Die Einzelschicksale belasten sehr
Autor: Richard Sänger
Herzogenaurach, Mittwoch, 22. November 2017
Trotz der sinkenden Zahl von Asylsuchenden sind die ehrenamtlichen Betreuer in Herzogenaurach immer noch stark gefordert.
Im November 2013 hat sich die Flüchtlingsbetreuung Herzogenaurach gebildet. Seitdem engagieren sich Menschen für diejenigen, die bei uns Schutz und Hilfe suchen. Grundlage der Aufgabe ist die "Herzogenauracher Erklärung" und das Organisationsstatut, beides verabschiedet von der Vollversammlung der Flüchtlingsbetreuung Herzogenaurach im März 2015 im Martin-Luther-Haus. Das gemeinsame Engagement in der Flüchtlingsbetreuung entstand bereits vor Ankunft der ersten Flüchtlinge im November 2013 in Herzogenaurach. Zahlreiche Bürger, Kirchen und soziale Organisationen haben sich unter der Zielsetzung zusammengefunden, Brücken zu bauen, Flüchtlingen eine Heimat zu geben und damit die Würde des Menschen zu wahren.
Bei der Jahresversammlung der Flüchtlingsbetreuung im Martin-Luther-Haus wurde deutlich, dass trotz weniger Asylsuchender die ehrenamtlichen Betreuer immer noch stark in Anspruch genommen werden und vor allem auch Einzelschicksale eine starke Belastung darstellen. Eingangs ließ Uschi Schmidt vom Lenkungskreis neben der Alltagsbetreuung und Unterstützung bei der Integration auch eine Reihe von Veranstaltungen Revue passieren, in die sich die Flüchtlinge auch aktiv einbrachten.
92 sind anerkannt
Wie Zweite Bürgermeisterin Renate Schroff berichtete, wohnen im Stadtgebiet derzeit 168 Flüchtlinge und Asylbewerber, davon noch 50 in den Containern an der Eichelmühlgasse. Von den Flüchtlingen wurden 92 anerkannt. Wie Björn Blum, Freiwilligenmanagement und Wohnungskoordinator des ASB Erlangen-Höchstadt, erklärte, fehlt aktuell Wohnraum für 21 anerkannte Flüchtlinge und ihre Familien. In diesem Zusammenhang hoffen Flüchtlingsbetreuung und ASB sowie Caritas auch auf das Projekt der Lebenshilfe, bezahlbaren Wohnraum in Herzogenaurach zu finden.
Todesfälle gehen nahe
"Die Situation ist immer noch sehr belastend, vor allem Einzelschicksale", klagte Sprecherin Uschi Schmidt. So seien auch zwei Babys und ein Asylsuchender in der Unterkunft an der Eichelmühlgasse gestorben, eben Schicksalsschläge die nicht nur den Angehörigen, sondern auch die Ehrenamtlichen aus der Flüchtlingsbetreuung nahe gehen.
Zeitraubende Hürden
Massive Kritik wurde in den Diskussionen vor allem auch am Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) geübt und es konnte durch Beschwerden und Eingaben zumindest erreicht werden, dass die Entscheider bei der Behörde jetzt auch beim Interview dabei sind. Trotz aller Bemühungen konnten aber auch Abschiebungen nicht verhindert werden. So wurden von den Gesprächsteilnehmern vor allem die Hürden in der Politik und der Verwaltung bemängelt, die den ehrenamtlichen Helfern zusätzlich die Arbeit erschweren und viel Zeit rauben - abgesehen von den Belastungen für die Asylsuchenden.Für eine Familie wurde im Bayerischen Landtag auch eine Petition im Bayerischen Landtag in Gang gesetzt, weil keine Anhörung erfolgte. Allerdings mit dem Ergebnis, dass Atteste nicht anerkannt wurden und eine Ausbildungsduldung abgelehnt wurde. Zudem wurde die Ausübung einer Arbeit mit Strafe wegen illegaler Beschäftigung verboten.
Strafe für Kirchenasyl
Zumindest wurde mit Einschaltung der Abgeordneten aus Bund und Land erreicht, dass vier Fälle noch einmal geprüft werden. Dass das Kirchenasyl auch nicht mehr ohne Folgen bleibt, wurde auch vom Pfarrer Helmut Hetzel bestätigt. Trotz Agreement zwischen Staat und Kirche erhebt die Staatsanwaltschaft Klage gegen Personen, die im Kirchenasyl waren und auch gegen Pfarrer. Hintergrund ist das verschärfte Vorgehen der Staatsanwaltschaften in Bayern - ein dreistufiges Prozedere von Einstellung des Verfahrens über eine Geldbuße bis hin zu einem Strafbefehl. So werden Pfarrer strafrechtlich belangt, wenn sie Flüchtlingen Kirchenasyl gewähren. In Bayern nahmen zuletzt mehrere Staatsanwaltschaften wegen Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt Ermittlungen gegen Pfarrer auf, die von der Abschiebung bedrohten Flüchtlingen Kirchenasyl gewährt hatten.Eine intensive Diskussion und Neuwahl des Lenkungskreises wurde dann in Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit unterlassen. Da sich aus dem Kreis der Anwesenden an diesem Abend niemand fand, der Mitglied im Lenkungskreis werden wollte, erklärten sich die bisherigen Mitglieder bereit, die Aufgaben kommissarisch bis etwa März nächsten Jahres fortzuführen. Bis dahin sollen per Mail und durch persönliche Ansprache neue Helfer/ Mitglieder für den Lenkungskreis gefunden werden. Erste Ansprechpartner dafür sind vor allem die Personen des bisherigen Helferkreises von rund 200 Leuten. Uschi Schmidt dankte mit einem kleinen Geschenk den bisherigen Mitgliedern des Lenkungskreises.