Die Kerwa in Untermembach: Klein, aber fein und traditionell
Autor: Michael Busch
Untermembach, Freitag, 13. Sept. 2019
Keine Fahrgeschäfte, kein großer Festplatz - die Kirchweih in Untermembach gehört in die Kategorie "Klein". Aber genau solch ein Fest zeigt, was eine Kerwa eigentlich ausmacht: Es sind die Traditionen und der Zusammenhalt.
Der Bürgermeisterkandidat der Freien Wähler hat nach Untermembach eingeladen. "Schau Dir mal die dortige Kerwa an, das ist eine Tradition, wie man sie selten irgendwo sieht." Erich Biermann mag den Heßdorfer Ortsteil und erst recht die dortige Kerwa. "Hier treffe ich die Leute vor Ort, kann hören, was sie beschäftigt, was sie sich von der Gemeinde erwarten."
Selbstverständlich ist er bereits am Donnerstagmorgen da, zum Frühschoppen. "Ich habe noch Urlaub", lacht er, daher kann er sich die saure Radler erlauben. Lediglich der Besuch beim Friseur stand auf der To-do-Liste. Die meisten Besucher des Frühschoppens sind überraschenderweise keine Rentner, die vielleicht Zeit hätten. Die Firmen aus der Gegend sind anwesend. Nicht nur aus Untermembach oder Heßdorf. Dechsendorfer fühlen sich dem Seebachgrund ebenso verbunden wie Großenseebacher oder der eine oder andere Weisendorfer. Herzogenaurach muss angesichts der vielen Besucher von dort regelrecht verlassen sein.
Man sitzt zusammen mit der Firma, mit den Parteifreunden, mit Vereinsfreunden, manchmal mit der Familie. Gesprochen wird über Gott und die Welt und dass der Pfersching diese Tradition aufrecht erhält. Harald Pfersching ist der Inhaber des Gasthauses Noppenberger. Dreh- und Angelpunkt einer jeden Kerwa. Zusammen mit den Ortsburschen sieht er zu, dass dieses Fest auch erhalten bleibt. Die Ortsburschen selber widmen sich vor allem den Traditionen.
Genau an dieser Stelle zeigt sich, dass eine Kerwa genau von diesen Traditionen lebt. Und ebenso wie in den größeren Gemeinden werden die wichtigsten Traditionen gemeinsam gelebt. Natürlich wird am Samstag gemeinsam mit ehemaligen Kerwasburschen der Baum im Wald geschlagen, in den Ort gebracht und aufgestellt. Und natürlich wird in der Nacht nach dem Baumaufstellen derselbe eine Nacht lang bewacht werden. Niemand will am Morgen vor dem Baum stehen und sehen, dass Burschen aus anderen Orten die Rinde vom Baum geschält haben könnten, dieser Blamage will man sich nicht hingeben. Die Dauer des Baumbewachens dauert in der Regel meist bis Sonnenaufgang, ob man sich hier in der Region auch geeinigt hat, dass der Baum nach 6 Uhr morgens nicht mehr geschält werden darf, ist leider nicht bekannt.
Biermann kennt dieses Spektakel. "Auch vorher, also als ich kein Bürgermeisterkandidat war, bin ich in Heßdorf mit raus in den Wald gefahren, um den Baum zu holen." Biermann ist wohl der einzige Bürgermeisterkandidat, der in Heßdorf jahrelang Kirchweihbursch war. Er weiß, wie man mit den Schwalben umgeht, um den rund 30 Meter hohen Baum in die Senkrechte zu bringen. Selbstverständlich wird er bei den Untermembachern das Spektakel aus nächster Nähe beobachten. Immerhin wird auch heuer wieder ein Kinderkirchweihbaum aufgestellt. "Ich versuche generell bei den Kerwas in den Ortsteilen da zu sein, das ist kein Pflichtprogramm, ich mag die Kirchweihen", betont er.
Kesselfleisch und Bier
Was ebenfalls dazu gehört, um eine richtige Kerwa zu sein, ist das "Betzen austanzen". Hier tanzen die Paare solange im Kreis mit einem Strauß, bis ein Wecker klingelt. Der "Betz" (Schafbock) gehört dann dem Paar, das gerade den Blumenstrauß in Händen hält.
Nicht zu kurz kommen dürfen die kulinarischen und musischen Genüsse. Zweiteres wird bedient durch Musikgruppen wie Faded Glory direkt am Freitag nach dem Bieranstich durch den amtierenden Bürgermeister, durch die Musiker von "Volldampf" , den Pokalschlawinern am sonntäglichen Frühschoppen und den Tri Top zum Abschluss am Montagabend.