Druckartikel: Die Geschichte einer starken Frau

Die Geschichte einer starken Frau


Autor: Larissa Händel

Adelsdorf, Montag, 19. Februar 2018

Autorin Marita Spang verrät im Interview, was sie an der Heldin ihres neuen Romans "Die Frauenburg" fasziniert und was die Zuhörer ihrer Lesung erwartet.
Marita Spang stellt in Adelsdorf ihren dritten Roman vor.   Foto: privat


Mit ihrem Roman "Die Frauenburg" katapultiert Marita Spang ihre Leser zurück in das 14. Jahrhundert. Eine Zeit, in der Frauen kaum Rechte, dafür umso mehr Pflichten hatten. Das vorgesehene Rollenbild war begrenzt auf hausfrauliche und mütterliche Tätigkeiten, Gehorsamkeit gegenüber dem Vater und später dem Ehemann galt als oberstes Gebot.
Diese völlige Abhängigkeit thematisierte die im Naheland beheimatete Autorin, die mit ihrem Debütroman den Literaturpreis "Goldener Homer" gewann, bereits in ihrem zweiten Buch "Blut und Seide". Dass es im spätmittelalterlichen Deutschland aber durchaus Ausnahmen gab, wird in ihrem dritten historischen Roman, der "Frauenburg", deutlich: Eine außergewöhnliche Frau namens Loretta von Starkenburg-Sponheim beschritt damals ganz neue Wege. Früh verwitwet übernahm sie die Regentschaft für ihren unmündigen Sohn und verteidigte unermüdlich dessen Gebiet. Dabei schreckte sie auch nicht davor zurück, sich gegen mächtige Männer aufzulehnen. Ganz im Gegenteil - sie forderte es geradezu heraus.
Marita Spang verwebt in der "Frauenburg" gekonnt Historie und Fiktion miteinander und beweist einmal mehr, dass sie die seltene Kunst beherrscht, einen Roman sowohl kurzweilig und fesselnd als auch informativ und lehrreich zu gestalten. Bei der Entwicklung ihrer Figuren kam der 58-Jährigen ihre Berufserfahrung als Psychologin zugute, denn man merkt schnell, wie gekonnt sie es versteht, Charakterzüge herauszustellen und ihren Figuren eine Stimme zu verleihen.

Die Geschichte zu Ihrem Buch haben Sie auf einer Wanderung entdeckt?
Marita Spang: Ja, wobei ich sagen muss, dass ich die Geschichte eher wiedergefunden habe. In meiner Heimat im Naheland gibt es sogenannte Premiumwanderwege, zu denen auch der Mittelalterweg in Herrstein gehört. Eine Infotafel in dem malerischen Ort schildert die Kerngeschichte rund um Loretta von Starkenburg-Sponheim und den Kurfürsten und Erzbischof Balduin von Trier, wie ich sie später auch in meinen Roman eingebaut habe. Sofort war ich fasziniert und nach einer kurzen Recherche wurde mir klar, dass ich bereits als kleines Mädchen von dieser Legende gehört hatte. Damals war mir die Bedeutung aber natürlich noch nicht klar.

Lässt sich heute noch sagen, ob tatsächlich eine Verbindung zwischen Loretta und ihrem Widersacher Balduin bestand?
Diese Verbindung bestand auf jeden Fall. Balduin war schon mit Lorettas Schwiegervater, der ihr die Regentschaft übertrug, verbündet. Außerdem muss man sagen, dass Balduin keineswegs den heutigen Vorstellung eines Erzbischofs entsprach. Er war ein absoluter Machtmensch, für den Keuschheit ein Fremdwort war. Als Mensch, der nach immer mehr Macht strebte, war es Balduins Taktik, auf feindlichen Gebieten Burgen errichten zu lassen. Dadurch entstanden Fehden, die er fast immer gewann. So sicherte er sich weitere Gebiete, und die ehemaligen Landesherren wurden zu seinen Lehnsleuten. Er schreckte auch nicht davor zurück, auf Lorettas Territorium bei Birkenfeld eine Burg zu errichten. Doch da hatte er die Rechnung ohne Loretta gemacht.

Was unternahm sie?
Sie ließ ihn kidnappen und hielt ihn sechs Wochen auf der Starkenburg gefangen. Das Verwunderliche daran ist, dass er noch mindestens zwei Wochen länger dort blieb - und zwar freiwillig. Da liegt die Vermutung nahe, dass die beiden mehr als nur eine politische Beziehung verband. Bewiesen ist das zwar nicht - aber das Gegenteil ist auch nicht bewiesen.

Inwiefern hob sich Loretta noch vom Frauenbild ihrer Zeit ab?
Loretta war jemand, der in vielerlei Hinsicht weiblich dachte, aber männlich handelte. Als Beispiel dafür sehe ich das Bürgesystem, das sie erfunden hat. Im 14. Jahrhundert war das Problem der Landflucht relativ weit verbreitet. Man durfte sich nicht unerlaubt vom Gebiet seines Landesherrn entfernen. Wer es doch tat, wurde schwerstens bestraft. Die Stadt war für viele Menschen der Weg in die Freiheit. Wer ein Jahr dort lebte, war seinem ehemaligen Herrn nicht mehr untertänig. Lorettas System beruhte darauf, dass die Menschen Bürgen beibringen mussten, die mit ihrem persönlichen Vermögen dafür hafteten, dass sie nicht flüchten. So passte natürlich jeder auf den anderen auf oder nahm gleich Rücksicht, um ihn durch seine Flucht nicht zu schädigen. Mit Köpfchen und Menschenverstand brachte sie sie so dazu, keine Landflucht zu begehen. Ihr System war sehr erfolgreich und erfuhr viel Nachahmung.

Gibt es eine Verbindung zwischen Ihrem zweiten Buch "Blut und Seide" und der "Frauenburg"?
Eine wichtige historische Person in "Blut und Seide" ist der Kreuznacher Held Michel Mort, der dem Grafen von Sponheim diente. Loretta ist eine entfernte angeheiratete Verwandte dieses Grafen. In meinem zweiten Buch thematisiere ich die unglaubliche Gewalt gegenüber Frauen. In der "Frauenburg" geht es dann um die absolute Ausnahmeerscheinung Loretta, die es ausgezeichnet verstand, sich in dieser Männerdomäne durchzusetzen.

Dürfen sich Ihre Leser schon auf eine neue Geschichte mit historischem Hintergrund freuen?
Demnächst erscheint mein viertes Buch und gerade schreibe ich an den letzten Zeilen des fünften Romans. All zu viel will ich noch nicht verraten, nur, dass wir einen großen Zeitsprung vom Mittelalter ins 19. Jahrhundert machen.

Was dürfen die Zuhörer auf Ihrer Lesung erwarten?
Ich wähle nicht nur charakteristische Szenen aus, sondern präsentiere dazu auch passende Hintergrundinformationen über das Zeitgeschehen, wie etwa die Stellung der Frau in der Gesellschaft.


Das Buch "Die Frauenburg" ist seit Dezember 2016 als E-Book erhältlich und erscheint am 1. März als Printversion. Am Freitag, 2. März, ab 19.30 Uhr, stellt Marita Spang ihren Roman "Die Frauenburg" bei Bücher-Schmidt in Adelsdorf vor. Der Eintritt kostet zehn Euro. Karten gibt es im Vorverkauf im Buchladen. Auch eine Reservierung unter Telefon 09195/992057 oder per E-Mail an buecher-schmidt@t-online.de ist möglich.