Der Kassenwart ohne Notbremse
Autor: Pauline Lindner
Adelsdorf, Mittwoch, 13. November 2013
Christian Jakobs ist Adelsdorfs Kämmerer. Er zeigt seine Handlungsspielräume und Pflichten.
Ein Kämmerer in einer Gemeinde müsste doch ein Sparfuchs aus Passion sein, meint man. Wolfgang Mößlein, der frühere Adelsdorfer Kämmerer lacht laut auf. Er bekennt, froh zu sein, dass er zuhause eine Finanzministerin hat. "Ich bin schon mal losgezogen, um einen Autoprospekt zu holen. Heim kam ich mit einem nigelnagelneuen Auto." Dafür hat er aber ein bewährtes Faschingskostüm: die Kutte eines Bettelmönchs. "Das habe ich auch schon in Adelsdorf getragen."
Sein Nachfolger Christian Jakobs meint dagegen, bei ihm färbe der Beruf schon aufs Private ab.
"Ich habe noch nie meinen Dispo-Kredit in Anspruch genommen und meine Konten im Blick." Preis-Leistungs-Vergleiche bei privaten Anschaffungen, das gehört für den Niedersachsen "ein bisschen zum Kämmerer-Ethos". Im Dienst dürfe er ja auch nicht den Erstbesten nehmen, sondern müsse mehrere Angebote einholen.
Fragt man Jakobs - wie einst Robert Lemke in "Was bin ich? - was seine charakteristische Dienstgeste sei, schlägt er "mahnend den Stift heben" vor. Denn seine oberste Dienstpflicht ist für ihn, ständig darauf zu achten, dass die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit in der Gemeinde eingehalten werden. Eingreifen müsse er dann, wenn "wir über dem Haushaltsplan sind, wenn ich sehe, dass wir ins Minus laufen."
Bei diesem Punkt geht es beileibe nicht um Kontroversen oder Fehleinschätzungen in Gemeinderat oder der Verwaltung. Solche Situationen können dadurch eintreten, dass die Einnahmen in einem anderen Turnus in die Gemeindekasse fließen, als Geld gezahlt werden muss.
So kommt die Einkommensteuer, die fetteste Einnahmequelle, vierteljährlich; Löhne und auch die Kreisumlage, die zwei größten Ausgabeposten, sind monatlich zu zahlen. "Und nach Wahlen fließen Gelder aus Bundes- oder Landestöpfen auch langsamer als vorher", hat er auch in diesem Herbst beobachtet.
Bauarbeiten lässt die Gemeinde meist immer Sommer durchführen.
Dann flattern im Herbst die Rechnungen ins Haus, auch wenn meist ein Großteil der Summe schon durch Abschlagszahlungen getilgt ist.
Das ist der Zeitpunkt, an dem Jakobs Kassenkredite aufnehmen muss und - auch "die Kollegen erinnern und ermahnen" muss, Ausgaben etwas zu schieben oder zu splitten. Die große Büromaterialbestellung etwa oder Verbrauchsmaterial auf Vorrat.
"Das sind sicher nur Kleinigkeiten, aber sie läppern sich", sagt Jakobs. "Auch Peanuts können eine Größe erreichen, dass es ungeheuerlich wird."
Der Buchungsposten Sachaufwendungen der Gemeinde Adelsdorf beträgt denn auch zwei Millionen Euro. Dahinter verbergen sich alle anzuschaffenden Gegenstände, bis hin zum Straßenunterhalt.
"Das macht mir aber keine Bauchschmerzen. Das geht seinen Gang", versichert Jakobs.
Er sitzt derzeit darüber die Planrechnung für 2014 zu machen. "Das Wesentliche steht schon fest; Steuern und Gebühren und auch die Personalkosten kann man relativ genau schätzen", erklärt er.
Sein berufliches Ziel oder Muss ist das Plus am Ende der Ergebnisrechnung.
"Das wird 2014 schwer, denn die Kreisumlage steigt um 400 000 Euro", sagt Jakobs dazu. Der Grund ist die gestiegene Wirtschaftskraft seiner Dienstgemeinde. Und den Punkt "Vorsorge für die Zukunft" darf er auch nicht außer Acht lassen. Er muss Posten einstellen, für die Ausgaben, die jetzt schon verursacht sind. Als Beispiel nennt er eine Deponie, die genutzt wird. Abdecken wir unumgänglich sein. "Diese Ksoten müssen schon heute in die Gebühren einfließen.
Worst Case:
Was könnte ein Kämmerer tun, wenn ein Bürgermeister mit den Gemeindefinanzen Schindluder treiben will?
"Er hat keine Notbremse", sagt Jakobs nüchtern und fügt an: "Einen Shutdown könnte nur der Haupt- und Finanzausschuss anordnen, als Kontrollorgan der Verwaltung und des Bürgermeisters." So etwas sei nicht der Normalfall, bremst er . Üblicherweise läuft der ganze Geldfluss über den Tisch des Kämmerers. Er muss Zahlungsanordnungen abzeichnen. Und wenn es dick käme, würde er, Jakobs, eben seinen Stift mahnend heben.