Der "Dreggsagg" begeisterte die Höchstadter
Autor: Johanna Blum
Höchstadt a. d. Aisch, Sonntag, 30. Dezember 2012
Der "Dreggsagg" Michl Müller holte in der ausverkauften Höchstadter Aischtalhalle zum Rundumschlag aus. Im "Schweinsgalopp" raste er durch das Jahr 2012.
Ausverkauft, wie auch am Vortag schon in Erlenbach, war die Aischtalhalle am Samstag als es hieß: "Aus! Schluss! Fertig!" Der in Bad Kissingen geborene Ur-Franke Michl Müller, der sich selbst "Dreggsagg" nennt, ließ in seiner gewohnten Art mit viel Wortwitz und Elan das Jahr 2012 Revue passieren. "Ich freu' mich schon wie ein Karpfen im Kreisel", schrieb der Kabarettist am selben Tag auf seine Facebook-Seite.
Im "Schweinsgalopp" saust er durchs Jahr 2012 und kommt von den wesentlichsten Dingen des Weltgeschehens über Ereignisse vor Ort auf die menschlichen Schwächen in Politik und Sport. Dazwischen hört das Publikum seine Reime und Lieder - als Überleitung zum nächsten Thema - oft sprunghaft, aber durchaus verständlich.
Den Zuhörern kullern laufend Lachtränen über die Wangen.
Michl erinnert an die Finanzkrise, das FDP-Debakel, spricht vom miesen Fernsehprogramm, dem Traumschiff als "Mumienkutter". Vom Nachwuchs im englischen Königshaus - "halb England ist schwanger und kotzt", - von Berlusconi, der "Testosteronbombe" und von den sportlichen Großereignissen des Jahres. Merkels merkwürdige Zufriedenheit - sie schwebt heute auf einer Wolke davon - durchzieht das Programm wie ein roter Faden. An so manchem Politiker lässt er kein gutes Haar.
Über drei Stunden Programm
Mehr als drei Stunden unterhält der "Dreggsagg" die volle Halle und vor seinem scharfen Blick ist und war im abgelaufenen Jahr nichts sicher. So bringt er fast vergessene Ereignisse und Missstände wieder zum Vorschein.
"Bis Ende November ziehe ich mein normales Programm durch", verrät der Kabarettist vor der Vorstellung unserer Zeitung. "Dann schreib ich eine Woche lang das Aktuelle zusammen und dann geht's auch schon los." Um seine Programme vorzubereiten und auf dem Laufenden zu bleiben, ist es für ihn Pflicht, täglich die Zeitung zu studieren. "Lokales entsteht dann auf der Bühne", erzählt er.
"Wenn ich raus zum Publikum komme, fange ich einfach an - wie ich grad drauf bin und dann greife ich den roten Faden auf." Auf die Frage, welchem Politiker er gerne mal persönlich seine Meinung sagen würde, antwortet er spontan: "Der Merkel. Die ist doch die einzige Politikerin, von der man was wahrnimmt - obwohl, so in den letzten vier Wochen hat man gar nix von ihr gehört", sinniert er. Seit er Claudia Roth persönlich kennen gelernt hat, musste er feststellen, dass sie im Fernsehen ganz anders rüberkommt: "Da macht sie einen nervtötenden Eindruck, aber in Wirklichkeit ist sie echt nett."
Auftakt für 20 Jahre HEC
Der Abend war für den Veranstalter Höchstadter Eishockeyclub (HEC) der Auftakt zum 20-Jährigen im kommenden Jahr. Axel Rogner, Gründer und heute Verwaltungsratsvorsitzender des HEC , begrüßte die 1200 Besucher und natürlich den Michl, der schon zum sechsten Mal Gast des HEC war.
2012 war das Jahr des Schlagers, aber auch das Jahr der alten Väter, und Müller macht ganz locker aus Kreißsaal einen Greissaal. "In Griechenland wurde die Demokratie erfunden - die hätten besser den Rechenschieber erfunden", verkündet er lauthals. Aber 2012 war auch ein Knallerjahr - nicht nur wegen der zwei Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg in München und Viersen. 60 Jahre Tagesschau und zehn Jahre Euro machten das vergangene Jahr auch zum Jubeljahr.
Zwischendurch singt der musikalische "Dreggsagg" seine selbst geschriebenen Lieder. "Ich hab das Lied eigentlich für Jürgen Drews geschrieben, es wurde aber dann nicht genommen. Also sing ich es für euch. Da müsst ihr jetzt durch", warnt er den Saal. An Wulff lässt er kein gutes Haar: "Was der alles mitgenommen hat: Ehrensold, großen Zapfenstreich. Und sicher steckt der auch hinter den großen Katastrophen. Die haben ja hervorragend von ihm abgelenkt", gibt er zu bedenken.
Wer den fränkischen Schelm diesmal versäumt hat: Am 4. Januar 2014 kommt der Michl wieder nach Höchstadt. Die Hälfte der Karten ist für diese Vorstellung bereits verkauft.