Börsengang verschoben: Was das jetzt für Schaeffler bedeutet
Autor: Redaktion
Herzogenaurach, Montag, 05. Oktober 2015
Eigentlich war der Börsenstart schon für Montag geplant. Den hat der Autozulieferer Schaeffler wegen der VW-Affäre erst mal auf Freitag verlegt. Der Weg an die Aktienmärkte war weit für das Familienunternehmen aus Franken.
Schaeffler schaltet beim für diese Woche angekündigten Börsengang zurück. Der Automobil- und Industriezulieferer wird am Freitag die angekündigten 66 Millionen Aktien der AG platzieren, aus der Familien-Holding statt geplanter 100 aber nur neun Millionen Aktien aufs Parkett bringen. Grund ist das nach dem VW-Abgasskandal verunsicherte Börsenumfeld. Bei Schaeffler rechnet man mit knapp einer Milliarde Euro Einnahmen, die zur Reduzierung des immensen Schuldenberges verwendet werden sollen.
Über den Börsengang war schon länger spekuliert worden. Spätestens als der Familienver traute Klaus Rosenfeld das Ruder übernahm und der eigentlich schon vor dem Chefsessel stehende Klaus Deller (Knorr Bremse AG) im vorigen Jahr mit einer Millionenentschädigung hinauskomplimentiert wurde, war der Weg vorgezeichnet. Rosenfeld hatte das Unternehmen neu aufgestellt.
Dass die Krise überwunden werden konnte, lag einerseits am sehr gut laufenden Geschäft, andererseits aber vor allem am Geschick Rosenfelds. Der heute 48-Jährige war 2009 von der Dresdner Bank gekommen. Dem Finanzchef gelang es, das Vertrauen der Banken zurückzugewinnen und durch Umschuldung die Zinslasten zu senken. Hinzu kam, dass durch den Verkauf wieder erstarkter Conti-Aktien Schulden getilgt werden konnten.
Heute stehen die AG noch mit 6,2 Milliarden und die Familien-Holding mit 3,6 Milliarden Euro in der Kreide. Geplant ist es, aus dem laufenden Geschäft in den nächsten Jahren jeweils eine Million Euro zu tilgen. Aus dem Börsengang war mit 2,5 Milliarden gerechnet worden. Schaeffler und die Börse ist eigentlich kein neues Thema. 2001 gab es die "Operation Mozart", benannt nach dem Lieblingskomponisten von Maria-Elisabeth Schaeffler-Thumann. Schon im Sommer hatte der Chef von FAG Kugelfischer, Uwe Loos, aus Finanzkreisen Hinweise bekommen, dass die INA Vermögensverwaltungs mbH im großen Stil FAG-Aktien erwerbe. Jürgen M. Geißinger, der starke Mann bei INA, dementierte, rief dann aber völlig überraschend am 7. September an und bat zu einem Gespräch nach Frankfurt. Dort unterbreiteten Elisabeth Maria Schaeffler und ihr Sohn Georg ein Übernahmeangebot, das dankend angelehnt wurde.
Damit war das Thema nicht erledigt. Obwohl FAG 2000 die erfolgreichste Bilanz seit Bestehen des Unternehmens vorlegen konnte, war das Unternehmen kurz darauf abgerutscht, der Aktienkurs von über 17 auf rund 7 Euro gefallen. Da war das Schaeffler-Angebot von elf Euro für viele Aktionäre verlockend.
Loss nannte es zu gering und begann eine Abwehrschlacht, die über 20 Millionen Euro kosten sollte. Gesucht wurde ein "Weißer Ritter", ein Investor, der bei FAG einsteigen, aber sonst möglichst alles beim Alten belassen sollte. Gespräche gab es unter anderem mit dem japanischen Konkurrenten NTN, sie blieben letztlich erfolglos. Im Juni 2002 besaß die INA Vermögensverwaltung mbH 89,57 Prozent der FAG-Aktien. Lediglich der frühere Geschäftsführende Gesellschafter Fritz Schäfer meldete noch einen Besitz von mehr als fünf Prozent. Im Juni 2002 schied er aus dem Aufsichtsrat aus. INA erhöhte das Angebot auf zwölf Euro und wurde Alleineigentümer, der die Aktien 2003 von der Börse nahm. Das Kapitel FAG und Börse war 1983 aufgeschlagen worden. Starke konjunkturelle Schwankungen waren mit die Ursache, dass das Familienunternehmen in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien umgewandelt wurde. Die KGaA ging zwei Jahre später an die Börse. Der Kurs der Aktien stieg auf über 270 D-Mark an. Doch es sollten schwere Jahre kommen. FAG setzte auf Expansion, erwarb mehrere ausländische Unternehmen und übernahm 1990 die komplette ostdeutsche Wälzlagerindustrie, die im Unternehmen DKFL zusammengefasst war.
Doch dann brach die Konjunktur ein und der Osten auseinander. Das Osteuropa-Geschäft war weg, die DKFL wurde zum "420-Millionen-Grab". FAG hatte über 2,1 Milliarden Schulden und war praktisch pleite. Fritz Schäfer nannte FAG "ein einsturzgefährdetes Haus".
Dem als harter Sanierer bekannten Manager Kajo Neukirchen gelang die Rettung - auf Kosten von 13 000 Arbeitsplätzen, 2700 davon in Schweinfurt. Dazu wurden große Unternehmensteile verkauft und das Unternehmen völlig neu geordnet.
Wenn am Freitag 75 Millionen Aktien zu einem Preis von 12 bis 14 Euro platziert sind, ist der Schaeffler-Börsengang nicht abgeschlossen. Der Vorstand habe mit einer höheren Spanne gerechnet, hieß es aus dem Unternehmen. Die Gesellschafter behalten es sich vor, weitere 24,2 Millionen Aktien zu platzieren. Die verbleibenden Vorzugsaktien aus dem Bestand der Schaeffler Verwaltungs GmbH könnten bei einem günstigeren Marktumfeld später platziert werden.