Der letzte Ferkelzüchter in ERH gibt auf
Autor: Andreas Dorsch
Pretzdorf, Mittwoch, 06. März 2019
Das immer billiger werdende Schweinefleisch lässt der Familie Neuner im Vestenbergsgreuther Ortsteil Pretzdorf keine andere Wahl.
Ein Kilo frischer Schweinekammbraten ohne Knochen für 3,79 Euro (minus 55 Prozent) - so steht es im Prospekt einer Lebensmittelkette, die auch noch mit dem Slogan "Wir lieben Lebensmittel" und dem QS-Siegel wirbt. Wenn Friedrich Neuner solche Angebote liest, könnte er an die Decke gehen. Neuner ist Ferkelzüchter, aber nicht mehr lange.
Zusammen mit Ehefrau Gerlinde hat er in dem Vestenbergsgreuther Ortsteil Pretzdorf 35 Jahre lang Ferkel gezüchtet. Mit 60 Zuchtsauen haben die Neuners angefangen, 120 hatten sie am Ende. Zuchtsauen haben sie inzwischen keine mehr. Ihre letzten 300 Ferkel gehen in drei Wochen zum Schweinemäster. Dann ist für die Neuners Schluss mit der Ferkelzucht.
Sie sind die letzten Ferkelzüchter im Landkreis Erlangen-Höchstadt. "Vor zwölf Jahren hat es noch sieben solcher Betriebe im Kreis gegeben", blickt Tierarzt Dr. Lothar Richter zurück. Er betreut den Hof in Pretzdorf seit Jahren. Mit kurzen Transportwegen zum Mäster und zum Schlachthof wäre unsere Region für Schweinebetriebe eigentlich ideal, sagt der Tierarzt, "aber es findet sich niemand, der es machen will".
Von ihren 120 Zuchtsauen konnten die Neuners leben. Ihre Kinder haben allerdings kein Interesse, den Betrieb im westlichsten Eck des Landkreises weiter zu führen. Hauptproblem sind die niedrigen Fleischpreise, die natürlich voll auf die Ferkelzüchter durchschlagen. So registrierten die Neuners 2018 den niedrigsten Ferkelpreis seit 2008. "Heuer ist es minimal besser geworden, aber nicht kostendeckend", sagt Friedrich Neuner.
Im Jahr 2000 gab es in Mittelfranken 54 000 Zuchtsauen in 2400 Betrieben. Inzwischen sind es nur noch 26 500 Zuchtsauen in 390 Betrieben. Zahlen, die auch laut Tierarzt Richter für sich sprechen. Nur noch die großen Ferkelzuchtbetriebe bleiben übrig. "Die kleinbäuerliche Struktur löst sich auf", sagt Friedrich Neuner. "Landwirtschaft und Tierhaltung sind bei uns zum Abschuss freigegeben."
Gerlinde Neuner beklagt, dass alles nur noch über den Preis geht. Die Niedrigpreise beim Fleisch sind für sie der Tod der bäuerlichen Landwirtschaft. Tierarzt Richter wird deutlich: "Jeder, der ein Billigprodukt kauft, gibt damit das nächste Billigprodukt in Auftrag."
Die kleineren Ferkelerzeuger werden verdrängt, kleinere Mäster hören auf. Zweimal 200 Ferkel in der Woche könne man verkaufen, einmal 70 nehme niemand ab, sagt Friedrich Neuner. Immer mehr Ferkel kommen inzwischen aus dem Ausland. So wurden 2017 insgesamt schon 10,7 Millionen Ferkel mehr importiert als vor zehn Jahren.