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Die Strohbären treiben es wild in Baiersdorf


Autor: Dr. Manfred Welker

Baiersdorf, Montag, 04. März 2019

Allerlei seltsame Gestalten zogen am Sonntag bei einem Umzug durch Baiersdorf, der ursprünglich mit Fasching gar nichts zu tun hat.
Strohbären und Fasalecken zogen durch Baiersdorf.    Foto: Manfred Welker


Dass am Fastnachtssonntag die Fasalecken und die Strohbären aus Effeltrich nach Baiersdorf kommen, hat Tradition. Allerdings handelt es sich nicht um einen Fastnachtsumzug, von denen es einige in der Region gibt, sondern das Strohbärentreiben entstand aus der Tradition des Todaustragens am Sonntag "Laetare".

Aber bevor die Strohgewänder der Bären auf dem Großparkplatz symbolisch verbrannt werden konnten, war viel Arbeit nötig. Seit dem Vormittag waren an diesem Sonntag zahlreiche Helfer in Effeltrich damit beschäftigt, die Strohbären in Wickenstroh einzukleiden. Das Wickenstroh dafür muss extra angebaut werden, wie Altbürgermeister Richard Schmidt aus Effeltrich zu berichten weiß. Die Gemeinde stellt dafür ein Grundstück zur Verfügung. Allerdings darf das Wickenstroh nicht auf herkömmliche Weise gemäht werden. Ein in die Jahre gekommener Fahr-Mähbinder aus einem Ort bei Kronach dient dazu, das Stroh in der ganzen Länge zu ernten. Zum Einsatz kommt auch ein alter Gabelwender, um das Stroh trocken einfahren zu können. Das Stroh wird dann bei der Baumschule Kupfer gelagert.

Der jüngste Strohbär war elf Jahre alt

Nach dem Einkleiden wurden die Strohbären mit einem eigenen Fahrzeug nach Baiersdorf gefahren und trafen dann mit den Trachtenmädchen und den Fasalecken wieder zusammen. Fünf Strohbären waren in diesem Jahr nach Baiersdorf gekommen. Der jüngste davon war Marc Henze mit elf Jahren. Die Gäste aus Effeltrich wurden von Cosima Lange und Carla Stadter mit einem kurzen Prolog in Baiersdorf begrüßt, bevor der Umzug beginnen konnte.

Dem Zug voraus schritt ein Baiersdorfer Strickreiter. Die steife Montur macht das Gehen für die Strohbären allerdings nicht gerade einfach. Und trotzdem mussten beim Zug durch die Stadt die Treiber, wie Schäfer mit einem Fell bekleidet und einem Stab in den Händen, immer wieder versuchen, ihre Strohbären mehr oder weniger gut zu bändigen, die sich mit ihrem Ruf "Allamouschee" über am Straßenrand befindliche Mädchen und Frauen hermachen wollten. Viele blieben nach diesen stürmischen Annäherungsversuchen zerzaust und mit viel Stroh im Haar wieder am Straßenrand zurück.

An der Spitze des Zuges marschierte die Blaskapelle, nach den Strohbären folgten die Fasalecken mit Peitschengeknall. Das Gewand der Fasalecken wird in der Familie aufbewahrt. Die langen Bänder für das Gewand der Fasalecken konnten noch zum Teil in einem Geschäft in Forchheim gekauft werden oder müssen aus der Pfalz bezogen werden. Der Strohhut wird alle Jahre neu mit grünem Buchs besteckt und mit Bändern eingefasst. Charakteristisch ist es auch, dass die Mädchen der Tanzpaare in Tracht erscheinen, ebenso kleine Mädchen.

Am Linsengraben angekommen, wurden die Strohbären "gehäutet", das Stroh auf einen Haufen geworfen und dann mit einer Fackel entzündet. Begleitet von der Musikkapelle führten die Burschen mit ihren Trachtenmädchen Volkstänze um das Feuer auf. Ganz Mutige sprangen am Schluss sogar über das niedergebrannte Feuer.

Ehrungen

Monika Hofmayer, die Vorsitzende des Heimatvereins Baiersdorf, ehrte Michael Marsching, der seit 20 Jahren nach Baiersdorf kommt, davon 14 Jahre als Fasaleck und sechs Jahre als Strohbär, Nicolas Wirth für zehn Jahre als Treiber und Bauernmadla, Tobias Kupfer für fünf Jahre Strohbär, und Antonia Stark, die mit ihren acht Jahren schon fünf Jahre als Trachtenmädchen mit dabei ist, mit einer Urkunde.

Baiersdorfs Bürgermeister Andreas Galster (CSU) und Effeltrichs Bürgermeisterin Katrin Heimann (DEL) sind sich einig, dass diese Tradition unbedingt erhalten bleiben muss. "Wir wollen, dass dieses alte Brauchtum erhalten bleibt", sagt auch Monika Hofmayer.

Historischer Hintergrund

Vermutlich entstand der Zug der Fasalecken und Strohbären von Effeltrich nach Baiersdorf ursprünglich aus dem Brauch des Todaustragens am Sonntag "Laetare" in der Fastenzeit. Mit dem Stroh wurde symbolisch der Tod verbrannt. Allerdings verwischte sich im Laufe der Zeit die ehemalige Bedeutung immer mehr.

Der Brauch ruhte für längere Zeit, bis erstmals wieder 1926 der Effeltricher Gastwirt Kotz für seine "Oberdörfer" Burschenschaft die Erlaubnis erwirkte, nach Baiersdorf ziehen zu dürfen, was allerdings in diesem Jahr kaum beachtet wurde. Eduard Rühl, der Vorsitzende des Heimatvereins Erlangen, interpretierte die Aktion als Winteraustreiben.

1931 wurde die Effeltricher Abordnung erstmals vor dem Rathaus in Baiersdorf offiziell begrüßt und mit einem Geldpräsent belohnt. Nach der Festansprache Rühls erfolgte der traditionelle Heischegang durch die Stadt. 1939 brachten die Effeltricher ihre Musikkapelle und eine Trachtengruppe mit nach Baiersdorf. Dabei handelt es sich genau genommen um einen Heischebrauch, mit dem die Akteure in früheren Zeiten ihren Tribut einforderten - Geld, Essen oder alkoholische Getränke.

Unterbrochen durch den Zweiten Weltkrieg konnten 1947 erste Bemühungen verzeichnet werden, den Brauch erneut zu beleben. 1952 fand die nun als Winteraustreiben apostrophierte Aktion wieder als offizielle Brauchtumsveranstaltung im erweiterten Rahmen statt und ist seitdem jedes Jahr ein Anziehungspunkt für zahlreiche Zuschauer. Dies ist besonders den Mitgliedern des 1950 gegründeten Heimatvereins Baiersdorf zu verdanken.

Der Verein übernimmt die Verpflegung der Akteure aus Effeltrich im Feuerwehrhaus, und auch auf dem Festplatz am Linsengraben können die Strohbären nach der staubigen Aktion ihren Durst aus einem alten Trinkhorn löschen, das von den Verantwortlichen des Heimatvereins schon seit vielen Jahren gehegt und gepflegt wird.