CSU scheitert im Stadtrat mit S-Bahn-Idee
Autor: Bernhard Panzer
Herzogenaurach, Freitag, 18. Mai 2018
Der Stadtrat stimmte gegen eine standardisierte Bewertung der Aurachtaltrasse. Mehrere Fakten sprechen klar gegen eine solche Reaktivierung der Schiene.
Die Idee, zur Stadt-Umland-Bahn (StUB) zeitgleich eine S-Bahn auf der ehemaligen Trasse durchs Aurachtal prüfen zu lassen, ist vom Tisch. Der Stadtrat lehnte am Donnerstagabend nach mehr als dreistündiger Debatte einen Antrag der CSU mit 17 zu 13 Stimmen ab. Zuvor hatten die beiden Geschäftsführer des StUB-Zweckverbandes klare Fakten bekannt gegeben: Eine Reaktivierung der Schiene hätte keinerlei Aussicht auf Erfolg.
Zumindest nicht als Eisenbahn. Unter den maßgeblichen Gründen hierfür wurde auch die Aussage der Deutschen Bahn genannt, ihr Schienennetz hierfür nicht zur Verfügung zu stellen. Die CSU hatte beantragt, dass man eine mögliche S-Bahn einer so genannten standardisierten Bewertung unterziehen möge. Denn erst durch eine derart ausführliche Betrachtung könne man eine Aussage treffen, hieß es. Damit wollte die CSU auch Legendenbildungen in der Öffentlichkeit entgegentreten. Der Ruf nach einer S-Bahn sei immer wieder zu hören.
Die CSU bezog sich dabei auch auf einen anonym erstellten und verbreiteten Foliensatz, nach dem eine S-Bahn machbar wäre. Daniel Große-Verspohl und Florian Gräf gingen ausführlich darauf ein räumten mit den "Halbwahrheiten" auf. Wesentliche Erkenntnisse des Fazits: Die im Papier behaupteten Vorteile einer S-Bahn gibt es nicht, die Fahrgastprognose ist nicht stichhaltig, die Einbindung in die Hauptstrecke Nürnberg-Bamberg nicht gelöst und hätten laut Vorschlag negative Konsequenzen für den Hauptverkehr.
Allein die in dem Papier vorgeschlagene Einbindung wirkte schwindelerregend. Tatsächlich müsste eine S-Bahn aus Herzogenaurach in Erlangen über ein paar hundert Meter entgegen der Fahrtrichtung auf das vorhandene Regionalexpress-Gleis einfädeln, um dann erst zu wechseln. SPD-Stadträtin Elke Bauer reagierte hier ungehalten: "Ich setz mich doch nicht in einen Zug, der als Geisterfahrer unterwegs ist", sagte sie in einer Sitzungspause.
Die StUB-Geschäftsleiter verdeutlichten auch, dass für das Staatsministerium eine Reaktivierung der Bahntrasse nicht in Frage käme. KO-Kriterium sei, dass die betriebliche Machbarkeit des vorliegenden Konzepts schlicht nicht gegeben sei. Ablehnend sei außerdem die Einschätzung der Deutschen Bahn und der Bayerischen Eisenbahngesellschaft. Große-Verspohl: "Die Aurachtalbahn hätte keine Chance, in dieser Form die standardisierte Bewertung zu schaffen."
Konrad Körner (CSU) akzeptierte die Argumente, hielt den Antrag aber aufrecht. Es sei die Aufgabe der Geschäftsleiter gewesen, diesen Foliensatz zu zerpflücken. Das sei auch gelungen. Nichtsdestotrotz könne eine standardisierte Bewertung auch ein anderes Ergebnis bringen, meinte er. Man sollte für den Fall, dass die StUB scheitert, einen Plan B in der Schublade haben.
Kannibalisierung
Klare Worte der Ablehnung fand Bürgermeister German Hacker (SPD). "Beides geht nicht", sagte er. Eine Bahnverbindung im Aurachtal und die StUB "kannibalisieren sich". Auch Hacker sprach die technische Unmöglichkeit einer Anbindung an, erforderlich würde ein aufwändiges Bauwerk mit Kosten in hoher zweistelliger Millionenhöhe. Aber darüber müsse man gar nicht reden, denn die DB Regio Bayern lehne eine Reaktivierung ohnehin ab und vom Freistaat gäbe es auch keine Förderung. Eine Wiederherstellung der Trasse müsste also die Stadt zahlen, bekräftigte StUB-Geschäftsleiter Große-Verspohl.Bürgermeister Hacker nannte weitere Kriterien. So habe sich Siemens nochmal aktuell geäußert und "sieht die StUB als die geeignetste aller Varianten". Und von einem Gespräch in München (der FT berichtete) habe er die Erkenntnis mit nach Hause genommen, dass es für die Stadt-Umland-Bahn einen Rückenwind vom Freistaat gebe "wie noch nie. Alles spielt klar in eine Richtung."
Trotz aller aufgeführten Fakten blieb die CSU letztlich stur. Seit 2009 hege man den Wunsch, die Schiene zu reaktivieren. Gegen eine StUB sei man deshalb keineswegs, wie Körner erklärte. "Die tragen wir seit 2011 mit." Aber: Durch die verlangte Prüfung würde man sich in der Öffentlichkeit keine Blöße geben.
Eine Prüfung gibt es selbstverständlich jetzt trotzdem auch. Das geschieht im Raumordnungsverfahren zur StUB. Der Zweckverband werde weiterhin mindestens eine Aurachtalbahn-Variante prüfen, sicherte Große-Verspohl zu. Dies geschehe allerdings lediglich als Straßenbahn oder als Tram Train, also einem Mischsystem. Die Prüfung erfolge außerdem "unter dem ausdrücklichen Verweis auf die bekannten strukturellen Nachteile gegenüber dem L-Netz der StUB", wurde ergänzt. Die in dem anonymen Papier geforderte S-Bahn hingegen sei vom Tisch, da technisch nicht machbar. Außerdem wäre mit einer klassischen S-Bahn das StUB-Ziel verfehlt, ergänzte Florian Gräf.
In der Diskussion fasste Kurt Zollhöfer für sich zusammen, dass auf dieser Trasse also "nie und nimmer ein Zug fahren" werde. Dann müsse man die Trasse auch nicht freihalten. Dem widersprach Hacker: Man sollte eine solche Trasse nicht aufgeben und trotzdem langfristig freihalten. Vielleicht verlaufe dort in den nächsten Jahrzehnten ja ein Radschnellweg. Und in 20 Jahren könnte es ja auch wieder andere Kriterien für eine Bahnförderung geben.
Dem SPD-Rat Jochen Heinzel wollte zwischendurch der Kragen platzen, wegen des ausgiebig untersuchten anonymen Foliensatzes: "Der macht uns eine Arsch-Arbeit und nennt seinen Namen nicht. Das nervt!"
Letztlich hielten die zehn CSU-Räte ihren Antrag aufrecht und wurden unterstützt durch die beiden Freien Wähler und Peter Maier von den Grünen. Die Mehrheit aus geschlossener SPD-Fraktion und drei weiteren Grünen lehnte ab.