Betrug: Stadt Höchstadt zeigt Rathaus-Mitarbeiter an
Autor: Christian Bauriedel
Höchstadt a. d. Aisch, Montag, 26. Januar 2015
Ein Mitarbeiter im Rathaus Höchstadt soll über Jahre auf Kosten der Stadt Produkte im Internet gekauft haben. Der Betrag könnte bis in den sechsstelligen Bereich gehen.
Im Rathaus Höchstadt herrscht Schockzustand. Ein Mitarbeiter der Verwaltung steht im Verdacht, über Jahre hinweg Geld aus der Stadtkasse abgezweigt zu haben. Damit ging Bürgermeister Gerald Brehm (JL) am Montagmittag an die Öffentlichkeit. Um Verdunklungsgefahr auszuschließen, habe er die Ermittlungsarbeit der Kriminalpolizei abwarten wollen.
Dem Sachbearbeiter im Rathaus, bei dem es sich um einen Angestellten des öffentlichen Diensts handelt, wird vorgeworfen, jahrelang auf Kosten der Stadt im Internet Produkte bestellt und abgerechnet zu haben. Laut Staatsanwaltschaft besteht der Verdacht, dass er die Ware dann weiter verkauft hat. "Wir ermitteln seit Anfang des Jahres wegen des Verdachts auf gewerbsmäßigen Betrug", sagt Oberstaatsanwältin Antje Gabriels-Gorsolke. Letzte Woche hat die Polizei Computer und Akten vom Arbeitsplatz des Mitarbeiters sichergestellt. Am Montagvormittag sind die Privaträume durchsucht worden, um Beweise zu sichern.
Im Rathaus ist man mit Hochdruck damit beschäftigt, zurückzuverfolgen, wie lange schon öffentliches Geld in private Zwecke geflossen ist. "Zum jetzigen Zeitpunkt können wir einen Betrag in mehrfacher fünfstelliger Höhe nachweisen", sagt Brehm, den der Vertrauensbruch seines Angestellten sichtlich mitgenommen hat.
Im Moment stehe ein gesamter Schaden im Bereich zwischen 30.000 Euro und 40.000 Euro im Raum. Die einzelnen Beträge seien gut getarnt immer gerade so niedrig gewesen, dass sie im Tagesgeschäft nicht auffallen. Eine genauere Summe könne der Bürgermeister zur Zeit noch nicht nennen, da die Überprüfung der Bücher noch Wochen in Anspruch nehmen werde, sagt Brehm. Es sei nicht auszuschließen, dass es sich letztendlich um einen Betrag bis in den sechsstelligen Bereich, also über 100.000 Euro handeln könnte.
Hausverbot ausgesprochen
"Es ist für alle ein Schock. Das hätte unter den Kollegen niemand gedacht", sagt Brehm. Verraten habe sich der langjährige Mitarbeiter durch einen "Fehler" in seiner Jahre währenden Masche. "Ihm ist wohl ein Lapsus unterlaufen, der sein Kartenhaus zusammenstürzen hat lassen", sagt Brehm. Im November sei es zu einer Rückbuchung eines schon bezahlten Artikels gekommen. Der Beschuldigte habe für den Betrag von etwa 2000 Euro eine private Kontonummer angegeben.
Einem Kollegen sei diese Unregelmäßigkeit aufgefallen, woraufhin der Mann zu einem Gespräch gebeten wurde. Zunächst in sachlicher Form, ohne Unterstellungen, sagt Brehm, der selbst zwölf Jahre in der Bankprüfung gearbeitet hat. "Es hätte sich ja bei der klärungsbedürftigen Buchung auch um ein Missverständnis handeln können", sagt der Bürgermeister. Nachdem er eine Kontrolle länger zurück liegender Vorgänge angekündigt hat, habe sich der Mitarbeiter krank gemeldet.
Bei einer Überprüfung sei dann zweifelsfrei festgestellt worden, dass es sich nicht um eine unabsichtliche Fehlbuchung gehandelt hat. "Leider hat sich das schlechte Gefühl, das wir bei der Sache hatten, bestätigt", sagt Brehm. Daraufhin habe er sofort die Kripo benachrichtigt und dem Mitarbeiter Hausverbot ausgesprochen.
Der Mann ist Mitte 30, hat Familie und wohnt im Landkreis, stammt allerdings nicht aus Höchstadt. Seine Frau sei aus allen Wolken gefallen, als sie davon erfuhr, sagt Brehm. Der Verwaltungsangestellte gehöre nicht der Leitungsebene an und arbeite schon über zehn Jahre im Rathaus. Dementsprechend aufwändig werde nun die Prüfung, in welchen Fällen in der Vergangenheit Betrug vorlag, sagt Brehm. Die Kosten der internen Ermittlungen könnten sogar den angerichteten Schaden übersteigen.
Das Vertrauen ist beschädigt
"Wir haben keine Hinweise darauf, dass er es aus einer Notlage heraus getan hat", sagt Brehm. Es handle sich um pure Bereicherung auf Kosten der Öffentlichkeit. Was Brehm neben der zeit- und kostenintensiven Rechnungsprüfung ärgert, ist, dass nun das Vertrauen innerhalb der Behörde angekratzt ist. Aber er sei froh, dass der jahrelange Betrug enttarnt wurde: "Die Kontrollfunktion intern hat funktioniert." Ein Klima des Misstrauens sei in der Verwaltung jetzt nicht angebracht, sagt Brehm.
Der Mitarbeiter ist zur Zeit noch nicht entlassen. Die "arbeitsrechtlichen Konsequenzen", seien aber "selbstverständlich absehbar", so der Bürgermeister. Sollte sich der Verdacht nun in den polizeilichen Ermittlungen erhärten, dass es sich um jahrelangen Betrug handelte, muss der Beschuldigte mit harten Konsequenzen rechnen: "Das Strafmaß liegt bei Haftstrafen von sechs Monaten bis 15 Jahren", sagt Oberstaatsanwältin Antje Gabriels-Gorsolke. Wenn das Sichten der Buchführung abgeschlossen ist, liegt das im Ermessen des Gerichts. Da keine Verdunklungs- und Fluchtgefahr bestehe, bleibe der Beschuldigte auf freiem Fuß.