es jedoch weiterhin geben. Sie soll nur noch für Fälle dienen, in denen Sperrmüll abgeholt wird.

Zwar muss der Abfallzweckverband noch zustimmen. Dies sei jedoch zu erwarten, da man in der Sache bereits vorgefühlt habe, sagt Landrat Alexander Tritthart (CSU). Er befürwortet den von der CSU eingebrachten Antrag. "Für die Bürger ist das ein zusätzlicher Service", sagt Tritthart und verweist auf die Situation von Mietern.

Bisher hat jeder Privathaushalt bis zu fünf Sperrmüllkarten im Jahr erhalten. In der Regel allerdings nur zwei. Menschen, die in einer Mietwohnung leben, müssten sich erst umständlich vom Vermieter eine der Sperrmüllkarten geben lassen, um anfallendes Sperrgut wegbringen zu können, so Tritthart.

Da bald jeder Bürger auch ohne Karte zum Wertstoffhof fahren kann, sei dies eine praxisnahe Vereinfachung des Systems.
Bereits im Januar hatte sich der Ausschuss mit dem Vorschlag beschäftigt. Die Verwaltung des Landratsamts hat daraufhin analysiert, welche Vor- und Nachteile eine Selbstanlieferung ohne Sperrmüllkarte hat. Dabei orientierte man sich an den Erfahrungen der Stadt Erlangen, die dieses Konzept schon seit 2015 hat.


Erheblich mehr Müll zu erwarten

Der Stellungnahme der Verwaltung ist zu entnehmen, dass 2015 in Erlangen 31 Prozent mehr Sperrmüll abgegeben wurde. Auch für den Landkreis sei "mit einem (zunächst ganz erheblichen) Anstieg der angelieferten Mengen zu rechnen." Dieser dürfte sich allerdings mittelfristig einpendeln, so die Einschätzung der Experten.

Die Situation lasse sich jedoch nicht eins zu eins vergleichen. Denn die jährliche Sperrmüllmenge pro Kopf sei mit 19,91 Kilogramm im Landkreis doppelt so hoch wie in Erlangen. Die Kreisräte einigten sich auf einen einjährigen Testlauf. Dann soll anhand der gewonnenen Erkenntnisse entschieden werden, ob man dauerhaft beim kartenlosen Anliefern bleiben wird.


Kritik kommt von den Grünen

Protest meldet Christiane Kolbet von den Grünen an: "Die CSU will das gut funktionierende Müllkonzept auf den Kopf stellen." Es habe seine Gründe, warum es im Landkreis so niedrige Sperrmüllmengen gebe. Kolbet bezeichnet die Maßnahme als "hochgradig unökologisch und hochgradig unsozial ". Bisher sei es so gewesen, dass derjenige, der den Müll produziert, auch dafür zahlt. Ohne Karte werde das nun von der Allgemeinheit getragen. Kolbet rechnet mit einer Verdopplung der abgegebenen Mengen.

Dies stößt bei Gabriele Klaußner (CSU) auf Unverständnis: "Frau Kolbet, glauben Sie wirklich, dass sich jemand zwei Stühle mehr kauft, weil er sie direkt anliefern kann?" Axel Rogner (FW) bezeichnete die Kritik der Grünen als "Hirngespinste". Er sei selbst oft genug beim Wertstoffhof in Medbach. "Wenn man eine Wohnung ausräumt, dann kann das locker ein paar Tage dauern." Alles auf einmal wegzufahren, der Karte wegen, sei nicht praxisgerecht. Genauso sieht es Günter Schulz (SPD): "Ist doch schön, wenn man zwischendurch mal was wegbringen kann."


Nicht jeder hat ein Grundstück

Der Einwand, die fehlende Sperrmüllkarte sei "asozial", rief SPD-Kreisrat Konrad Gubo auf den Plan. Mieter hätten oft genug Probleme, wenn sich Sperrmüll daheim ansammle. Im Vorteil seien da alle, die ein Grundstück haben, wo sie Dinge lagern können. Einzig die Anlieferung von Gewerbemüll müsse weiterhin nur mit Karte funktionieren.

Martin Oberle (FW) merkte an, dass es unbedingt gelte, Mülltourismus von außerhalb des Landkreises zu vermeiden.

Möglich sei dies, so Anne-Marie Müller, beim Landratsamt für Kommunale Abfallwirtschaft zuständig, durch das Kfz-Kennzeichen oder mit dem Vorzeigen des Gebührenbescheids.

Franz Rabl (CSU) bezeichnete es als "schräge Ansicht", zu erwarten, dass plötzlich alle ihren Müll in den Landkreis fahren würden. Er sprach sich ebenfalls für die Abschaffung der Sperrmüllkarten beim Müllbringen aus.
Schließlich wurde gegen die zwei Stimmen der Grünen der Vorschlag eines einjährigen Testbetriebs angenommen. Wenn noch der Zweckverband zustimmt, kann ab Januar die Sperrmüllkarte bei der Entrümpelungsfahrt daheim bleiben.