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Ein Bruce-Lee-Film gab den Anstoß


Autor: Evi Seeger

Wachenroth, Montag, 11. März 2013

Der SV Wachenroth hat seit 35 Jahren eine Taekwondo-Abteilung. Hier lernen viele Kinder und Jugendliche, sich zu behaupten, und entwickeln ihre motorischen Fähigkeiten. Am Sonntag fanden Gürtelprüfungen statt.
Gleichgewicht und Koordination werden trainiert. Fotos: Evi Seeger


Es ist still in der Halle. Eine Atmosphäre höchster Konzentration erfüllt den Raum. Unterbrochen wird die Stille lediglich von den Kommandos des Trainers oder dem "Kiai", dem Kampfschrei der jugendlichen Sportler, der dazu dient, einen imaginären Gegner einzuschüchtern und die eigenen Kraftreserven zu mobilisieren: In der Wachenrother Ebrachtalhalle finden Gürtel-Prüfungen der Taekwondo-Kampfsportschule statt. Etwa ein Dutzend Jugendlicher und Kinder stellten sich am Sonntag diesen Prüfungen.
46 Mitglieder zählt die Abteilung, die es als Sparte des SV Wachenroth seit 35 Jahren gibt. Zwei Drittel ihrer Mitglieder sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Trainiert werden sie von Mathias Schönlein, Daniel Lottes, Stephan und Bastian Berberich. Allesamt besitzen sie den Schwarzen Gürtel und leisten diese Arbeit seit vielen Jahren ehrenamtlich.
"Wir bilden uns regelmäßig weiter", sagt Mathias Schönlein.

Während der jüngsten Weiterbildung in Vierkirchen hätten hochqualifizierte Dozenten der TU München die Ausbildung begleitet. "Dabei ist aufgefallen, dass wir in nichts nachstehen", erzählt Schönlein. Große Unterschiede in den neuen Trainingsmethoden habe man nicht festgestellt.
In vielen Kampfsportarten gebe es alte Übungen, die man heute kaum noch praktiziere. Hingegen fänden sich heute viele Elemente aus der modernen Physiotherapie im Training wieder. Fitness- und Stabilitätsübungen, "die man auch gut zu Hause vor dem Fernseher machen kann", könne man hervorragend einfließen lassen. "Das passt ganz wunderbar in die Zeit", findet Schönlein. Die Schüler lernen, einen stabilen Stand zu haben. Die Koordination werde durch viele Überkreuzungen geschult. "Weil sie durch das viele Sitzen verkümmert, muss auch die Rumpfmuskulatur gestärkt werden." Taekwondo sei der ideale Ganzkörpersport.
Zusätzlich zum bisherigen Trainingsangebot bietet die Taekwondo-Schule ab April ein spezielles Kindertraining für Grund- und Vorschulkinder ab sechs Jahren an. Die Kinder sollen spielerisch an das Kampfsporttraining herangeführt werden. Dabei lernen sie, sich selbst zu behaupten und können sich grundlegende motorische und koordinative Fähigkeiten erarbeiten. Da ein sechsjähriges Kind ganz andere motorische Voraussetzungen und auch eine andere Motivation als ein Erwachsener habe, seien die Trainingsinhalte für jede Altersstufe ganz individuell auf sportliche, gesundheitliche und pädagogische Ziele hin entwickelt worden.
Die Frühförderung beinhalte spielerisches Training und ein Herantasten an die Sportart Taekwondo. Dazu zähle das Training des Gleichgewichts-, Rhythmus- und Koordinationsgefühls. Auf Kinder mit ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung) wirke sich Taekwondo übrigens sehr positiv aus: "Durch die klar strukturierte Technik und den Rahmen bin ich gezwungen, mich zu konzentrieren", erklärt Trainer Stephan Berberich. Und im Training mit einem Partner müsse man sich automatisch auf sein Gegenüber einstellen.
Bestrafung gebe es im Taekwondo nicht. Allein schon der Rahmen, die respektvolle Begrüßung, die Anzüge und die Positionierung würden ausreichen, damit sich die Schüler konzentrieren. Dass Schüler auffällig wurden, hat Berberich noch nie beobachtet. Obwohl man vermitteln wolle, dass es sich nicht ausschließlich um Sport, sondern um Kampfsport handle. Dabei würden auch Techniken erlernt, die - werden sie richtig angewandt - Schäden verursachen könnten. Die "Hyongs", das ist eine festgelegte Abfolge von Bewegungen, symbolisieren zwar die Verteidigungs- und Abwehrtechnik gegen einen unsichtbaren Gegner. Aber man lerne im Training "nicht nur in die Luft zu schlagen", sondern - mit dem Übungspolster - auch Ziele zu treffen. Die Philosophie aller asiatischen Kampfsportarten beschreibt Stephan Berberich so: "Wir trainieren, wie wir kämpfen können, um nicht kämpfen zu müssen!"
Entstanden ist die Taekwondo-Abteilung nach den Worten von Josef Wichert "aus einer Laune heraus". 1978, nachdem sie im Kino einen Bruce-Lee-Film gesehen hatten, wollten etwa zwanzig junge Wachenrother "so eine Kampfsportart" auch lernen. Sie holten sich einen Trainer aus Erlangen, der sie vier Jahre lang unterwies. "Dass es ein Taekwondo-Lehrer war, war reiner Zufall", sagt Wichert. Von Anfang an dabei, ist er Abteilungsleiter und natürlich Träger des Schwarzen Gürtels, der den Meistern vorbehalten ist. Die Gürtel davor sind in dieser Folge weiß, gelb, grün, blau, und braun, jeweils mit einer Zwischenstufe. Josef Wichert bildete zusammen mit Mathias Schönlein und Rainer Kaiser aus Burgebrach die Jury bei den Prüfungen.