Druckartikel: "Das ist politische Erpressung"

"Das ist politische Erpressung"


Autor: Hendrik Kowalsky

Höchstadt a. d. Aisch, Dienstag, 05. Mai 2020

Die Enttäuschung ist groß, der Ärger ebenso: Nach dem Wechsel von Regina Enz zur CSU fühlt sich die Stadtratsfraktion der Jungen Liste betrogen. Sie fordert, dass die Stadträtin auf ihr Mandat verzichtet.
Ein Bild aus vergangenen Tagen: Zwischen der Jungen Liste und Bürgermeister Rudolf Brehm (links) sowie der zur CSU gewechselten künftigen Stadträtin Regina Enz ist das Tischtuch zerschnitten. Foto: Archiv/privat


Mit ihrem überraschenden Abschied aus der Jungen Liste hat Regina Enz in Höchstadt ein politisches Erdbeben ausgelöst. Die knappe Mehrheit, die der Jungen Liste um Bürgermeister Gerald Brehm im Stadtrat nach der vergangenen Kommunalwahl blieb, ist dahin. Stattdessen wächst die Fraktion der CSU auf neun Sitze und ist damit die stärkste Kraft im Gremium.

Am Dienstagvormittag erhob die um sieben Personen geschrumpfte Fraktion der JL schwere Vorwürfe gegen Enz und ihre am Vortag getroffenen Aussagen: "Die Fraktion hat keine Information von Frau Enz erfahren. Wir haben aus der Presse erfahren, dass sie zur CSU geht", erklärte Stadtrat Michael Ulbrich. In der konstituierenden Fraktionssitzung am 23. April "drohte Frau Enz, ihr Engagement für die Junge Liste und die Freien Wähler zurückzufahren, wenn sie nicht als zweite Bürgermeisterin vorgeschlagen würde. Das ist politische Erpressung", sagte Ulbrich.

"Größte Enttäuschung"

In einer Presseerklärung (wir berichteten) warf Enz der JL vor, dass die Diskussionskultur in der Fraktion fehlen würde. "Diesen Vorwurf weisen wir entschieden zurück", sagte Bürgermeister Brehm. Auch würden keine Grabenkämpfe innerhalb der Jungen Liste ausgetragen, "seit unserer Gründung hat uns noch kein Mitglied verlassen", erklärte Brehm.

Den Abgang von Regina Enz bezeichnete der Bürgermeister als "menschlich größte Enttäuschung in meinen 40 Jahren in der Politik. Ich wollte jüngere Kräfte an der Spitze der Jungen Liste haben. Das haben wir ermöglicht, indem ältere Mitglieder auf der Wahlliste abstiegen. Und das ist der Dank dafür."

Vom Vorwurf, die JL wolle keine Bürgerbeteiligung auf Stadtebene, distanzierte sich die Fraktion ebenfalls: "Das ist der größte Witz. Wir haben tausende Unterschriften gesammelt, um die Sparkassenfusion zu stoppen. Wir wollen die Bürger an entscheidenden Projekten beteiligen", sagte Brehm.

Für Ärger sorgte der Vorwurf von Enz, ein Stadtratsmitglied habe ihr gesagt, dass niemand in Höchstadt sie sehen wolle. "Das ist definitiv falsch. Sie hat ihren Bekanntheitsgrad überschätzt, diese Formulierung ist so nicht gefallen", stellte Ulbrich klar.

Rücktritt und Parteiausschluss?

Doch die Stadtratsfraktion wollte nicht nur die Vorwürfe richtigstellen - sie forderte Enz auf, ihr Mandat niederzulegen und kündigte ein Parteiausschlussverfahren an: "Regina Enz kam nur über die Listenstimmen der JL in den Stadtrat. Wir fordern sie auf, ihr Mandat niederzulegen. Außerdem werden wir ein Ausschlussverfahren innerhalb der Freien Wähler beantragen. Auch als Vorsitzende der Jungen Freien Wähler in Höchstadt muss sie zurücktreten", befand Ulbrich. Gleichzeitig appellierte der Stadtrat "an die Honorigkeit der CSU, das verfälschte Stimmenergebnis nicht zu akzeptieren.

Auch ohne die Stimmen von Frau Enz haben wir die meisten Stimmen bei der Kommunalwahl erhalten. Eine Abbildung im Stadtrat von dann neun zu sieben Sätzen würde nicht den Wählerwillen widerspiegeln."

Marcus Schmitt ergänzt die JL

Derweil verkündete Bürgermeister Brehm, dass Marcus Schmitt von der Bürgerliste zur Fraktion der JL stößt. "Alleine kann ich keine Fraktion stellen. Es ist ein logischer Schritt, über den ich mich sehr freue", sagte Schmitt. Die Bürgerliste solle erhalten werden, möglicherweise wird dafür ein Verein gegründet.

Zusammen mit den drei Stadträten der SPD und Schmitt fehlt der Jungen Liste zwar die Mehrheit. "Trotzdem wollen wir so zuverlässig weiterarbeiten wie bisher", sagte Brehm. Dafür werde man mit allen Mitgliedern des Stadtrats neutral und themenorientiert zusammenarbeiten. Auch mit dem neu ins Gremium gewählten AfD-Vertreter Christian Beßler, wie Brehm erklärte: "Wir werden keine Absprache mit der AfD oder anderen Parteien treffen. Dennoch behandeln wir jedes Stadtratsmitglied demokratisch und sachorientiert.

Die Gefahr, dass Beßlers Stimme in einer möglichen Pattsituation entscheiden könnte, sieht der Bürgermeister nicht: "Wir werden unsere Anträge so vorstellen, dass wir die nötige Mehrheit bekommen."