Der Pilger aus Adelsdorf mit dem Karren
Autor: Pauline Lindner
Schlammersdorf, Dienstag, 07. Oktober 2014
Ganz spezielle Erfahrungen machen die Menschen auf dem Weg nach Santiago de Compostela. Das Besondere für diese Pilger sind aber immer die Begegnungen mit interessanten Menschen, die das gleiche Ziel haben. Das meint Kurt Sandler aus Adelsdorf, er ist schon zwei Mal den Camino gegangen.
Die Brauerei Witzgall ist eine urtypische fränkische Wirtschaft. Am Eingang hängt ein großer Zettel mit einer Jakobsmuschel drauf: Heute Pilgerstammtisch. Im Nebenzimmer sitzt schon eine ganze Reihe recht unterschiedlicher Menschen. Neben ihnen liegen Landkarten, Reiseführer und sonstiges Infomaterial, das man brauchen kann, will man sich für eine Pilgerfahrt nach Santiago fitmachen.
"Pilger duzen sich. Ich bin der Kurt, und wie heißt du?", spricht einer der Stammtischbesucher Ankommende an. Neben ihm grüßen genauso herzlich Maria und Arnold. Das Paar ist in diesem Sommer den Franziskusweg von Florenz über Assisi nach Rom gelaufen.
Kurt Sandler aus Adelsdorf hat schon zwei Mal die 800 Kilometer von der französischen Grenze bis zum weltbekannten Wallfahrtsort in Galizien zurückgelegt. Die drei tauschen ihre Erfahrungen aus.
Die Pilgerwege in Italien sind weitaus weniger begangen als der Camino nach Santiago; die Quartiersuche ist schwieriger und oft ist die Streckenführung steiler. Das Paar kennt auch die Via Francigena, die vom Großen Sankt Bernhard nach Rom führt, auf der im Mittelalter auch Könige und Kaiser zum Papst zogen.
Die mussten ihr Gepäck aber wohl nicht selber tragen; doch der heutige Pilger im Allgemeinen schon. "Je weniger, desto besser", sagt Maria nur. Und Kurt ergänzt mit Blick auf eine aufgelegte Ausrüstungsliste: "Selbst das ist noch zu viel; Wechselklamotten kann man sich sparen, wenn man Kleidung aus schnell trocknenden Fasern immer wieder auswäscht." Von zwölf Kilo speckte er auf acht ab. Kurt achtet sehr auf das Gewicht seines Rucksacks, auch wenn er ihn auf einem Karren hinterher zieht. 2009 bei einer Gruppentour auf der Strecke des Jakobswegs von Nürnberg nach Ulm, so erzählt er, musste er feststellen, dass sein Knie wegen der Last auf dem Rücken schmerzt.
"Ich brauche was zum Hinterherziehen", war er sich sicher und fing das Tüfteln an. Zerlegbar sollte das Gefährt sein, falls er doch in ein öffentliches Verkehrsmittel steigen müsste, Treppen wollte er damit schaffen und es muss "so klein sein, dass es für den Heimflug in einen Rucksack passt".
Sein Pilgerkarren, der inzwischen schon zwei Mal auf dem Camino war, hat eine Bodenplatte, Räder mit Steckachsen und zwei Laufstöcke anstelle einer Deichsel. "Ich brauche die Hände zum Reden", dachte sich der Tüftler und erinnerte sich an einen breiten Gurt mit Hosenträgern, wie er bei der Bundeswehr verwendet wird. An ihm kann er die Stöcke einklinken, und hat so die Hände frei.
"Wie a Esela bin ich dann 2010 von Saint Jean Pied de Port am französischen Fuß der Pyrenäen losgezogen und als erstes lief mir auf der spanischen Seite ein Esel über den Weg." Damit ist das Gespräch bei den Begegnungen angelangt.
Auch schlimme Begegnungen
Maria und Arnold wurden dieses Mal gleich zwei Mal mit Dieben konfrontiert. Einmal bei einer Übernachtung und das andere Mal wollte in Rom ein Taschendieb zugreifen. Arnold konnte ihn aber stellen.
Kurt fällt eine Übernachtung in einem spanischen Pilgerhospiz ein. Eine Gestalt im Zimmer riss ihn aus dem Schlaf. Am nächsten Morgen stellte sich die Sache als harmlos heraus: Eine Pilgerin hatte sich in der Tür geirrt. Überhaupt die Herbergen und ihre Herbergswirte: Der Buddhist Carlos, der sich um christliche Wanderer kümmert mit dem Lebensmotto: Ich diene den Menschen. Oder Schwester Marie Noelle, die der Herberge in Burgos vorsteht. Sie gehört zum Orden Notre Dame de Vie und kennt dessen Niederlassung in Weisendorf.
"Wart ihr in Puente La Reina in der neuen Herberge?", fragt Maria, als Kurt von seiner zweiten Tour im vergangenen Jahr erzählt. Zu ihr hat er sich mit Ron verabredet, einem Amerikaner, den er bei seinem ersten Camino kennenlernte.
Von Cleopatra aus Ruanda erzählt er, die in jeder Kirche ein Kerze anzünden wollte; von einer Schwedin mit einem riesengroßen und einem winzigen Hund, die wegen der Tiere im Zelt übernachten musste, von...
Jakobuspilgertag