Baiersdorf: "English Antiques" schließt nach über 40 Jahren - Inhaberin (85) verabschiedet sich
Autor: Isabel Schaffner
Baiersdorf, Mittwoch, 22. November 2023
Ilse Kirchner führte seit über 40 Jahren ihr Lebenswerk im Landkreis Erlangen-Höchstadt. In ihrem Geschäft verkaufte sie Tausende antike Objekte aus England. Doch nun stehen für die 85-Jährige die letzten Wochen an.
Das große rote Haus in der Hut 2 ist eine ganz besondere Adresse in Baiersdorf. Über Jahrzehnte präsentierte Ilse Kircher hier laut Angaben der Webseite "viele tausend Einzelposten" - und zwar hauptsächlich englische aus dem 18., 19. und 20. Jahrhundert. Doch die 85-Jährige verabschiedet sich allmählich von ihrem Lebenswerk.
"Der Stil ändert sich", sagt sie im Gespräch mit inFranken.de - und meint damit die Einrichtungsvorstelllungen der nachkommenden Generationen. Dabei seien ihre Objekte aus England gut in moderne Wohnungen integrierbar. Als junge Lehrerin habe sie die Leidenschaft für englisches Interieur gepackt, wie sie sich erinnert.
"Nicht zu protzig, nicht zu schäbig": Lehrerin begeistert sich für englische Möbel und bringt sie nach Baiersdorf
Die gelernte Bankkauffrau sei damals durch einen Zufall zu einer Ausbildung als Englischdolmetscherin gekommen. "Ich wurde mit 31 Jahren Englischlehrerin und habe 14 Jahre lang auf einer Erlanger Hauptschule unterrichtet", erklärt sie. Jedes Jahr habe sie eine Abschlussfahrt nach England organisiert. Einmal sei sie bei einer Familie eingeladen gewesen, die sehr fein eingerichtet war. "Mit Empfangszimmer, Speisezimmer und Kamin. Ich war hingerissen von der Einrichtung. So sei es dazu gekommen, dass sie an einem freien Tag ihre ersten zehn Möbelstücke gekauft habe.
"Mit englischen Sachen kann man leben. Sie sind nicht zu protzig und nicht schäbig", schwärmt sie. In Deutschland habe sie bisher hauptsächlich entweder äußerst teure und "hochstehende" Antiquitäten oder "dreckige" gefunden. 1980 dann die Geburtsstunde ihres eigenen Antiquitätenladens in Baiersdorf. "Ich habe mir einen halben Container liefern lassen und mir das Restaurieren angeeignet", schildert sie die Anfänge. Ihren Mann, ein vor zehn Jahren verstorbener Architekt, habe sie als wertvollen Helfer gewonnen, der sich dazu mit der Leidenschaft für die Sammlung von Nachttöpfen infiziert habe.
Ihr Sohn Klaus indes habe sich in England zum Diplom-Restaurator ausbilden lassen und arbeite die Möbel in der eigenen Werkstatt auf. "Ich habe schon alle möglichen Teile Deutschlands und auch die Schweiz beliefert", so die Seniorin. In den Google-Rezensionen ist zu lesen: "Wunderbare Einzelstücke mit Stil zu vernünftigen Preisen, dazu eine echt englische, gemütliche Atmosphäre und eine Chefin, die weiß, wovon sie spricht. Volle Punktzahl!" Jedoch bemerke Kircher eine ungünstige Tendenz für ihr Geschäft.
"Erben wollen es nicht" - Antiquitätenhändlerin sieht Parallelen zur Zeit vor 100 Jahren
"Das Interesse ist nicht mehr so groß." Diejenigen, die die Antiquitäten angeschafft hätten, seien teils bereits gestorben "und die Erben wollen es nicht". Sich selbst einzurichten erfordere Interesse, Gegenstände umzustellen, zu ersetzen, Altes und Neues zu mischen. Stattdessen beobachte sie eine Vorliebe für weiße, klassische und cleane Einrichtung - ähnlich "wie vor 100 Jahren".
Noch ist das Baiersdorfer "English Antiques" freitags von 10 bis 18 Uhr und samstags von 10 bis 16 Uhr geöffnet. Einen Schließungstermin gebe es noch nicht. Die nahe Zukunft ihres Ladens stelle sich in den kommenden Wochen heraus.