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Das Sterben der neun Linden in Wachenroth


Autor: Evi Seeger

Wachenroth, Donnerstag, 09. Februar 2017

In Wachenroth wurden neun Lindenbäume gefällt. Die Bäume seien dafür verantwortlich gewesen, dass der Belag des Gehsteiges aufgebrochen ist.
Als die Linden noch "Am Steinacker" standen. Foto: Evi Seeger


"Mein Freund, der Baum, ist tot!" Der Song der verstorbenen Sängerin Alexandra aus den 60ern geht Karola Kühnl in diesen Tagen nicht mehr aus dem Kopf. Die Anwohnerin der Wachenrother Straße "Am Steinacker" ist traurig, wenn sie von ihrem Haus aus auf die gegenüberliegende Straßenseite schaut: Kahl und leer ist es dort, wo zuvor ihrer Meinung nach "die prächtigsten Bäume von ganz Wachenroth" standen.

"Musste das sein?", fragt sie sich. "Die Aktion war in ein paar Minuten vorbei", berichtet sie von der Fällung der neun Linden am Donnerstag. Und sie sagt, dass es ihr "im Herzen weh tut". Sie glaubt auch nicht, dass neue Bäume gepflanzt werden.

Denn dafür müsse das Wurzelwerk der gefällten Bäume entfernt werden. "Und das kostet richtig viel Geld", meint Karola Kühnl. Seit 1996 wohnt sie in der Straße, dem Wohnquartier, in dem Ende der 80er Jahre die Linden als Straßenbegleitgrün gepflanzt wurden. Für etliche Anwohner seien die Bäume überhaupt der Grund gewesen, sich am Steinacker anzusiedeln. "Sie waren ein Stück Lebensqualität", sagt die Wachenrotherin. Ihre Familie habe der Gemeinde schriftliche Vorschläge unterbreitet. "Man hätte dem Kronenwuchs durch einen Schnitt Einhalt gebieten können. Das hätte sich auf das Wachstum der Wurzeln ausgewirkt." Oder man hätte an den Baumscheiben eingreifen können.


Kaputte Gehsteige

"Mir tut es auch leid um die Bäume", erklärt Bürgermeister Friedrich Gleitsmann auf Nachfrage. Allerdings hätten die Linden ziemliche Schäden verursacht. Es gehe um mehr als nur um das Beseitigen des Laubs, das die Linden alljährlich abgeworfen hätten.

Die durch Wurzeln verursachten Aufbrüche auf dem Gehweg seien ein Sicherheitsrisiko, für das die Gemeinde die Verantwortung trage. Ausbesserungen am Belag seien lediglich ein Provisorium gewesen. Deshalb habe sich das Gemeinderatsgremium im September vergangenen Jahres auch einstimmig dazu entschlossen, die Bäume zu fällen und Ersatzpflanzungen vorzunehmen.
Diesem endgültigen Beschluss war eine bereits seit 2013 schwelende Diskussion vorangegangen, in die auch die Kreisfachberater des Landratsamtes eingebunden waren. Denn die Bäume hatten Gehsteige und private Gartenmauern beschädigt.

Letztendlich ist es deshalb auch ein Interessenkonflikt zwischen den Anwohnern nördlich und südlich der Straße. "Die Hälfte der Anwohner war für die Fällung, die andere Hälfte dagegen", weiß Markus Schramm, Geschäftsleiter der Marktgemeinde. Diejenigen, die den Schaden "vor ihrer Haustüre" hatten, hätten für das Entfernen der Linden plädiert.

"Natürlich kommt eine Neupflanzung", versichert Bürgermeister Gleitsmann. "Eine Asphaltwüste wird nicht entstehen." Aber es müssten Bäume sein, die langsam wachsen und nicht in zwanzig Jahren wieder Schäden veranlassen. Nächster Schritt ist laut Gleitsmann das Entfernen der Wurzelstöcke. Möglichst schnell - vielleicht schon im Frühjahr - müsse das Umfeld, also die Gehsteige, Pflanzplätze und Einfriedungen, gerichtet werden.
"Schuldige" gibt es für Gleitsmann in dieser Angelegenheit nicht. Eventuell sei der Untergrund nicht geeignet, so dass sich die Baumwurzeln an der Oberfläche ausgebreitet haben. Bleibt die Frage, weshalb alle neun Bäume auf einen Streich daran glauben mussten. "Weil wir nur so den Gehsteig in einem Stück reparieren können", ist die Antwort.