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Ein Franke gewinnt den deutschen Musicaltheaterpreis


Autor: Tina Meier

Höchstadt a. d. Aisch, Mittwoch, 27. November 2019

Armin Kahl ist in Höchstadt aufgewachsen und gewann im Oktober den Deutschen Musicaltheaterpreis.
Drei Jahre lang wirkte Armin Kahl beim Musical "Tarzan" in Hamburg mit.      Foto: privat


"Dem Musiktheater reicht eine Kunstform nicht aus. Wenn das gesprochene Wort an seine Grenzen stößt, berührt der Gesang auf einer anderen Ebene und wenn das noch nicht ausreicht, wird getanzt."

Diese Begegnung mit dem Publikum auf drei Ebenen begeistert den Musicaldarsteller Armin Kahl und zieht ihn seit 19 Jahren auf die verschiedensten Bühnen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Während seiner Schulzeit in Höchstadt und Herzogenaurach wirkte er in mehreren Musikensembles und Chören mit und sammelte erste Erfahrungen mit szenischen Auftritten und solistischem Gesang. Die Begeisterung für das Musical entfachte ein Besuch des Stücks "Phantom der Oper".

"Ich habe davon geträumt, so etwas mal zu machen, aber ich habe mich noch nicht getraut. Es kostet Überwindung, einen Künstlerberuf zu erlernen."

Und so absolvierte Kahl zunächst eine Ausbildung zum Zahntechniker in Röttenbach und wagte erst während seines Zivildienstes in Erlangen mehrere Bewerbungen bei Schauspielschulen. Seine Entscheidung fiel schließlich auf die Theaterakademie in München, wo er das Fach Musical 2004 mit einem Diplom abschloss. Direkt im Anschluss spielte er in der Premierenbesetzung der Stuttgarter "Mamma Mia!"-Produktion und in großen Häusern der Firma Stage Entertainment. Zehn Jahre lang reihten sich weitere Verträge in Großproduktionen nahtlos aneinander. In Hamburg übernahm er unter anderem die Titelrolle des Tarzan, die viel akrobatisches Geschick und körperliche Fitness verlangte.

"So einen Beruf kann man nicht halbherzig machen. Man spielt acht Shows in der Woche, vier davon am Wochenende und hat nur montags frei. Das kostet einiges an Durchhaltevermögen vor allem, weil ich das Niveau immer auf 100 Prozent halten möchte."

Den hohen Anspruch an sich selbst identifiziert Kahl als anspornende Stärke, aber auch als Schwäche, die an die Substanz gehen kann. Nach der intensiven Arbeit in Großproduktionen verlagerte sich sein Fokus auf die Arbeit in Staats- und Stadttheatern mit mehr Zeit für sein Privatleben, einer vielfältigeren Auswahl der Rollen und intensiveren Zusammenarbeit mit den Regisseuren.

"Ich bin ein großer Verfechter von Ehrlichkeit beim Spiel. Damit meine ich, dass die richtigen Techniken wie Bewegungen, Sprechpausen und Sprachmelodien alleine nicht ausreichen, um das Publikum zu berühren. Die Kunst ist es, im Moment zu sein, den vorgegebenen Rahmen mit Leben zu füllen und sich die Rolle zu eigen zu machen."

Dazu gehört für Kahl auch, die Verhaltensweisen und Beweggründe einer Figur nachzuvollziehen und diese an sich heran zu lassen. Gleichzeitig sei es ihm wichtig, die Rolle am Bühnenausgang zurückzulassen und genügend Abstand aufzubauen, um sich der Rolle in der nächsten Aufführung erneut mit Respekt nähern zu können.

"Ich finde, dass man alle Facetten eines Charakters auch an sich selbst entdecken und in die Rolle mit hineineinbringen kann. Umgekehrt profitiert man auch von den Rollen und kann etwas für das eigene Leben lernen."

Seine Figur in "Der Besuch der alten Dame" habe ihn beispielsweise dazu gezwungen, auf der Bühne ruhig und geerdet aufzutreten, wodurch auch er selbst reifer geworden ist und leichter gegen Nervosität angehen kann. Andere Musicals enthalten facettenreiche Charaktere und tiefgehende Dialoge, die zum Nachdenken anregen können.

"Oft gibt es das Vorurteil, dass Musicals eine eher anspruchslose Halli-Galli-Welt darstellen. Diese Kategorisierung führt auch oft dazu, dass Musicaldarsteller kaum beachtet werden, wenn sie sich für reines Schauspiel bewerben. Zum Glück beobachte ich auch Veränderung und dass die Vorurteile aufbrechen."

Ein Zeichen dafür ist auch, dass seit 2014 jährlich der deutsche Musicaltheaterpreis in Hamburg vergeben wird, um die künstlerischen Leistungen des Genres öffentlich zu würdigen. Dieses Jahr siegte Armin Kahl in der Kategorie "Bester Hauptdarsteller" für seine Rolle als Fritz Hagedorn in der Revue-Operette im Stil der 20er Jahre "Drei Männer im Schnee". Doch der 43-Jährige ist niemand, der sich auf seinen Erfolgen ausruht, sondern immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen bleibt. Dabei pendelt er zwischen verschiedensten Bühnen im deutschsprachigen Raum hin und her und fühlt sich mittlerweile in Hamburg und Wien zuhause.

"Heimat bedeutet für mich vor allem meine Familie, und so versuche ich, regelmäßig nach Höchstadt zu kommen. Leider gelingt mir das bei der vielen Reiserei nicht immer."

Umso mehr freut es Kahl, wenn ihn eine seiner Reisen in die Nähe der Heimat führt und so den Besuch erleichtert. In diesem Dezember wird er beispielsweise im Mainfrankentheater Würzburg mehrere Weihnachtskonzerte singen.

"Mein persönliches Ziel ist es, mit dem Beruf oder etwas Ähnlichem bis in die Rente zu gehen. Ich habe bereits selbst Regie geführt und kann mir gut vorstellen, auch zukünftig diese Richtung zu verfolgen - neben dem Bühnenberuf. Außerdem habe ich genug Ideen im Kopf, um mal etwas Eigenes auf die Bühne zu bringen."

Die Leidenschaft für das Erzählen von Geschichten im Rampenlicht wird Armin Kahl wohl nicht loslassen - ob als Schauspieler, Sänger, Tänzer, Regisseur, Autor oder in einer facettenreichen Kombination aus alledem.