Berechnung der Inzidenz von Ungeimpften wird hart kritisiert: "Fadenscheinig" und "inakzeptabel"
Autor: Io Görz
Erlangen, Montag, 06. Dezember 2021
Die Berechnung der Inzidenz von Ungeimpften steht aktuell in der Kritik. Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) in Erlangen verteidigt das Vorgehen.
Um die Berechnung der Inzidenz bei Ungeimpften durch das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) ist eine Debatte entbrannt. Die Behörde verteidigte nun ihr Vorgehen bei der Berechnung. Konkret geht es dabei um die Frage, ob es legitim ist, Personen mit unbekanntem Impfstatus der Gruppe der Ungeimpften zuzuschlagen. Bereits im November sorgte auch ein Tweet von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) für Aufruhr, weil er den extremen Unterschied bei den Inzidenzen zwischen Geimpften und Ungeimpften zeigte. Diese Zahlen sind jedoch verzerrt.
Die Welt hatte darüber berichtet, dass die Gruppe der Personen mit unbekanntem Impfstatus einen sehr großen Teil der in die Berechnung einfließenden Personen ausmache. Demnach war bei der Berechnung für den 24. November von gut 72.000 Personen, die als ungeimpft behandelt wurden, bei mehr als 57.000 der Impfstatus unbekannt. Potenziell kann dies das Ergebnis massiv verzerren.
Inzidenz von Ungeimpften: LGL verteidigt Vorgehen
Das LGL bestätigte die Zahlen am Sonntag (5. Dezember 2021) auf Nachfrage, verteidigte aber sein Vorgehen. Zum einen weise man auf der Homepage auf die Einbeziehung der unbekannten Fälle hin, betonte LGL-Präsident Walter Jonas. Zum anderen habe sich herausgestellt, dass die Fälle mit zunächst unbekanntem Impfstatus "nach später vorliegenden Daten in der weit überwiegenden Anzahl der Fälle ungeimpft waren". Daher hätte ein bloßes Weglassen der fehlenden Werte "zu völlig falschen Inzidenzverhältnissen geführt".
Zudem betonte Jonas: "Selbst nach einer Umstellung der Berechnung wird sich weder an der Tatsache etwas ändern, dass die Inzidenz bei den Ungeimpften um ein Vielfaches höher ist als bei den Geimpften. Noch wird sich an der Tatsache, dass Ungeimpfte einem deutlich höheren Risiko ausgesetzt sind, schwer an Covid-19 zu erkranken, irgendetwas ändern."
Der FDP-Landtagsabgeordnete Matthias Fischbach kritisiert die Vorgehensweise und forderte eine Regierungserklärung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und lückenlose Aufklärung. Die Stellungnahme des LGL bezeichnete er als "fadenscheinig". Es sei "inakzeptabel", dass verschwiegen werde, wie groß der Anteil der Personen mit unklarem Impfstatus sei.
So berechnet das RKI die Inzidenz bei Ungeimpften
Das Robert Koch-Institut rechnet hingegen die Personen mit unbekanntem Impfstatus nicht in seine Statistiken ein und bezieht sich nur auf die Fälle mit bekanntem Impfstatus. Dadurch kann es zwar, wie das RKI in seinem Wochenbericht vom 2.12. feststellt, zu einer "Unterschätzung der Inzidenzen der Fälle sowohl in der vollständig geimpften wie auch in der ungeimpften Bevölkerung" kommen. Das Bild, das die Statistiken des RKI zeichnen, geht aber dennoch in eine ähnliche Richtung wie die oben erwähnte Grafik, die Markus Söder auf Twitter geteilt hatte, wenn auch nicht in der gleichen Deutlichkeit.
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Wirklich neu ist die Erkenntnis über die Verzerrung der Statistik allerdings nicht - bereits Ende November berichtete der Bayerische Rundfunk über die stark unterschiedlichen Inzidenzen. Bereits damals gab das LGL an, dass die Infizierten mit dem Impfstatus "unbekannt" den Ungeimpften zugerechnet würden und wies bereits da darauf hin, dass die Zahlen nicht als Live-Monitoring zu verstehen seien und nicht exakt seien.