Camping-Bahnhof: Ein Ende ohne Happy End
Autor: Michael Busch
Herzogenaurach, Freitag, 20. Dezember 2019
Der Camping-Bahnhof verabschiedet sich nach 34 Jahren. Herzogenaurach verliert einen Laden, der in Bayern, und darüber hinaus, einzigartig war. Am Samstag ist der letzte Verkaufstag.
34 Jahre ist es her, dass Brigitte und Dietmar Marscholik den alten Herzogenauracher Bahnhof betraten und eine Geschäftsidee umsetzten. 34 Jahre bot das Nürnberger Ehepaar Campern und Individualreisenden ein Mekka der Camping- und Outdoor-Artikel an. "Das gab es so in Bayern nur einmal", erklären die beiden mit wehmütigen Blick auf den Rest der Auslagen von ehemals mehreren Tausend Artikeln.
Denn mit dem vierten Adventswochenende ist Schluss; die letzten Stunden des Ladens sind eingeläutet. Der Betreiber hat den beiden gekündigt, das Areal wird für die Entwicklung der Stadt-Umland-Bahn und der Firma Schaeffler gebraucht. Sagen zumindest die Verantwortlichen von Schaeffler. "Wir hatten immer die Hoffnung, dass es noch weiter geht", erklärt Brigitte Marscholik. "Wir hätten gerne noch weitergemacht."
Draußen zeigt ein Schild an, dass es nunmehr ein Tag ist, an dem der Verkauf an dieser Stelle noch stattfindet. Und dann? "Wir versuchen, die Artikel noch im Internet zu verkaufen", sagt der 63-jährige Betreiber. "Wir wechseln zwischen Resignation, Wut, Optimismus und Verzweiflung", erklärt dessen Gattin. Denn man habe den Laden von Anfang an mit Herzblut geführt. "Wir waren eben anders", sagen beide. Kein Großhändler, individuelle Beratung, eine Kombination zwischen Dienstleistung und Produktverkauf, die so wohl einmalig war.
Kundengespräche
Die Kunden, die weit über die Grenzen der Region nach Herzogenaurach kamen, schätzten genau dieses. Ersatzteil für den Wanderrucksack? Kein Problem. Die richtige Gasflasche für den Urlaubstrip in ferne Gefilde? Kein Problem. Die Drucküberprüfung oder Befüllung der Flaschen? Erst recht kein Problem. Dazu kam, dass die Besucher sich untereinander halfen. "Wir hatten hier ein Paar, das wollte nach Afrika mit Campingausrüstung. Zeitgleich war ein Paar da, das genau von dort kam - und schon waren alle im Gespräch und es wurde sich ausgetauscht."
Ereignisse, die in Zukunft fehlen werden. Bei aller Gefasstheit, die Augen von Brigitte werden bei den Erinnerungen schon ein wenig feucht. "Es war unser Leben", erklärt sie. Auf gut 250 Quadratmeter stehen immer noch Unmengen an Angeboten. 30 Prozent Nachlass auf viele Artikel, manche Ecken sind leergeräumt. "Hier hat eine Hütte gestanden", sagt Dietmar Marscholik. Ein leerer Fleck und die Abdrücke der Wände lassen erahnen, was dort in der Halle als Dekoration gestanden hat. Auch das Inventar wird verkauft. "Da stehen Verkaufsständer, die hat mein Vater gedrechselt", sagt Marscholik. Die werden ebenso zum Verkauf angeboten wie Schaufensterpuppenköpfe, Regale oder Haken. Kleine Plastikbehälter sind der Renner. "Wir hatten von den Gelben weit über einhundert, die gehen gut weg."
Unverständnis gegenüber der Entscheidung bleibt trotzdem. Vor allem, weil es schwierig ist, ein anderes Areal zu finden. Der Bürgermeister German Hacker wollte bei er Suche helfen, positive Ergebnisse gab es nicht. Nun werde erst einmal aufgeräumt und dann aufgeatmet. Dietmar Marscholik gibt zu: "Ich habe sicher noch Ideen, aber jetzt machen wir erst einmal Pause."
Gruß und Danke
Schade finden sie, dass die Schaeffler-Führungsetage auf so manche Anfrage nicht einmal reagiert habe, bis auf die letztliche Bestätigung, dass im Dezember 2019 eben Schluss sei.